Bereit­stellungs­zinsen So werden Bauherren geschröpft

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Bereit­stellungs­zinsen - So werden Bauherren geschröpft

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Wer ein Haus baut, muss meist schon vor dessen Fertigstellung Rechnungen bezahlen. Daher rufen Bauherren ihr Darlehen üblicher­weise in Etappen ab. Für den noch nicht abge­rufenen Teil verlangen Banken aber oft über­höhte Bereit­stellungs­zinsen. 3 Prozent im Jahr sind die Regel – in vielen Fällen liegt der Satz damit mehr als doppelt so hoch wie der Darlehens­zins. Finanztest sagt, wie Bauherren die Zusatz­kosten vermeiden können.

Bis zu sieben Teilzah­lungen

Beim Hausbau fallen Kreditzinsen meist schon vor dem Einzug an. Während der Bauzeit stellen Baufirmen Rechnungen oder der Bauträger will Abschlags­zahlungen. Die Makler- und Bauträger­ver­ordnung sieht zum Beispiel bis zu sieben Teilzah­lungen vor. Bauherren rufen ihr Darlehen von der Bank daher nicht sofort und auf einen Schlag, sondern in Etappen nach dem Baufort­schritt ab.

Doppelte Zins­berechnung

Bis zur Fertigstellung müssen Kreditnehmer oft doppelt zahlen: Für den bereits ausgezahlten Kredit­betrag verlangt die Bank die normalen Vertrags­zinsen. Zusätzlich kassiert sie Bereit­stellungs­zinsen auf den Kredit­anteil, den der Kunde noch nicht abge­rufen hat. Und die sind viel höher als die normalen Zinsen. Wer keine bösen Über­raschungen erleben will, sollte daher nicht nur auf einen güns­tigen Darlehens­zins­satz, sondern auch auf die voraus­sicht­lichen Bereit­stellungs­zinsen achten. Sie sind im Effektivzins nicht enthalten und können den Hausbau um einige Tausend Euro verteuern.

Teure Bauzeit durch Bereit­stellungs­zinsen

Ein Bauherr bekommt am 30. Juni 2017 die Zusage für einen Kredit von 200 000 Euro (Zins­satz 1,5 Prozent, Bereit­stellungs­zinsen 3 Prozent pro Jahr ab drittem Monat). Das Darlehen ruft er in fünf Teil­beträgen ab. Bis zur vollen Auszahlung fallen 3 600 Euro Zinsen an – vor allem für das Bereit­stellen.

Datum

Teil­auszahlung
(Euro)

Ausgezahlter Kredit
(Euro)

Nicht ausgezahlter Kredit
(Euro)

Kreditzinsen
(Euro)1

Bereit­stellungs­zinsen
(Euro)1

Zinsen insgesamt
(Euro)1

30.06.2017

0

200 000

0

0

0

31.10.2017

80 000

80 000

120 000

0

1 000

1 000

31.12.2017

50 000

130 000

70 000

200

600

800

28.02.2018

30 000

160 000

40 000

325

350

675

30.04.2018

30 000

190 000

10 000

400

200

600

30.06.2018

10 000

200 000

0

475

50

525

Summe

200 000

1 400

2 200

3 600

Legende

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Summe der Zinsen für jeweils zwei Monate.

Bereithaltung teurer als Auszahlung

Für das Bereit­stellen des Darlehens kassieren die meisten Banken derzeit einen höheren Zins­satz als für das Darlehen selbst. Fast alle verlangen 3 Prozent im Jahr (0,25 Prozent im Monat) auf den noch nicht abge­rufenen Darlehens­teil. Dieser Zins­satz galt schon Anfang der Neunziger­jahre – nur lagen die Zinsen für Baudarlehen damals bei fast 10 Prozent. Heute sind die 3 Prozent Bereit­stellungs­zinsen oft mehr als doppelt so hoch wie der Darlehens­zins­satz.

Löbliche Ausnahmen

Nur wenige Banken haben ihre Bereit­stellungs­zinsen der Zins­entwick­lung angepasst. Die ING-Diba beispiels­weise hat den Zins­satz bereits Anfang des Jahres 2015 auf 1,80 Prozent gesenkt.

Anzahl der Freimonate entscheidend

Bei den meisten Banken liegt der Bereit­stellungs­zins bei 3 Prozent. Große Unterschiede gibt es aber bei der Anzahl der Freimonate, in der das Bereit­stellen noch kostenlos ist. Viele Banken berechnen die Zinsen ab dem dritten oder vierten Monat nach Kredit­zusage. Andere räumen sechs oder neun Karenzmonate ein. Und mitunter bleibt der Kunde ein ganzes Jahr von Zusatz­zinsen verschont und kommt so oft ohne davon.

Unser Rat

Sie wollen bauen? Dann sollten Sie beim Vergleich von Kredit­angeboten nicht nur auf den Effektivzins, sondern auch auf die Bereit­stellungs­zinsen bis zur vollen Auszahlung des Kredits achten. Versuchen Sie einen möglichst langen Zeitraum auszuhandeln, in dem Sie noch keine Bereit­stellungs­zinsen zahlen müssen. Bei einigen Banken sind bis zu zwölf Monate Karenz­zeit drin.

Auf unserer Themenseite Immobilienkredit finden Sie ausführ­liche Informationen, Tipps und Rechner für Ihre Baufinanzierung.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 02.08.2018 um 11:08 Uhr
    Bereitstellunggszinsen

    @gak1946: per se sind Bereitstellungszinsen zulässig. Ob die Höhe rechtlich unangemessen ist, können wir nicht sagen. Uns ist auch nicht bekannt, ob hierzu in jüngster Vergangenheit Urteile gefallen sind oder noch ausstehen.
    Relativiert wird die Höhe der Zinsen durch den Umstand, dass die Zinsen meistens erst nach 3-12 Monaten nach Vertragsabschluss fällig werden. (TK)

  • gak1946 am 01.08.2018 um 10:40 Uhr
    Bereitstellungszinsen sind kriminell

    Eine Bank, die Bereitstellungszinsen in Höhe von 3 % nimmt, obwohl bei der Auszahlung des Kredites lediglich 1,5 % oder weniger anfallen, handelt mit krimineller Energie. In meinem Fall wurde die Auszahlung des Kredites mit unlauteren Mitteln verzögert, nur um länger Bereitstellungszinsen kassieren zu können.
    Es sollte einmal geprüft werden, ob eine derartige Festlegung der Bereitstellungszinsen nicht gem.
    §§ 308 f BGB als unwirksam angesehen werden kann. Gibt es Rechtsprechung hierzu?

  • j-m.s am 14.05.2017 um 21:00 Uhr
    @Havda

    Sie haben recht, die Fixierung des Zinses habe ich in der Tat vergessen.
    Dass die Bank dafür mehr Geld will als für den eigentlich Kredit ist aber trotzdem absurd.

  • Gelöschter Nutzer am 14.05.2017 um 14:41 Uhr
    @j-m.s

    Sie vergesen, dass sie sich als Kreditnehmer die vertraglich festgelegten Zinsen sichern. Dasselbe tun sie - nur viel komplizierter - auch bei einem Zinsswap-Geschäft, besser bekannt als Bausparvertrag.

  • j-m.s am 14.05.2017 um 10:04 Uhr
    Bank stellt nichts bereit

    Bei "Bereitstellungszinsen" denkt man an Säcke voll Geld, die die Bank für den Kreditnehmer im Keller bereitstellt. Wenn das so wäre, wären die Bereitstellungszinsen ja ok. Aber die Bank stellt nichts bereit.
    In dem Moment, wo der Kreditnehmer das Geld auf dem Konto braucht, wird das Geld im Bankcomputer auf seinem Konto gutgeschrieben. Ohne dass es vorher da war. D.h. die Bank muss das Geld weder organisieren, besorgen, bereitstellen oder bereithalten. Insofern sind Bereitstellungszinsen eigentlich ein Fall für BGB §138 und gehören verboten.