
Bausparkassen kündigen massenhaft gut verzinste Bausparverträge. Sie kürzen Sparraten und drohen, Bonuszinsen zu streichen. Aber dürfen sie das einfach so tun, nur weil die Lage am Kapitalmarkt aktuell so schwierig ist? Die Experten der Stiftung Warentest sagen, wann und wie sich Kunden wehren können.
Hohe Zinsen stellen Bausparkassen vor Probleme
Früher wurden sie heftig umworben: Sparer, die ihr Geld anlegen wollten. Bausparkassen lockten sie mit hohen Bonuszinsen für den Fall, dass sie später auf ein Bauspardarlehen verzichten. Die Gesamtverzinsung vieler Bausparverträge stieg so auf 4 bis 5 Prozent. Heute wollen die Bausparkassen diese Kunden so schnell wie möglich loswerden. Die hohen Zinsen können sie am Kapitalmarkt kaum noch erwirtschaften.
Info: Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes dürfen Kassen Bausparern ihre Verträge kündigen. Lesen Sie in unserer Meldung, unter welchen Bedingungen das passieren kann.
Vielen Sparern wird gekündigt
Mehreren Hunderttausend Sparern haben die Kassen bereits gekündigt. Anderen kürzen sie den Sparbeitrag, verlangen Nachzahlungen oder drohen mit der Streichung der Bonuszinsen. Viele Betroffene fragen sich: Dürfen die das? Die Rechtslage ist oft kompliziert und je nach abgeschlossenem Tarif gelten mitunter ganz unterschiedliche Bausparbedingungen. Einige Kunden haben gute Chancen, sich zu wehren, andere nicht.
Die Bausparkasse kündigt wegen Übersparung
In diesem Fall sieht es schlecht aus für den Sparer: Übersteigt sein angespartes Guthaben die Bausparsumme, kann er wenig tun, wenn das Unternehmen den Vertrag kündigt. Er hat keinen Anspruch mehr auf ein Darlehen, weil es sich bei den meisten Tarifen aus der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem Guthaben ergibt. Der Vertrag gilt als erfüllt und die Bausparkasse darf mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Das haben viele Gerichte bestätigt.
Die Bausparkasse kündigt zehn Jahre nach Zuteilungsreife
Bausparkasse Darlehensnehmer. Heftig umstritten sind dagegen die jüngsten Fälle: Vielen Bausparern flattert die Kündigung ins Haus, wenn ihr Vertrag seit mehr als zehn Jahren „zuteilungsreif“ ist, sie also schon vor zehn Jahren erstmals ein Bauspardarlehen hätten abrufen können. Als Kündigungsgrund führen die Kassen Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) an. Nach Absatz 1 Nummer 2 darf ein Darlehensnehmer mit einer Frist von sechs Monaten kündigen, wenn er das Darlehen vor mehr als zehn Jahren „vollständig empfangen“ hat. Die Bausparkasse sieht sich selbst als Darlehensnehmer. Sie argumentiert so: Die Spareinlagen des Bausparers sind nichts anderes als ein Darlehen an sie, die Bausparkasse. Dieses Darlehen hat sie mit der Zuteilungsreife des Vertrags vollständig empfangen – zu dem Zeitpunkt, an dem der Bausparer selbst das Recht auf ein Darlehen hat. Wie jedem Darlehensnehmer stehe ihr deshalb zehn Jahre danach das gesetzliche Kündigungsrecht zu.
Gerichte urteilen unterschiedlich. Die Bausparkassen verweisen auf viele Gerichtsurteile, die ihnen recht geben. Doch es gibt auch Urteile zugunsten der Bausparer. Ende März entschied das Oberlandesgericht Stuttgart: Die Vorschrift in Paragraf 489 BGB ist nicht auf Bausparverträge anwendbar. Die Bausparkasse darf erst kündigen, wenn das Guthaben die Bausparsumme erreicht (Az. 9 U 171/15). Auch nach Ansicht des Landgerichts Karlsruhe dürfen Bausparkassen nicht kündigen, solange der Kunde Anspruch auf ein Darlehen hat (Az. 7 O 126/15). Das letzte Wort wird erst der Bundesgerichtshof haben. Damit ist allerdings nicht vor 2017 zu rechnen.
Tipp: Um ihre Rechte zu wahren, sollten Bausparer der Kündigung ihrer Kasse in jedem Fall schriftlich widersprechen.
Die Bausparkasse kürzt den Sparbeitrag
Sparraten gedeckelt. Viele Sparer sind verärgert, weil sie nicht mehr so viel Geld auf ihr Bausparkonto zahlen dürfen wie bisher. Die LBS Baden-Württemberg beispielsweise lässt seit Jahresbeginn bei Tarifen ab 1,5 Prozent Guthabenzinsen nur noch Sparraten von maximal 5 Promille der Bausparsumme im Monat zu. Beträgt die Bausparsumme zum Beispiel 30 000 Euro, darf der Kunde höchstens 150 Euro im Monat sparen. Die LBS beruft sich wie andere Bausparkassen auf ihre Tarifbedingungen, nach denen Sonderzahlungen von ihrer Zustimmung abhängig sind. Darunter verstehen sie alles, was über den Regelsparbeitrag von etwa 3 oder 5 Promille der Bausparsumme im Monat hinausgeht. Dieser Beitrag ist im Tarif festgelegt.
Keine volle Wohnungsbauprämie. Viele Betroffene empfinden das als Vertragsbruch. Bausparkassen haben in der Vergangenheit damit geworben, dass Kunden ihren Vertrag ansparen dürfen, wie sie wollen. Mitunter steht das sogar auf der Bausparurkunde. Die Unternehmen selbst haben häufig Verträge mit Bausparsummen empfohlen, bei denen die vom Kunden gewünschte Sparrate weit über dem Regelsparbeitrag liegt. Jetzt dürfen sie oft nicht einmal genug einzahlen, um die staatliche Wohnungsbauprämie auszuschöpfen.
Tipp: In solchen Fällen sollten sich Bausparer wehren – vor allem wenn die Bausparkasse wusste, dass sie auf Dauer eine höhere Rate als den Regelsparbeitrag zahlen wollten. Das lässt sich zum Beispiel durch den Bausparantrag oder einen von der Bausparkasse erstellten Sparplan belegen.
Die Bausparkasse fordert eine Nachzahlung
Mal zahlt der Bausparer angeblich zu viel, mal zu wenig. Die Aachener und die BSQ Bausparkasse beispielsweise fordern eine Nachzahlung, wenn der Kunde mit den Regelsparraten im Rückstand ist. Andernfalls drohen sie mit der Kündigung. Die Möglichkeit dazu haben sie sich im Kleingedruckten offengehalten. Wie viele Beiträge die Bausparkasse höchstens nachfordern kann und wann genau sie kündigen darf, sollten Bausparer anhand der Bedingungen ihres Vertrags prüfen.
Tipp: Hält sich die Bausparkasse an diese Regeln, hilft meist nur eines: den Betrag nachzahlen, um der Kasse keinen Vorwand für die Kündigung zu geben.
Die Bausparkasse droht damit, Bonuszinsen zu streichen
Viele Verträge sehen vor, dass die Bausparkasse Bonuszinsen zahlt oder die Abschlussgebühr erstattet – vorausgesetzt der Bausparer verzichtet nach der Zuteilung auf ein Bauspardarlehen und lässt sich nur das Guthaben auszahlen. Viele Kassen drohen damit, den Bonus einzubehalten, falls der Kunde mehr als die Bausparsumme spart. Der Kunde habe dann keinen Darlehensanspruch mehr. Also könne er auch nicht darauf verzichten. Verbraucherzentralen halten dagegen: Die Bonuszinsen stehen dem Bausparer zu. Mit dem Übersparen des Vertrags verzichtet er stillschweigend auf ein Darlehen. Wie die Gerichte in so einem Streitfall entscheiden, ist offen.
Tipp: Wer die Bonuszinsen nicht riskieren will, sollte sich besser sein Guthaben auszahlen lassen, solange die Bausparsumme noch nicht erreicht ist.
Die Bausparkasse rät zum Vertragswechsel
Wenn Bausparkassen Altverträge nicht kündigen können, greifen sie oft zu Tricks, um den Kunden zum freiwilligen Ausstieg zu bewegen. Sie versuchen zum Beispiel, ihn zum Wechsel in einen anderen Tarif zu überreden, der ihm zwar weniger Sparzinsen, aber die Aussicht auf ein günstigeres Darlehen bietet. Oder sie bieten im Tausch gegen den alten Vertrag eine scheinbar lukrative Geldanlage an. Solche Vorschläge haben eines gemeinsam: Sie sind nur für die Bausparkasse gut. Der Kunde fährt fast immer viel schlechter als mit dem alten Vertrag. Mitunter verliert er mehrere Tausend Euro Zinsen.
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