
Berliner Testament. Der Wunsch, den anderen abzusichern, steht bei vielen Eheleuten im Vordergrund. © Martin Burgdorff
Mit dem Berliner Testament können sich Verheiratete gegenseitig zu Alleinerben machen. In Sachen Steuern heißt es aufpassen. Die Stiftung Warentest gibt Tipps.
Zuerst erbt der Ehepartner, später die Kinder
Für den Fall ihres Todes wollen viele Ehepartner den jeweils anderen finanziell absichern. Dazu sollen zum Beispiel das Geldvermögen, das gemeinsam bewohnte Haus und das Auto allein an die Ehefrau oder den Ehemann gehen. Die Kinder kommen erst an die Reihe, wenn beide Elternteile gestorben sind. Das sogenannte Berliner Testament kann das bieten. Ehe- oder eingetragene Lebenspartner setzen sich darin gegenseitig als Alleinerben ein. Gemeinsame Kinder oder andere Erben erhalten das Familienvermögen erst, wenn beide verstorben sind. Gibt es keine letztwillige Verfügung, gilt die gesetzliche Erbfolge und der Ehepartner bekommt das Vermögen nur selten allein.
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Allein oder mit Expertenrat
Um ein Berliner Testament zu verfassen, genügt im Grunde genommen die Einigung der Eheleute, ein Bogen Papier und ein Stift. Der Gang zum Fachanwalt für Erbrecht oder Notar gehört nicht zwingend dazu, ist aber eine Überlegung wert und bei den meisten Paaren sogar dringend angeraten.
Testament, Erbe, Trauerfall: So hilft die Stiftung Warentest
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Grundregeln fürs Berliner Testament
Ohne Notar. Das Berliner Testament ist ein gemeinschaftliches Testament, das Ehepaare und eingetragene Lebenspartner errichten können. Es muss nicht vom Notar beurkundet werden. Es regelt in einem Dokument zwei Erbfälle auf einmal: die Erbfolge nach dem Tod desjenigen, der zuerst verstirbt, und die Erbfolge nach dem Tod des länger lebenden Partners.
Beweggründe. Zwei Ziele lassen sich verfolgen: Zum einen kann der länger lebende Partner abgesichert werden. Zum anderen wird das Familienvermögen erst einmal zusammengehalten und nicht auf eine mehrköpfige Erbengemeinschaft verteilt, etwa den Ehemann und die gemeinsamen Kinder. Je nachdem, welches Ziel im Vordergrund steht, ergeben sich verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten.
Einheitslösung. Der klassische Fall ist die Einheitslösung, die zum Tragen kommt, wenn es den Ehepartnern in erster Linie darum geht, dass der andere nach dem eigenen Tod finanziell versorgt ist. Die Partner setzen sich im Testament gegenseitig als Alleinerben ein, gemeinsame Kinder oder andere Erben in der Regel als „Schlusserben“.
Für den ersten Todesfall sind die Kinder enterbt, ihnen steht nur der Pflichtteil zu, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ausmacht. Eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel im Testament kann davor schützen, dass die Kinder ihn einfordern. Vorteil der Einheitslösung: Der Längerlebende kann frei über das Vermögen verfügen, ohne auf die Interessen der Kinder Rücksicht nehmen zu müssen.
Trennungslösung. Sie dient vor allem dazu, das Vermögen des Erstversterbenden zugunsten der Kinder zusammenzuhalten. Die Ehepartner setzen sich gegenseitig als „Vorerben“ ein und zum Beispiel ihre Kinder als „Nacherben“. Stirbt ein Partner, geht sein Vermögen auf den anderen über. Der kann aber nicht ganz frei darüber verfügen. Diese Testamentsgestaltung bringt für den Längerlebenden Erschwernisse mit sich. Gleichzeitig sind die Kinder aber abgesichert.
Achtung, Steuern! Erbt der Ehepartner allein, kann das erhebliche Auswirkungen auf die Erbschaftsteuer haben. Ihm steht ein Freibetrag von 500 000 Euro zu. Bleibt die Erbschaft in diesem Rahmen, werden keine Steuern fällig. Alles, was darüber hinausgeht, muss versteuert werden. Zwar sind 500 000 Euro eine beträchtliche Summe, umfasst der Nachlass aber beispielsweise Immobilien, kann sie schnell erreicht sein. Mit unserem Erbschaftssteuerrechner können Sie Ihre Steuerlast berechnen. Ist sie zu hoch, können Ehepaare für den ersten Erbfall Vermächtnisse zugunsten ihrer Kinder anordnen, um auch deren Freibeträge zu nutzen. Bei einer solchen Testamentsgestaltung können Fachanwälte für Erbrecht helfen.
Widerruf. Solange beide Partner leben, können sie das Testament widerrufen: einvernehmlich oder – falls nur ein Partner widerrufen möchte – durch notarielle Erklärung gegenüber dem anderen. Sind sich beide einig, können sie das Testament gemeinsam vernichten. Schwieriger sind Widerruf oder Änderung, wenn einer der Partner verstorben ist. Das Testament ist bindend und diese Wirkung wird nur aufgehoben, wenn der länger lebende Partner die Erbschaft ausschlägt oder das Testament anficht. Wenn die Eheleute einen sogenannten Änderungsvorbehalt in ihrem Testament aufnehmen, bleibt der Längerlebende flexibler und darf in einem festgelegten Rahmen von den gemeinsam getroffenen Regeln abweichen.
Scheidung. Lassen sich die Partner scheiden, wird das Berliner Testament in der Regel unwirksam.
Ausland. Nicht alle Staaten erkennen das Berliner Testament an. Bei Erbschaften mit Auslandsbezug ist dieser Punkt dringend zu bedenken.
Wie Ehepaare erben
- Erbteil.
- Gibt es keine letztwillige Verfügung, gilt die gesetzliche Erbfolge. Die Erbquote des Ehe- oder eingetragenen Lebenspartners kann unterschiedlich hoch sein. Sie richtet sich zum einen danach, welche Verwandten neben ihm erben, zum anderen nach dem für die Ehe geltenden Güterstand.
- Miterben.
- Die gesetzlichen Erben werden vom Gesetz in Gruppen eingeteilt: in sogenannte Ordnungen. Neben Verwandten erster Ordnung wie den eigenen Kindern erbt der Ehegatte ein Viertel des Nachlasses. Neben Verwandten zweiter Ordnung wie den Eltern und Geschwistern sowie neben Großeltern erbt der Ehepartner die Hälfte. Abhängig vom für die Ehe geltenden Güterstand kommt zu diesem Erbteil unter Umständen noch etwas hinzu.
- Zugewinngemeinschaft.
- Hat das Paar nichts anderes beim Notar vereinbart, gilt der vom Gesetz vorgesehene Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dann wird der eben beschriebene Erbteil ergänzt. Die Erbquote des länger lebenden Ehepartners erhöht sich um ein Viertel. Das bedeutet: Neben Verwandten erster Ordnung erbt der Längerlebende die Hälfte, neben Verwandten zweiter Ordnung bekommt er drei Viertel.
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- Stirbt ein Mensch, müssen die Erben oft ihre Berechtigung nachweisen. Manchmal ist dafür ein Erbschein zu beantragen. Wann das gilt und was er kostet.
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