Berg­rettung Welche Versicherung springt im Ernst­fall ein?

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Ob Wandern oder Skisport – die Berge sind beliebt. Doch ein Notfall kostet oft Tausende Euro. Es lohnt, den eigenen Schutz zu über­prüfen.

Rettung von Verletzten in 2 000 Meter Höhe, Suchein­satz im Wald oder die Bergung in unweg­samem Gelände: Die Berg­wacht Bayern hat viel zu tun. Jähr­lich müssen die über 4 000 ehren­amtlichen Einsatz­kräfte etwa 12 000 Mal ausrücken.

Wer im unweg­samen Gebiet unterwegs ist, kann sich im Notfall auf die Hilfe der Berg­retter verlassen. Doch trotz Ehren­amt und Engagement der Retter – ein Einsatz kostet schnell mehrere Tausend Euro. Allein für den Hubschrauber sind pro Flugminute zwischen 40 und 60 Euro fällig. Wer diese Kosten über­nimmt, ist nicht immer klar. Finanztest hat geprüft, welche Versicherungen im Notfall einspringen.

Bergen heißt nicht retten

Was sich einfach anhört, ist kompliziert. Denn ein Notfall im Gebirge kann unterschiedliche Einsätze auslösen: Suche und Bergung eines Vermissten, etwa mithilfe einer Hunde­staffel, die Rettung eines Verletzten, auch per Hubschrauber, und die medizi­nische Behand­lung (Grafik).

Bei der Frage, welche Versicherung wofür einspringt, gilt grund­sätzlich: Gesetzliche oder private Kranken­versicherer zahlen, wenn der Einsatz medizi­nisch notwendig ist. Das ist bei einer Bergung nicht immer der Fall. Das Problem: Die Begriffe Bergung und Rettung werden unterschiedlich benutzt und sind oft nicht trenn­scharf.

Beispiel: Verläuft sich ein Kind im Schwarz­wald und die Eltern alarmieren die Berg­wacht, liegt ein Notfall vor. Wird das Kind unver­letzt gefunden, war der Einsatz nicht medizi­nisch begründet. Dann zahlen in der Regel weder gesetzliche noch private Kranken­versicherung.

Kranken­versicherung zahlt Rettung

Stürzt das Kind einen Abhang hinab und bleibt schwer verletzt liegen, wird es gerettet. Einsätze dieser Art bezahlen in Deutsch­land Kranken­versicherer. Ob sie im Einzel­fall aber Rettungs­wagen, Notarzt und Hubschrauber erstatten, hängt wieder davon ab, welche Einzel­maßnahmen jeweils medizi­nisch notwendig waren.

Ist der Rettungs­hubschrauber notwendig, damit die Einsatz­kräfte einen Verletzten schnellst­möglich versorgen können und so sein Leben retten, ist dies eine Leistung der Kranken­versicherung. Schwierig wird es bei leichten Verletzungen in unweg­samem Gebiet. Muss der Hubschrauber einen Leicht­verletzten zu einer für den Krankenwagen zugäng­lichen Stelle fliegen, gilt dies als Bergung. In der Regel über­nehmen die Kranken­versicherer diese Kosten nicht.

Anderer Schutz im Ausland

Während im Inland Rettungs- und Behand­lungs­kosten durch die gesetzliche Kranken­versicherung abge­deckt sind, ist dies im Ausland meist nicht der Fall.

Zwar haben Mitglieder der gesetzlichen Kranken­versicherung inner­halb der 28 EU-Staaten sowie Island, Liechten­stein, Norwegen und der Schweiz bei ungeplanten Behand­lungen Ansprüche auf Kosten­über­nahme. Das Geld von der Krankenkasse ist aber nur selten kosten­deckend und deckt nicht die Kosten für einen Rück­trans­port nach Deutsch­land.

Außer­halb Europas zahlt die gesetzliche Kranken­versicherung grund­sätzlich weder Arzt noch Kranken­haus oder Medikamente.

Privat Kranken­versicherte sind im europäischen Ausland oft geschützt. Ob sie außer­halb Europas geschützt sind, ist von Police zu Police unterschiedlich.

Unfall­versicherung springt ein

Zahlt eine Kranken­versicherung nach einem Unfall in Deutsch­land nicht den Einsatz, springt unter Umständen eine private Unfall­versicherung ein. Unser jüngster Test im Oktober 2015 hat gezeigt: Die meisten sehr guten und guten Tarife erstatten Bergungs­kosten bis mindestens 10 000 Euro.

Tipp: Viele Policen schließen Sport­arten mit erhöhtem Unfall­risiko wie Berg­steigen oder Gleitschirm­fliegen aus. Achten Sie als Berg­sportler darauf, dass Ihre Sport­art abge­deckt ist. Mehr Informationen lesen Sie im Test Unfallversicherung (Finanztest 10/2015).

Bergungs­kosten bis zu 10 000 Euro

Empfehlens­wert ist eine Unfall­police, die welt­weit gilt und nach einem Unfall die Kosten sowohl für Such- und Bergungs- als auch Rettungs­einsätze über­nimmt. Die Tabelle Bergung im In- und Ausland: Unfallversicherungen zeigt die sechs güns­tigsten guten Angebote aus unserem jüngsten Test, die diese Kosten mindestens bis zu einer Höhe von 10 000 Euro über­nehmen.

Eine Unfall­versicherung soll zwar in erster Linie eine dauer­hafte gesundheitliche Schädigung absichern – genannt Invalidität. Für die Über­nahme von Rettungs-, Bergungs- und Such­kosten ist Invalidität aber in der Regel keine Voraus­setzung. Das heißt, die Versicherer zahlen auch bei leichten Verletzungen. In der Regel muss auch kein Unfall vorliegen. Es reicht in diesem Fall, wenn dieser drohte.

Beispiel: Ein Skifahrer kommt am Abend nicht ins Tal, seine Angehörigen alarmieren den Notruf und er wird von der Berg­wacht gefunden. Viele Versicherer zahlen die Suche, obwohl sich der Berg­sportler nur verlaufen hat, aber ein Unfall vermutet wurde.

Reise­versicherung fürs Ausland

Im Ausland können sich Berg­sportler auch über eine private Auslands­reise-Kranken­versicherung absichern. Sie ist für Reisende sowieso ein Muss, da sie für die medizi­nische Behand­lung im Ausland und für den Rück­trans­port aufkommt.

Unser jüngster Test von Reisekranken­versicherungen hat gezeigt, dass nicht alle Tarife Bergungs- und Such­kosten abdecken. Doch dieser Schutz muss nicht viel kosten: Eine Einzel­person bekommt bereits für unter 10 Euro sehr gute Angebote.

Fährt die ganze Familie in den Wander­urlaub, bietet die Ergo Direkt mit ihrem Tarif RD sehr guten Schutz für wenig Geld (Tabelle Schutz in den Bergen: Auslandsreise-Krankenversicherungen für Familien). Die Police deckt Such- und Bergungs­einsätze bis zu einer Höhe von 10 000 Euro ab.

Tipp: Sehen Sie nach, ob Ihre Reisekranken­versicherung für Suche, Bergung und Rettung aufkommt. Alle Test­ergeb­nisse für Einzel­personen und für Familien lesen Sie im Test Reisekrankenversicherung (Finanztest 6/2015).

Schutz durch Alpen­ver­ein

Eine Alternative für regel­mäßige Berg­sportler: die Absicherung über den Deutschen Alpen­ver­ein (DAV). Seine 1,31 Millionen Mitglieder genießen einen Schutz bei Unfällen während alpi­nistischer Aktivitäten: Welt­weit sind Such-, Bergungs- und Rettungs­kosten bis 25 000 Euro und unfall­bedingte Heil­kosten abge­deckt. Die Absicherung der Bergungs­kosten ist dabei ein wichtiger Punkt. DAV-Presse­sprecher Thomas Bucher sagt: „In der Praxis ist immer wieder strittig, ob die Kranken­versicherung die Kosten für eine Bergung über­nimmt.“

Im Jahr 2014 gab es 866 Versicherungs­meldungen. Der Mitglieds­beitrag kostet beim DAV je nach Sektion und Angebot zwischen 45 und 90 Euro jähr­lich.

Bester Schutz ist gutes Training

Viele Unfälle können aber mit guter Vorbereitung und strategischem Verhalten vermieden werden. Laut der DAV-Berg­unfall­statistik sind fast die Hälfte aller Wander­unfälle 2012 und 2013 eine Folge von Stolpern, Umkni­cken oder Stürzen – besonders häufig beim Abstieg, wenn Wanderer schon erschöpft sind.

Bucher rät daher zu angemessenem Training: „Eine gute Selbst­einschät­zung und die Auswahl einer geeigneten Tour bleiben der beste Schutz.“

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