Auf Apotheke, Sanitätshaus, Hersteller und Händler ist wenig Verlass. Eine Anleitung, wie Sie zu passenden Hilfsmitteln kommen.
Testergebnisse für 20 Erstberatung zu Inkontinenzprodukten 07/2017
Bedarf genau schildern
Bereiten Sie sich aufs Gespräch vor, sprechen Sie Wichtiges aktiv an, auch falls Sie sich für jemand anderen beraten lassen.
- Wie lautet die Diagnose? Liegt (auch) eine Stuhlinkontinenz vor? Was genau steht auf dem Rezept?
- Begleiterkrankungen?
- Regelmäßige Medikamente?
- Haben Sie bereits Erfahrung mit Inkontinenzprodukten?
- Konfektionsgröße, Hüftumfang?
- Spezielle Anforderungen, etwa durch Arbeit, Hobbys, Reisen, Pflegebedürftigkeit, Bettlägerigkeit?
Harnverlust protokollieren
Für die Diagnose lassen Ärzte Patienten oft Protokolle mit Trinkmengen und Toilettengängen führen. Das nützt auch beim Gespräch mit Hilfsmittelversorgern, vor allem mit der Zusatzinfo, wann und wie viel Harn ungewollt verloren geht. Es zeigt beispielsweise, ob mehrere Produkte erforderlich sind, etwa dünnere am Tag, dickere in der Nacht. Urinverluste können über 24 Stunden mit Uhrzeiten protokolliert werden: wenig (nur Tropfen), merklich (Unterhose ist feucht), viel (Kleiderwechsel nötig). Genauer, aber mühsamer ist es, Inkontinenzprodukte vor und nach Gebrauch zu wiegen.
Gespräch steuern
Achten Sie auf Diskretion. Bitten Sie gegebenenfalls, das Gespräch in einem separaten Raum zu führen. Haken Sie bei unklaren Punkten nach. Unterschreiben Sie keine Vereinbarung und geben Sie kein Rezept ab, bevor Sie Inkontinenzprodukte ausprobiert haben.
Proben begutachten
Nach dem Gespräch bekommen Sie eine Auswahl an Produkten. Wichtig:
- Sind alle hygienisch verpackt?
- Sind alle gekennzeichnet?
- Bei welchen Produkten müssten Sie eine Aufzahlung leisten – was macht das dann ungefähr im Monat?
- Enthält Ihre Auswahl auch „Kassenprodukte“ ohne Aufpreis?
Produkte ausprobieren
Geben Sie jedem Hilfsmittel bei Ihrem persönlichen Test eine Chance. Notieren Sie sich, was Ihnen positiv und negativ auffällt. Achten Sie darauf, nach wie vielen Stunden ungefähr Sie das Produkt wechseln müssen. Manche haben extra einen „Nässe-Indikator“, der anzeigt, wann das erforderlich ist, zum Beispiel einen Streifen, der dann die Farbe wechselt. Auch wichtig:
- Wie sitzt das Produkt? Es sollte weder reiben noch verrutschen noch anderweitig stören.
- Lässt es sich gut handhaben, an- und ablegen?
- Ist es diskret? Auffallen kann es, wenn es knistert, raschelt oder unter der Kleidung aufträgt.
- Vermittelt es ein trockenes Gefühl?
- Wirkt Ihre Haut gereizt?
- Entstehen unangenehme Gerüche?
Neu beraten lassen
Sind Sie mit keiner Probe zufrieden, sagen Sie das. Sie haben ein Recht auf eine neue Beratung und neue Produkte. Sie können den Versorger noch wechseln. Erst wenn Sie sich entschieden und Ihre Verordnung abgegeben haben, sind Sie festgelegt – normalerweise, bis das Rezept abgegolten ist. Gibt es in der Zeit Probleme und lassen sie sich nicht direkt mit dem Versorger lösen, können Sie sich im nächsten Schritt an die Krankenkasse wenden.
Kassengelder kennen
Für Inkontinenzware auf Rezept fällt normalerweise eine Zuzahlung von 10 Euro im Monat an. Patienten mit Pflegegrad erhalten auf Antrag zusätzlich Geld: eine Hilfsmittelpauschale von bis zu 40 Euro im Monat. Die ist zwar nicht für Inkontinenzprodukte direkt gedacht, aber für ergänzende Hilfsmittel wie Handschuhe oder Bettunterlagen.
Checkliste zum Download
Unsere Checkliste für die Beratung am Telefon oder vor Ort soll Ihnen dabei helfen, am Ende die für Sie passenden Inkontinenzprodukte zu bekommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie selbst Patient sind oder ein Angehöriger. Das PDF zum Ausdrucken enthält
- einen Bedarfserfassungsbogen, den Sie vor der Beratung ausfüllen. Sie fassen damit wichtige Informationen Ihres Bedarfs zusammen: Diagnose, relevante Begleiterkrankungen und Medikamente, Vorerfahrung mit Inkontinenzprodukten, Konfektionsgröße und besondere Anforderungen.
- Trink- und Toilettenprotokoll, das Sie ebenfalls vor der Beratung ausfüllen. Über ein oder zwei Tage erfassen Sie Trink- und Ausscheidungsmengen. Das ist zuverlässiger als reine Schätzungen.
- Protokollbogen zu Musterprodukten, den Sie nach der Erprobung der vom Versorger überlassenen Produkte ausfüllen. Damit schätzen Sie ein, ob das jeweilige Produkt zu Ihren Anforderungen passt: Sitz, Handhabung, Diskretion, Hautreizung und Ausdauer.
Krankenkassen-Vertragspartner
Mit diesen Krankenkassen kooperieren die Anbieter im Test nach eigenen Angaben (Stand: 1. Juli 2017).
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@K-Nbg: Die gesetzliche Zuzahlung beträgt hier grundsätzlich 10% der Kosten, aber max. 10 € pro Monat. Sie fällt bei allen gesetzlich Versicherten an, außer es liegt eine Zuzahlungsbefreiung vor. Die Zuzahlung (nicht zu verwechseln mit der privaten Aufzahlung für Inkontinenzprodukte, die das Notwendige übersteigen) ist zunächst unabhängig von der Pauschale der Krankenkasse oder den gewählten Inkontinenzprodukten. Die Krankenkasse ist verpflichtet Sie ausreichend zu versorgen. Unter Umständen sind die Kosten für die Kasse also höher als die Pauschale suggeriert.
Für Ihr Rechenbeispiel ist es also wichtig, ob die Produkte vom Sanitätshaus für 35 € in dieser Form notwendig sind (z. B. vom verschreibenden Arzt entsprechend begründet) oder ob sie das Notwendige übersteigen. Im ersten Fall (Versorgung ist notwendig) wäre die Pauschale von 25 € irrelevant. Die Kasse müsste die Kosten von 35 € übernehmen bzw. das was nach gesetzlicher Zuzahlung von 10% und max. 10 € übrig bleibt. In diesem Fall müssten Sie 3,50 € (10%) zahlen. Im zweiten Fall (Versorgung übersteigt das Notwendige) wäre relevant, was eine „notwendige“ Versorgung kosten würde. Davon müssten Sie wieder 10% und max. 10 € und zusätzlich noch den Differenzbetrag (Aufzahlung) selbst zahlen. Angenommen Sie könnten „notwendig“ bzw. ausreichend für 25 € versorgt werden, Sie entscheiden sich aber für Produkte die 35 € kosten, würden Sie 2,50 € (10%) + 10 € (Aufzahlung von 25 auf 35 €) = 12,50 € zahlen müssen. (SL/GSchw)
@Warentest
Hallo,
im Artikel ist die max. Zuzahlung von 10,-- € erwähnt, wenn die Pauschale nicht reicht. Sind darin auch die 10% Zuzahlung auf die Pauschale enthalten oder kommen die noch oben drauf?
Konkretes Beispiel:
Die AOK Bayern zahlt eine Pauschale von 25,-- € mtl.
Davon kassiert das Sanitätshaus jeweils 2,50 € (10%) als Zuzahlung für die AOK.
Die benötigten Artikel ergeben aber Kosten i. H. von 35,-- €.
Sind dann - von Kassenprodukten ausgehend -.nur noch die Diifferenz von 7,50 € auf die max. 10 € mtl. zu zahlen oder ist die Zuzahlung erst mit 12,50 € abgegolten.
Es wäre schön, dies für alle Betroffenen noch einmal klarstellen zu können.
@Kfsteinalsfeld: Diese Untersuchung beschäftigt sich mit der Beratung zu Inkontinenzprodukten, also nicht vergleichend mit den Produkten selbst.
Unser Warentest von 19 Inkontinenzprodukten ist bereits in der Ausgabe test 03/2017 erschienen und umfasst unter anderem auch Produkte von Attends, Hartmann und Tena.
Speziell das von Ihnen angefragte Produkt war jedoch in unserer damaligen Marktauswahl leider nicht enthalten. (SL/BS).
Ich nutze selbst Inkontinenzanlagen der Fa. Attens, die vopn der AOK Hessen bezahlt werden. Leider sind die Produkte die der männlichen Anatomie entsprechen zuzahlungspflichtig. Das Produkte z.B. Attens Soft 3 extra, welches in der Form der weiblichen Anatomie angepasst ist, wird bezahlt und soll auch von Männern,
trotz ungenügentem Erfolg, verwendet werden. Das Produkt Attens For Men 3 erfordert eine Zuzahlung von
43,68 Eu. für 1 Pach = 12 x 14 Stück. In Ihrem Testbericht fehlen mir die Ergebnisse über Aufnahmefähigkeit,
Restfeuchtigkeit an der Oberfläche usw. sowie der Stückpreise. Außerdem fehlen Produkte von TENA usw.