
Dr. Hans-Uwe Hohner, Privatdozent an der FU Berlin im Bereich Arbeits-, Berufs- und Organisationspsychologie.
Haben sich die Probleme in der Berufsfindung und Karriereplanung in den letzten 20 Jahren verändert?
Ja, auf jeden Fall. Früher garantierte das in Ausbildung oder Studium gelernte Wissen ein lebenlanges Einkommen, oft sogar auch eine vorhersehbare Laufbahn. Durch den technischen Fortschritt, die Globalisierung, das Internet verändern sich Arbeitsmärkte und Anforderungen rapide, der dauerhafte Arbeitsplatz geht verloren. Um den ständig neuen Anforderungen gerecht zu werden, muss man heute lebenslang lernen, sich immer wieder neu orientieren. Das ist anstrengend, bietet aber auch mehr Auswahl als früher, etwa im Ausland zu arbeiten.
In den getesteten Kursen ging es auch um Work-Life-Balance. Warum ist der Begriff jetzt so modern?
Work-Life-Balance bedeutet die individuell angemessene Balance von Berufs-, Privat- und Familienleben. Früher verbrachten die meisten Menschen ihre Zeit zum einen bei der Arbeit, zum anderen ihre Freizeit mit der Familie zu Hause. Diese Trennung ist heute oft nicht mehr gegeben, etwa wenn jemand angestellt und gleichzeitig selbstständig ist. Auch Telearbeit sowie das ständige Verfügbarsein durch Handys, Laptops und Blackberrys führen dazu, dass die Grenzen zwischen Job und Privatleben immer mehr verschwimmen. Es besteht die Gefahr einer Selbstausbeutung, bei der Privatsphäre und Gesundheit dem Beruf gänzlich untergeordnet werden.
Vor allem Frauen nehmen an einem Berufsfindungskurs teil. Wie erklären Sie sich das?
Berufs- und Karriereplanung ist für Frauen mit Kindern auch heute noch viel schwieriger als für Männer. Aufgrund der sehr anstrengenden Doppelbelastung müssen Frauen immer wieder klären, welchen Stellenwert die Arbeit hat. Außerdem tun sich viele Männer schwer damit, zuzugeben, dass sie Probleme haben – bevor sie ein Magengeschwür bekommen.
Zu welchem Zeitpunkt ist ein solches Kurzseminar sinnvoll?
Mit der beruflichen Zufriedenheit ist es genauso wie mit der Gesundheit: Nicht erst, wenn es zwickt, sollte man was unternehmen! Wer also etwa daran zweifelt, ob der momentane Job der richtige ist oder nicht doch die Selbstständigkeit eine bessere Alternative wäre, kann das in so einem Seminar gut überprüfen. Auf keinen Fall sollte man warten, bis der Leidensdruck sehr groß wird. Wer alle paar Jahre im systematischen Gespräch mit Freunden und Experten seine Berufsstrategie überprüft, beugt der Sinnkrise mit 50 Jahren auf jeden Fall vor.
Was kann so ein Seminar leisten?
Ein gutes Seminar regt mit gezielten praktischen Übungen dazu an, sich mit der aktuellen Situation, aber auch kurz- und längerfristigen Wünschen und Zielen auseinanderzusetzen. Wer sein Ziel klar formulieren kann, kann auch eher dementsprechend handeln. Besonders wichtig ist der Gruppeneffekt – das ist auch der Unterschied zu einem Buch: Man bekommt eine Rückmeldung von wildfremden, aber ähnlich betroffenen Menschen. Das kann die eigene Perspektive verändern und im besten Fall in mehr Aktivität münden.
Wo liegen die Grenzen eines Kurses?
In einem zwei- oder dreitägigen Seminar kann jemand sicher nicht berufliche Probleme lösen, deren Ursachen in der eigenen Persönlichkeit liegen. Hat jemand zum Beispiel aufgrund seiner in der Familie begründeten überhöhten Leistungsansprüche ständig Konflikte mit Kollegen, wird er dies in einem Kurs bestenfalls erkennen, aber nicht ändern können. Da kann nur ein Einzelcoaching oder eine psychologische Beratung helfen.
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