
Für Hitzköpfe gilt: Ruhe bewahren, auch wenn es manchmal schwerfällt. Ein Ausraster beim Autofahren kann schnell eine saftige Strafe von mehreren hundert Euro nach sich ziehen.
Je größer die Wut, desto höher kann die Geldstrafe ausfallen. Vor allem bei Polizisten sollte man sich im Griff haben.
„Alte Hure!“ So beschimpft ein aggressiver Autofahrer Anna Schmidt (Name von der Redaktion geändert) aus Berlin. Sie fährt gerade ihre Tochter und deren Freundin zum Sport, als der Mann mit seinem Smart hinter ihr anfängt zu drängeln und versucht zu überholen.
Als die Mutter nach rechts abbiegt, wird sie überraschend von dem Fahrer geschnitten, beide müssen ruckartig bremsen. Daraufhin rastet der Drängler aus, beschimpft Schmidt und streckt ihr auch noch den Mittelfinger entgegen.
Die 14-jährige Tochter notiert sich das Kennzeichen des aggressiven Fahrers. Eine goldrichtige Entscheidung, wenn es darum geht, ihm später noch einen Denkzettel für sein Verhalten zu verpassen.
Wer sich nicht unter Kontrolle hat, riskiert, dass er kräftig zahlen muss. Das können leicht mehrere hundert Euro sein.
Mit dem Autokennzeichen in der Tasche erstattet Schmidt bei der Polizei Anzeige. Danach muss sie aufschreiben, was passiert ist. Sie ist im Vorteil, da ihre Tochter und deren Freundin als Zeuginnen auch eine schriftliche Erklärung abgeben.
Es dauert nicht lange, bis die Beamten den Verdächtigen finden, da er der Halter des Autos mit dem angegebenen Kennzeichen ist. Die Berlinerin bekommt Bilder unterschiedlicher Männer vorgelegt und identifiziert den aggressiven Fahrer. Die Konsequenz für den Mann: Er muss 500 Euro zahlen, das Geld geht an eine gemeinnützige Einrichtung. Das ist so üblich bei Geldauflagen.
„Man muss unterscheiden zwischen Geldstrafen, die gehen an die Landeskasse, und Geldauflagen“, erklärt Albrecht Popken, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin. „Viele Strafverfahren und häufig auch die Beleidigungsverfahren werden gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Diese Geldauflagen können einer gemeinnützigen Einrichtung zugesprochen oder der Landeskasse zugewiesen werden.“
Freiheitsstrafe für Wiederholungstäter
Eine Beleidigung kann eine Straftat sein. Sie kann nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuchs mit einer Geldstrafe oder sogar mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden.
Letzteres sei selten, erklärt Popken. „Wer nach einer Geldstrafe nicht aufhört und immer wieder beleidigt, würde wohl eher irgendwann mit einer Bewährungsstrafe zu rechnen haben als mit einer sehr hohen Geldstrafe. Das ist aber theoretisch, in der Praxis ist mir so ein Fall noch nicht untergekommen.“
Viel wahrscheinlicher ist eine Geldauflage wie im Fall Schmidt. Dann gilt die Beleidigung nicht als Straftat und der Mensch, der ausgerastet ist, kommt ohne Verurteilung davon.
„Idiot“ kann leicht 600 Euro kosten
Was ein Ausraster kostet, hängt von mehreren Faktoren ab: Was waren die Umstände? Wie war der Tonfall? Was wurde gesagt oder gezeigt? Wie lange hat der Wutanfall gedauert? Wer wurde beleidigt?
Die Geldstrafe oder -auflage wird in Tagessätzen berechnet. Der Tagessatz hängt von dem Nettoeinkommen des Menschen ab, der ausgerastet ist. Er ergibt sich aus dem monatlichen Nettoeinkommen, geteilt durch 30. Menschen mit hohem Einkommen müssen deshalb für dieselbe Beleidigung mehr zahlen als Geringverdiener.
Bei einem Nettoeinkommen von 1 300 Euro beträgt der Tagessatz etwa 43 Euro. Die Höchstgeldstrafe wären 360 Tagessätze. „Bei der Beleidigung wird diese praktisch nie erreicht. Die Strafen beginnen hier im unteren Bereich bei etwa 15 bis 30 Tagessätzen für leichte Beleidigungen“, sagt Popken.
Schwere und leichte Beschimpfung
Zu den leichten Beleidigungen zählen „Idiot“, „Dumme Kuh“, die Vogel- und die Scheibenwischergeste. Schon solche Entgleisungen können einem Hitzkopf bei 15 Tagessätzen à 43 Euro eine Strafe von 645 Euro einbringen.
Als wüstere Beschimpfungen gelten „Arschloch“, „Schlampe“, „Blödes Schwein“ oder „Miststück“. Dafür kann es bis zu 70 Tagessätze geben. Indirekte Formulierungen, wie „Normalerweise würde ich Sie jetzt ein blödes Schwein nennen“, helfen nicht. Auch das zählt als Beleidigung.
Auch „Alte Hure“ gehört eher zu den schweren Beleidigungen. Doch Geldauflagen wie in dem Berliner Fall sind meist niedriger als Geldstrafen.
Uneinig sind sich Richter beim „Doppelvogel“. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht urteilte, das Tippen an die Schläfe mit zwei Fingern stelle keine Ehrenverletzung dar (Az. 5 Ss 383/95-21), andere Richter haben dafür sogar 40 Tagessätze verhängt.
Meist sind sich die Beteiligten und die Juristen aber schnell einig, was eine Beleidigung ist und was nicht. „Ich muss meinen Mandanten den Beleidigungstatbestand selten erklären. Was Juristen unter einer Beleidigung verstehen, unterscheidet sich eigentlich nicht von dem, was normale Menschen darunter verstehen“, sagt Popken.
Überwachungskamera beleidigt
Besonders tief in die Tasche greifen müssen Menschen, die einen Polizisten beleidigen. Schließlich verkörpern sie die Staatsgewalt.
Popken: „Bei der Beschimpfung von Beamten schaut die Justiz genauer hin. Wer einen Polizisten beleidigt, kann nicht damit rechnen, dass ein Auge zugedrückt wird.“
Es gibt aber Ausnahmen: Die Redewendung „Sie sind mir ein komischer Vogel“ gegenüber einem ermittelnden Polizisten ist keine Beleidigung (Az. 3 Ss 64/08). Das hat das Oberlandesgericht Bamberg in einem Fall entschieden.
Autofahrer sollten sich auch davor hüten, den Mittelfinger in eine Überwachungskamera zu halten. Sie beleidigen nicht die Kamera, sondern den Menschen dahinter. Das Bayrische Oberlandesgericht verhängte 30 Tagessätze (Az. 5St RR 30/00).
Bis Mai 2014 gibts noch Punkte
Für eine Beleidigung im Straßenverkehr kassieren Autofahrer bisher zusätzlich zur Strafe oder Auflage bis zu fünf Punkte im Flensburger Verkehrszentralregister. Das ist vorbei, wenn am 1. Mai 2014 die Punktereform in Kraft tritt.
„Für Beleidiger wird die Lage also besser, allerdings rate ich trotzdem davon ab, von der neuen Freiheit Gebrauch zu machen. Die Beleidigung ist eine Straftat und kann einen Eintrag im Führungszeugnis nach sich ziehen“, erklärt Rechtsanwalt Popken. Er selbst hat sich unter Kontrolle: „Ich beschränke mich als Radfahrer auf ein Kopfschütteln. Das ist missbilligend, aber sicher keine Beleidigung.“
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