
Bäckerei. Seit Januar ist für alles, was sie verkauft, ein Beleg nötig. © Getty Images / Maskot
Steuerfahnder jubelten, Händler und Umweltschützer wüteten, als am 1. Januar 2020 die Belegausgabepflicht in Kraft trat. Da herkömmliche Kassenzettel gesundheitsschädlich sein können, wenn man sehr viele davon anfasst, stellen einige Händler nun auf weniger schädliches blaues Papier um. Hier lesen Sie die Details der Neuregelung.
Papier kann Hormonsystem schädigen
Einige Supermärkte geben neuerdings blaue Kassenbons aus. Der Grund ist: Die bisher üblichen Bons können gesundheitsschädlich sein. Sie enthalten – wenn auch nur in geringen Mengen – als Farbentwickler Bisphenole, berichtet das Umweltbundesamt. Bisphenol A wurde aber EU-weit als besonders besorgniserregender Stoff eingestuft, da es das Hormonsystem schädigen kann. Außerdem kann es die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Für Durchschnittskunden ist das kaum bedeutsam, weil sie vergleichsweise wenige Kassenzettel in die Hand bekommen. Für das Verkaufspersonal sieht das hingegen anders aus. Das blaue Papier kommt bei der Farbentwicklung ohne Chemikalien aus. Weitere Vorteile: Es verblasst nicht bei Licht. Und anders als die alten Kassenzettel kann es im Altpapier entsorgt und recycelt werden.
Belegausgabepflicht für alle
Seit Neujahr 2020 gilt die Belegausgabepflicht. Die Gesetzesänderung betrifft alle: Händler, Gastronomen und nicht zuletzt die Kunden. Für jeden Kauf und jede Dienstleistung – die Brezel am Bahnhof, das Bier im Club, den Haarschnitt beim Friseur – muss ein Bon ausgegeben werden.
Das regelt das neue Gesetz
Schon seit 2016 gilt das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“, auch Kassensicherungsverordnung genannt. Anfang 2020 wurde es deutlich verschärft. Händler und Gastronomen müssen alle Transaktionen lückenlos dokumentieren – elektronisch oder durch tägliche handschriftliche Aufzeichnungen. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Betrüger Umsätze an den Finanzämtern vorbeischleusen.
Auch elektronische Belege möglich
Bisher verzichten Dienstleister auf den Ausdruck des Kassenbons, wenn Kunden keinen wollen. Die neue Bonpflicht sieht jedoch vor, dass nach jedem Verkauf ein Beleg ausgehändigt werden muss. Möglich ist das auch elektronisch – etwa per E-Mail oder per WhatsApp.
Die meisten Belege für die Mülltonne
Das neue Gesetz ärgert unter anderem die Bäckereiverbände, die mit fünf Milliarden zusätzlichen Kassenbons jährlich rechnen. Kunden sind nicht verpflichtet, die Bons anzunehmen oder sie aufzubewahren. Die meisten gedruckten Belege werden vermutlich umgehend in einen Papierkorb wandern. Umweltschützer beklagen die Ressourcenverschwendung.
Befreiung von der Belegausgabepflicht
Eine Befreiung von der Belegausgabepflicht ist möglich, wenn „eine sachliche oder persönliche Härte für den einzelnen Steuerpflichtigen besteht“. Das kann etwa in Bars oder im Straßenverkauf der Fall sein. Die Finanzämter prüfen jeden einzelnen Fall.
Tipp: Wenn Sie unnötigen Papiermüll vermeiden wollen, erkundigen Sie sich bei Ihren Händlern und Lokalen, ob sie elektronische Belege ausgeben.
Diese Meldung ist erstmals am 18. Dezember 2019 auf test.de erschienen. Sie wurde am 24. August 2020 aktualisiert.
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@waldler: Der Bon bzw. die Verpflichtung zur Erstellung eines Kassenbelegs soll vor allem verhindern, dass ein Händler unversteuerte Einnahmen erzielen kann. Insofern ist der Bon an sich richtig, denn er enthält alle gezahlten Beträge. Im Interesse des Käufers wäre eine Gewichtsangabe zwar schön, ist aber nicht zwingender Bestandteil nach dem hier besprochenen Gesetz.
Ich schätze die Belegpflicht sehr, weil ich so meine Einkäufe kontrollieren und mein Budget planen kann.
Manche Bons sind für diesen Zweck ungeeignet. Gestern bekam ich einen Bon von einem Bäcker, auf dem nur stand
Brothaus 0.55
Brothaus 0.65
...
Brothaus 4.40
Die kleinen Preise beziehen sich auf diverse Arten von Semmeln, der große Preis auf Brot. Um das Ganze nachvollziehen zu können, müsste ich beim Brot doch das Gewicht (und den Grundpreis) wissen (es wurde von einem großen Stück abgeschnitten).
Solche Bons sind sinnlos. Entsprechen sie den Vorschriften?
Kommentar vom Autor gelöscht.
..., wenn die ausgebenden Kassen nicht "fälschungssicher sind. Was soll ich als Kunde mit dem Kassenbon? Ich kann ihn nur wegschmeißen (egal in welche Tonne). Oder wird als nächstes verlangt, dass der Kunde alle seine Kassenbons gebündelt beim FA abzugeben hat???
Natürlich soll jeder Kunde das Recht haben, einen Kassenbon ausgehändigt zu bekommen, als Kaufnachweis, für Garantieansprüche, ....
Im digitalen Zeitalter reicht doch der digitale Nachweis fürs Finanzamt, d.h. die Kassen sind fälschungssicher und jeder Kauf wird eingetippt. Das lässt sich bei jedem Bäcker oder Fleischer ganz leicht durch einen Testkauf und anschließendem Datei-Download überprüfen bzw. diese Eingaben werden regelmäßig und automatisch auf einem datensicheren FA-Server abgespeichert. Es lebe der deutsche Amtsschimmel.
Das ist nur „Pseudosicherheit“ und Umweltverschmutzung. Ohne Worte. Schaut euch mal die A1 Bescheinigung oder ähnliche Dokumente, die innerhalb der EU von Geschäftsreisenden mitgeführt werden müssen. Ich frage mich wirklich, wie man so viel Realitätsverlust erleiden kann. Als kfm. Leiter erlebe ich jeden Tag Bürokratie auf allen Ebenen. Sehr sehr schade. Was ist eigentlich aus dem papierlosen Büro geworden? :(