Bericht­erstattung über dubiose Anbieter Kanzlei droht Journalisten

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Wer als Journalist vor dubiosen Anbietern warnen möchte, muss Namen nennen. Die Kanzlei Höcker Rechts­anwälte aus Köln will das verbieten. Sie versucht Journalisten einzuschüchtern, indem sie bereits vor einer Veröffent­lichung mit recht­lichen Schritten gegen die Bericht­erstattung droht. Das ist ein Angriff auf die Pressefreiheit.

Kritische Fragen werden mit Warn­schreiben beant­wortet

Firmen beauftragen häufig die Anwalts­kanzlei Höcker aus Köln, wenn Finanztest, Handels­blatt, FAZ oder Süddeutsche Zeitung kritische Fragen stellen. Anstelle der Firma antwortet dann die Kanzlei Höcker. Meist werden gleich Warn­schreiben verschickt, in denen Journalisten mit recht­lichen Konsequenzen gedroht wird, wenn sie etwa den Firmen­namen der Mandantin nennen.

Presserecht­liche Schritte angedroht

Beispiel 1: Auf Fragen, die wir der Tree Value Forestry GmbH wegen irreführender Werbung für ein Baum­investment stellten, erhielten wir eine E-Mail der Kanzlei Höcker. Zwar dürften wir kritisch über die Branche berichten. Sollten wir allerdings ihre Mandantin aus der Masse der Anbieter heraus­greifen und namentlich nennen, werde man der Firma presserecht­liche Schritte gegen Finanztest empfehlen.„Sie wissen dabei, dass auch der Autor persönlich haftet“, droht die Kanzlei der Verfasserin. Wir berichten trotzdem (Tree Value Forestry muss deutlicher auf Risiken hinweisen).

Beispiel 2: Im Fall der Autark Invest AG aus Liechten­stein, die Anlegern für riskante Anlagen bis zu 7,5 Prozent Zinsen im Jahr zahlen wollte, hat uns die Kanzlei Höcker im Namen von drei Firmen und zwei Personen zur Löschung unserer Artikel aufgefordert. Mit der Nennung der Namen im Zusammen­hang mit staats­anwalt­lichen Ermitt­lungen wegen des Verdachts des Betrugs, der Untreue und der Geld­wäscherei gehe eine Pranger­wirkung einher. Es gäbe kein begründetes Informations­interesse der Öffent­lich­keit an solchen Berichten.

Ohne Namens­nennung keine Aufklärung möglich

Das sehen wir anders. Ohne Nennung von Firmen und Personen hätten wir die Falsch­informationen über berichtete Geschäfts­erfolge nicht nach­voll­zieh­bar widerlegen können. So teilten wir den 3 600 Anlegern mit, wer der eigentliche Chef ihrer Anlagefirma ist und dass dieser der Justiz bereits durch unsaubere Finanz­geschäfte aufgefallen ist. (Drohung mit Pleite). Weiter berichteten wir, dass die Nach­richt vom Erfolg der Tochterfirma Autark Digital GmbH beim Ausbau der Breitbandnetze nicht stimmen könne, da die Gesell­schaft insolvent sei.

Warn­liste Geld­anlage

Wir haben die Artikel nicht gelöscht, sondern zwei Autark-Firmen wegen ihrer hoch­riskanten Anla­geangebote auf unsere Warnliste Geldanlage gesetzt. Unser Ziel ist es, Verbraucher früh­zeitig vor dubiosen Geld­anlagen und Firmen zu warnen. Ohne Namens­nennung geht das nicht.

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KarinBurger am 06.04.2017 um 11:31 Uhr
Standing lohnt sich!

Glück auf für die Stiftung Warentest, ein Tänzchen mit Höcker zu wagen. Ein sicherheitshalber nicht zu beziffernder Anteil der Abmahntätigkeit des Herrn Rechtsanwalt Professor Dr. Ralf Höcker beruht auf – Überraschung -: Bluff! Bei mir jedenfalls gelang es ihm trotz wiederholter (!) Abmahnungen nicht, diese in irgendetwas auch nur annähernd Substantielles (für den zahlenden Mandanten) zu überführen: weder in eine unterschriebene Unterlassungserklärung noch in Änderungen oder gar Löschungen in dem jeweils betroffenen Artikel noch in eine einstweilige Verfügung noch in die Begleichung seiner hagestolzen vierstelligen Honorarrechnung. Im Fall meiner Kollegin Dani Parthum musste sich Höcker vom Landgericht Köln attestieren lassen, den eigentlich doch selbstverständlichen Rahmen des Angemessenen verlassen zu haben. [1]
[1] http://www.diedeutschenbadbanks.de/koelner-landgericht-einstweilige-verfuegung-von-prof-norbert-gatzweiler-gegen-mich-war-nicht-notwendig/

Tom2017 am 28.03.2017 um 15:45 Uhr
Ist angeblich alles okay...

Ich recherchiere über das Treiben eines Mannes, der in 20 Jahren rund 50 Firmen gegründet hat, der wg. Millionenbetrugs einsaß, der aber munter weitermacht... Als der "Bonner Generalanzeiger" berichtete, verlangte die Kanzlei Höcker eine Unterlassung: Die Nennung der Vorstrafen stelle einen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Das Landgericht Köln sah das zum Glück anders (Az 28 O 323/16). Als ich weiterrecherchierte und bei einem Kölner Anwalt eine Anfrage stellte, meldete sich prompt die Kanzlei Höcker. Auszug: "Sie müssen uns daher konkret mitteilen, aus welchen wahren tatsächlichen Gesichtspunkten sich für Sie offensichtlich die Schlussfolgerung ergibt, dass Sie über unseren Mandanten - wegen welcher konkreter Vorwürfe - identifizierbarmachend berichten dürfen. Tun Sie dies nicht, verletzen Sie Ihre journalistischen Sorgfaltspflichten.“ Wie schrieb Herr Höcker mal? "Journalisten-Bedrohung ist okay." Na dann...

Dederke am 24.03.2017 um 20:03 Uhr
Dank für den Einsatz der Pressefreiheit

Liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von TEST.de,
mit großem Interesse habe ich die Drohungen der Kanzlei Höcker zur Kenntnis genommen. Das sich diese Kanzlei sich für so ein Vorgehen hergibt ist schon erstaunlich! Aber wie sagt man: "Geld stinkt nicht". Und somit wird Herr Höcker mit der Vorgehenhensweise das ein oder andere Honorar einstreichen.
Ihnen gebührt mein Dank für Ihre aufrechte Haltung zugunsten der Pressefreiheit.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Kunde "Dederke"

Profilbild Stiftung_Warentest am 23.03.2017 um 15:42 Uhr
Dating-Abzocke und die Kanzlei Ralf Höcker

@stephan.doerner: Vielen Dank für Ihren Hinweis. (dda)

stephan.doerner am 22.03.2017 um 17:46 Uhr
Dating-Abzocke und die Kanzlei Ralf Höcker

Die Kanzlei Ralf Höcker ist dafür bekannt – hier ein weiteres Beispiel: http://investigativ.welt.de/2015/10/02/die-drohungen-der-parwise-anwaelte/
https://onlinejournalismusblog.com/2015/08/14/die-internetone-ag-ralf-hoecker-und-die-hansaring-61-connection/