
11 % der Deutschen leiden an Inkontinenz.* Gute Beratung zu Vorlagen und Windeln ist schwer zu finden.
* Quelle: Schätzung des Bundesverbands Medizintechnologie © fotolia / P. Vakhrushev
Wer den Urin nicht halten kann, braucht zuverlässige Hilfsmittel. Doch viele Experten beraten schlecht und geben Kunden unpassende Probeprodukte mit. Im Test: 20 Anbieter, die Versicherte bestimmter Krankenkassen versorgen, darunter Sanitätshäuser, Apotheken und Händler von Inkontinenzprodukten. Nur 3 Anbieter schaffen die Note befriedigend – der Rest ist ausreichend oder mangelhaft. Fazit: Patienten sollten auf wichtige Punkte selber achten. Unsere Checklisten helfen dabei.
Testergebnisse für 20 Erstberatung zu Inkontinenzprodukten 07/2017
Liste der 20 getesteten Produkte
- Abena
- ADM
- Attends
- Hauschild Hygieneprodukte
- Hydrotech Strausberg
- Medi-Markt Home Care Service
- Paul Hartmann
- Praximed Home Care
- Seresco
- Ultra-Pharm Medicalprodukte
- Amberg Sanitätshaus und Orthopädietechnik
- Reha Sanitätshaus MA
- Sanitätshaus Grossmann
- Sanitätshaus Straube
- Sanitätshaus Willecke
- Apotheke am Hackländerplatz
- Apotheke an der Kreuzkirche
- Gilden-Apotheke
- Hirsch-Apotheke
- Max & Moritz Apotheke
Inkontinenz hat viele Ursachen
Das Thema ist ein Tabu, die Zahl der Betroffenen groß: Bis zu neun Millionen Menschen in Deutschland leiden laut Schätzungen an Blasenschwäche, fachsprachlich Inkontinenz. Sieben typische Fälle haben wir mit Gutachtern entwickelt, sprich: erfunden. Wie den der jungen Mutter, die seit ihrer Entbindung oft ungewollt größere Mengen Urin verliert – beispielsweise beim Lachen. Den des älteren Herrn, der das Wasser nach einer Prostata-Operation nicht mehr richtig halten kann. Oder den der Ingenieurin, die wegen einer Nervenerkrankung häufig urplötzlich muss und das rettende Örtchen nicht immer rechtzeitig erreicht.
Test bei 20 Inkontinenzversorgern
Mit diesen sieben Legenden und dem Verweis auf ein entsprechendes Rezept kontaktierten unsere Tester Firmen, die Patienten mit Hilfsmitteln wie Vorlagen oder Windelslips versorgen. Dazu zählten fünf Sanitätshäuser und fünf Apotheken sowie zehn Homecare-Unternehmen – Hersteller oder Händler von Inkontinenzprodukten. Alle geprüften Anbieter kooperieren mit Krankenkassen und versorgen deren Versicherte. Dazu zählt ausdrücklich auch: den Bedarf erfassen, beraten, passende Musterprodukte auswählen. Nur so können Patienten Hilfsmittel finden, die trocken halten, richtig sitzen und diskret bleiben.
Beratung bestenfalls befriedigend
Beratung ist also das A und O – doch leider verläuft sie meist enttäuschend, wie unser Test zeigt. Ganze 17 von 20 geprüften Anbietern schneiden nur ausreichend oder sogar mangelhaft ab. Und auch die drei Testbesten kommen nicht über ein Befriedigend hinaus. Alle drei stellen selbst Inkontinenzware her, die sie über Händler vermarkten sowie direkt an den Patienten oder die Patientin bringen. Zwei von ihnen lagen kürzlich auch in unserem Test von Inkontinenzprodukten vorn. Perfekt ist die Beratung freilich auch bei ihnen nicht, wie unsere aktuelle Untersuchung erwies.
Schwächen in allen geprüften Punkten
Schwächen gab es schon bei der Bedarfserfassung. Eigentlich sind hier diverse Fragen zu klären, etwa:
- Art der Inkontinenz,
- Körpermaße,
- Vorerfahrungen mit Inkontinenzprodukten
- Diagnose.
Doch viele Berater kratzten kaum an der Oberfläche. Entsprechend passten die ausgehändigten Musterprodukte oft nicht zur Ausgangssituation unserer Testpatienten: Sie waren zu groß oder zu klein oder zu wenig saugfähig für den jeweiligen Bedarf. Teils wurden auch Hygieneregeln missachtet: So entnahmen einzelne Berater die Probeprodukte mit bloßen Händen aus Großpackungen. Zudem machten viele Anbieter nur dürftige oder sogar falsche Angaben zu Hintergründen und Modalitäten der Versorgung.
Patienten sollten ihre Wünsche klar äußern
Patienten, die mit der Beratung oder mit den erhaltenen Mustern unzufrieden sind, sollten das offen sagen. Sie können darauf bestehen, erneut beraten zu werden und andere Produkte zu bekommen. Solange sie ihr Rezept nicht eingelöst haben, dürfen sie sogar noch den Versorger wechseln.
Das bietet der test-Artikel
- Eine Tabelle mit detaillierten Testergebnissen zur Qualität der Beratung bei 20 Inkontinenzversorgern (Bedarfsanalyse, Beratung und Information, Empfehlungen und Probeexemplare)
- Eine Liste sämtlicher Krankenkassen, die mit den einzelnen Anbietern kooperieren
- Eine konkrete Anleitung, wie Patienten mit Inkontinenz vorgehen müssen, um Hilfsmittel auf Kassenkosten zu bekommen
- Eine Checkliste zur Vorbereitung des Beratungsgesprächs
- Protokollbögen zur Bedarfserfassung und zur Begutachtung der Muster sowie ein Trink- und Toilettenprotokoll.
Tests und Tipps der Stiftung Warentest
Unser Test von Inkontinenzprodukten zeigt Testergebnisse für 19 Inkontinenzvorlagen, Windeln und Pants – darunter teure Herstellerprodukte und günstige Kassenware (Stückpreise: 0,34 bis 1,46 Euro). Neunmal vergaben die Tester die Note gut. Vor allem teure Einmalhosen überzeugten.
Empfehlungen für Therapieformen, Medikamente und alternative Behandlungen finden Sie in unserem Ratgeber Inkontinenz. Das Buch hat 176 Seiten, kostet 19,90 Euro (E-Book: 15,99) und ist im test.de-Shop erhältlich.
-
- Unsere Partnerorganisation VKI hat Einlagen für leichte und mittlere Blasenschwäche getestet. Wir nennen Ergebnisse und informieren, was Betroffenen sonst noch hilft.
-
- Blasenschwäche ist vielen peinlich. Oft sprechen Betroffene nicht mit ihrem Arzt darüber – nicht nur aus Scham, sondern auch aus Unwissenheit. Dabei lässt sich...
-
- Alle Krankenkassen zahlen für viele Vorsorgeuntersuchungen. Diese Angebote der Früherkennung sind freiwillig: Versicherte können selbst entscheiden, was davon sie nutzen.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@K-Nbg: Die gesetzliche Zuzahlung beträgt hier grundsätzlich 10% der Kosten, aber max. 10 € pro Monat. Sie fällt bei allen gesetzlich Versicherten an, außer es liegt eine Zuzahlungsbefreiung vor. Die Zuzahlung (nicht zu verwechseln mit der privaten Aufzahlung für Inkontinenzprodukte, die das Notwendige übersteigen) ist zunächst unabhängig von der Pauschale der Krankenkasse oder den gewählten Inkontinenzprodukten. Die Krankenkasse ist verpflichtet Sie ausreichend zu versorgen. Unter Umständen sind die Kosten für die Kasse also höher als die Pauschale suggeriert.
Für Ihr Rechenbeispiel ist es also wichtig, ob die Produkte vom Sanitätshaus für 35 € in dieser Form notwendig sind (z. B. vom verschreibenden Arzt entsprechend begründet) oder ob sie das Notwendige übersteigen. Im ersten Fall (Versorgung ist notwendig) wäre die Pauschale von 25 € irrelevant. Die Kasse müsste die Kosten von 35 € übernehmen bzw. das was nach gesetzlicher Zuzahlung von 10% und max. 10 € übrig bleibt. In diesem Fall müssten Sie 3,50 € (10%) zahlen. Im zweiten Fall (Versorgung übersteigt das Notwendige) wäre relevant, was eine „notwendige“ Versorgung kosten würde. Davon müssten Sie wieder 10% und max. 10 € und zusätzlich noch den Differenzbetrag (Aufzahlung) selbst zahlen. Angenommen Sie könnten „notwendig“ bzw. ausreichend für 25 € versorgt werden, Sie entscheiden sich aber für Produkte die 35 € kosten, würden Sie 2,50 € (10%) + 10 € (Aufzahlung von 25 auf 35 €) = 12,50 € zahlen müssen. (SL/GSchw)
@Warentest
Hallo,
im Artikel ist die max. Zuzahlung von 10,-- € erwähnt, wenn die Pauschale nicht reicht. Sind darin auch die 10% Zuzahlung auf die Pauschale enthalten oder kommen die noch oben drauf?
Konkretes Beispiel:
Die AOK Bayern zahlt eine Pauschale von 25,-- € mtl.
Davon kassiert das Sanitätshaus jeweils 2,50 € (10%) als Zuzahlung für die AOK.
Die benötigten Artikel ergeben aber Kosten i. H. von 35,-- €.
Sind dann - von Kassenprodukten ausgehend -.nur noch die Diifferenz von 7,50 € auf die max. 10 € mtl. zu zahlen oder ist die Zuzahlung erst mit 12,50 € abgegolten.
Es wäre schön, dies für alle Betroffenen noch einmal klarstellen zu können.
@Kfsteinalsfeld: Diese Untersuchung beschäftigt sich mit der Beratung zu Inkontinenzprodukten, also nicht vergleichend mit den Produkten selbst.
Unser Warentest von 19 Inkontinenzprodukten ist bereits in der Ausgabe test 03/2017 erschienen und umfasst unter anderem auch Produkte von Attends, Hartmann und Tena.
Speziell das von Ihnen angefragte Produkt war jedoch in unserer damaligen Marktauswahl leider nicht enthalten. (SL/BS).
Ich nutze selbst Inkontinenzanlagen der Fa. Attens, die vopn der AOK Hessen bezahlt werden. Leider sind die Produkte die der männlichen Anatomie entsprechen zuzahlungspflichtig. Das Produkte z.B. Attens Soft 3 extra, welches in der Form der weiblichen Anatomie angepasst ist, wird bezahlt und soll auch von Männern,
trotz ungenügentem Erfolg, verwendet werden. Das Produkt Attens For Men 3 erfordert eine Zuzahlung von
43,68 Eu. für 1 Pach = 12 x 14 Stück. In Ihrem Testbericht fehlen mir die Ergebnisse über Aufnahmefähigkeit,
Restfeuchtigkeit an der Oberfläche usw. sowie der Stückpreise. Außerdem fehlen Produkte von TENA usw.