Rente bei Berufs­unfähigkeit

Fair reguliert, Streit verloren, Streit gewonnen

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Muss wegen Krankheit oder nach einem Unfall eine Berufs­unfähigkeits­rente beantragt werden, brauchen Betroffene oft einen längeren Atem, um zu ihrer Leistung zu kommen. Nicht immer gelingt das, und oft enden Regulierungen mit einem Vergleich. Drei Beispiele (sie wurden vor einigen Jahren entschieden) zeigen, wie es ablaufen kann.

Fall 1, Höhenretter – fair reguliert

Rente bei Berufs­unfähigkeit - Schwieriger Weg zur Berufs­unfähigkeits­rente

© Stefan Korte

Herr Marx, Sie können in Ihrem früheren Beruf als Höhenretter nicht mehr arbeiten. Sie bekommen monatlich 1 089 Euro Berufs­unfähigkeits­rente. Wie kam es dazu?

Ich habe als Höhenretter bei einer Kletter-Spezial­einheit auf Groß­baustellen gearbeitet, zuletzt beim Bau eines Kohle­kraft­werks in den Nieder­landen. Bei einem Unfall auf einer betrieblichen Weihnachts­feier ist mein Kreuzband im rechten Knie gerissen. Solch eine Verletzung schwächt die Stabilität des Knies. Während viele damit mehr oder weniger normal weiterleben können, führte der Unfall bei mir zur Berufs­unfähigkeit. In meinem Beruf ist Gesundheit und Fitness ein Muss. Da mein Knie nicht mehr belast­bar ist, wäre ich ein Risiko auf der Baustelle gewesen.

Um eine 90 Kilogramm schwere Person aus 100 Meter Höhe zu bergen, trans­portiere ich zum Beispiel mit einem Partner Bergungs­material zur Unglücks­stelle. Die Ausrüstung entspricht quasi der eines Rettungs­wagens: Bahre, Sauer­stoff­gerät, Notfall­koffer, Flaschen­zug etc. Einen Verunglückten muss ich im Notfall versorgen und absolut sicher trans­portieren können. Das geht leider nicht mehr.

Wie verlief die Regulierung?

Die Regulierung verlief korrekt und fair. Ich hatte nach meiner Ausbildung zum Rettungs­assistenten eine Berufs­unfähigkeits­rente beim Versicherer Huk-Coburg Lebens­versicherung AG von rund 1 000 Euro monatlich abge­sichert. In der Police steht der Beruf „Rettungs­assistent“. Doch darauf kam es bei der Prüfung nicht an. Es ging darum, ob ich meinen aktuellen Beruf zu mehr als 50 Prozent nicht mehr ausüben kann. Das konnte ich durch ärzt­liche Gutachten und eine Tätig­keits­beschreibung nach­weisen. Die Rente ist unbe­fristet anerkannt. Im September gibt es allerdings eine Nach­prüfung (siehe unten „Streit­punkt: Nach­prüfung“).

Was machen Sie jetzt beruflich?

Ich studiere Medizin. Die Rente ermöglicht mir eine Neuorientierung. Außerdem bekomme ich noch rund 400 Euro monatlich aus der gesetzlichen Unfall­versicherung: Mein Unfall war auch ein Arbeits­unfall.

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rs2507 am 31.05.2017 um 16:45 Uhr
@andyonline: Wenn man früh genug anfängt ...

Geld zu sparen und/oder anzulegen ist es überhaupt nicht unrealistisch, was Sie vorschlagen. Kurz meine eigenen Erfahrungen zu diesem Thema: Ich hatte früher bei einem bekannten Versicherer für zehn oder zwölf Jahre einen BU-Versicherungsvertrag zu damals noch sehr günstigen Konditionen abgeschlossen. Nach Beendigung dieses Vertrages habe ich darüber nachgedacht, quasi im Anschluß, eine weitere BUV abzuschließen. Die Angebote, die ich daraufhin, auch von anderen Versicherern, erhielt, waren aus meiner Sicht völlig inakzeptabel. Inzwischen bin ich halbwegs gesund im Ruhestandsalter angelangt und müsste mich _eigentlich_ bei eben diesen Versicherern dafür bedanken, dass ich das ersparte Geld anderweitig verwenden konnte, nämlich (u.a.) für eine preisgünstige Unfallversicherung und eine preisgünstige Risikolebensversicherung. Das Glück ohne wesentliche Beeinträchtigungen den Ruhestand zu erreichen, hat selbstverständlich nicht Jeder, das muss man der Gerechtigkeit halber schon zugeben.

andyonline am 30.05.2017 um 20:01 Uhr
Man sollte lieber selber vorsorgen...

Ich würde das alles ganz pragmatisch sehen: Bevor man sich bei Eintritt des Versicherungsfalles durch diverse Instanzen klagen muss, aufgrund der bekannten Zahlungsmoral diverser Versicherer, spare ich mir rechtzeitig den Betrag X für den Fall der Berufsunfähigkeit selbst an. So muss ich mir nicht beim Vorliegen aller Vorrausetzungen, noch in absurder Weise vor Gericht meinen Versicherungsschutz einklagen. Diese Vorgehensweise hat 2 Vorteile: 1.) Der Versicherer schont seine Kundengelder für die Abwehr von berechtigten Forderungen zum Wohle der Versicherungsgemeinschaft. 2. Der Verbraucher muss nicht nervenaufreibend vor Gericht seinen Anspruch nachweisen. Somit sind beide Seiten zufrieden: Der Versicherer verliert kein Geld, weil er nichts einnimmt! Der Normalverbraucher gibt keine Versicherungsbeiträge aus und kann das Geld auf die hohe Kante legen. Zudem gibt es kein Konfliktpotential mehr und beide sind zufrieden...Absurd, aber wahr...

RemusRomulus am 29.05.2017 um 14:43 Uhr
Die Prüfung

Ich würde sogar noch weiter gehen. Ich würde die Gesundheitsfragen beantworten und dann der Versicherung die Möglichkeit geben die Informationen die gefragt sind direkt von der Krankenkasse verifizieren zu lassen. Dann gibt es hinterher kein "das haben sie so aber nicht genau angegeben, wir zahlen nicht". Das wäre das optimum. Dann würde ich auch abschließen. Aber so bin ich dem GoodWill der Versicherungen ausgefliefert.

rs2507 am 29.05.2017 um 14:37 Uhr
Informative Praxisfälle, gute Hinweise

Zitat: "Idealer­weise besteht schon eine Rechts­schutz­versicherung, bevor jemand eine Berufs­unfähigkeits­police abschließt. Es kann sonst sein, dass bei einem Streit über eine „vorvertragliche Anzeige­pflicht­verletzung“ (Wer berät zur Berufsunfähigkeitsrente?) der Rechts­schutz­versicherer – je nach Bedingungen – nicht einspringt."
Bleibt zu hoffen, dass "der nette Rechtsschutzversicherer des Vertrauens" im Fall des Falles keinen Rückzieher macht, sonst wäre der Versicherte sogar der doppelt Geprellte :-7
BU-Versicherungen sind fast immer relativ teuer, sofern sie ausreichende Versicherungssummen haben sollen, darüber sollte man unbedingt _vor_ deren Abschluß nachdenken. Scheinbar gibt es häufiger Fälle, in denen Versicherer versuchen, sich der Leistungspflicht zu entziehen. Sehr wichtig der Hinweis, dass Antragsvordrucke unbedingt sorgfältig und wahrheitsgemäß ausgefüllt werden müssen, um einem Versicherer keinen Anlaß zu geben, womöglich Jahre später die Leistung zu verweigern.

RemusRomulus am 29.05.2017 um 14:02 Uhr
Es sollte staatlich sein

Dieser ganze Mist mit den privaten Versicherungen für solch existenziell wichtige Dinge darf nicht in der Privatwirtschaft liegen. Da hat die Lobby wieder ganze Arbeit geleistet. Lieber die Rentenbeiträge erhöhen und damit dieses Risiko wieder mit abfedern.