Enttäuschung für hunderttausende Bausparer: Bausparkassen dürfen kündigen, wenn der Kunde zehn Jahre nach der Zuteilungsreife seines Vertrags noch immer kein Darlehen abgerufen hat. Das hat der Bundesgerichtshof am 21. Februar 2017 in zwei Grundsatzurteilen zugunsten der Bausparkasse Wüstenrot entschieden. Für Verträge mit Bonuszinsen kann es jedoch Ausnahmen geben.
Bundesgerichtshof bestätigt Bausparkassen
Seit 2014 haben Bausparkassen schätzungsweise 250 000 Bausparverträge gekündigt, die bereits seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif waren. Nach den BGH-Urteilen kann sich eine Bausparkasse zu Recht auf das allgemeine Darlehensrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch berufen. Danach darf jeder Kreditnehmer zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang der Darlehnssumme mit einer Frist von sechs Monaten kündigen. Das gilt auch für Bausparverträge, stellte der BGH klar. In der Ansparphase sei die Bausparkasse der Darlehensnehmer, der vom Bausparer ein Darlehen bekommt. Dieses Darlehen habe die Bausparkasse in der Regel mit der Zuteilungsreife vollständig erhalten. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, ab dem der Bausparer selbst ein Darlehen von der Bausparkasse abrufen kann. Wie jedem Darlehensnehmer stehe der Bausparkasse zehn Jahre danach das gesetzliche Kündigungsrecht zu.
Ausnahme bei Bonus-Verträgen
Eine Ausnahme gibt es für Bausparverträge, die bei Darlehensverzicht einen Zinsbonus oder eine Treueprämie vorsehen. Dann darf die Bausparkasse erst kündigen, wenn auch der Bonusanspruch schon seit mindestens zehn Jahren besteht. Praktische Bedeutung hat das nur in Fällen, in denen die Voraussetzungen für den Zinsbonus erst nach der Zuteilungsreife erfüllt sind. Das hängt vom Tarif und vom Sparverlauf ab.
Altverträge bringen oft noch 3 bis 5 Prozent Zinsen
Hintergrund der Kündigungswelle: Viele Bausparer besitzen noch einen Altvertrag mit Guthabenzinsen von zwei bis vier Prozent. Bei Vertragsabschluss war das eher wenig. Doch heute sind diese Verträge eine unschlagbar gute Geldanlage, die Bausparer so lange wie möglich behalten wollen (siehe Meldung Die neuen Tricks der Bausparkassen). Wenn sie auf ein Darlehen verzichten, steht ihnen sogar oft noch ein Zinsbonus zu, der die Gesamtverzinsung auf 4 bis 5 Prozent erhöht. Mit solchen Tarifen hatten Bausparkassen in der Vergangenheit gezielt um Sparer geworben, die in erster Linie ihr Geld anlegen wollten und gar keine Baufinanzierung im Sinn hatten.
Bausparkassen wollen Altkunden loswerden
Heute sind die Altverträge für die Bausparkassen eine Belastung, weil sie die Guthabenzinsen in der Niedrigzinsphase kaum noch erwirtschaften können. Deshalb wollen sie ihre Altkunden möglichst schnell loswerden. Nach den aktuellen Urteilen des Bundesgerichtshofes steht nun fest: Wer sein Darlehen zehn Jahre nach der ersten Zuteilungsmöglichkeit noch nicht abgerufen hat, kann sich nur noch in Ausnahmefällen gegen eine Kündigung wehren. Die Kündigungswelle wird daher anhalten.
Diese Meldung ist erstmals am 21. Februar 2017 auf test.de erschienen. Wir haben sie am 31. März 2017 aktualisiert.
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@manne_1: Bitte haben Sie Verständnis, dies ist nicht der richtige Ort für eine individuelle Rechtberatung. Diese ist den Verbraucherzentralen und Rechtsanwälten vorbehalten. Wir kennen Ihre zugrunde liegenden Bausparbedingungen nicht, daher können wir nicht beurteilen, ob Sie wirklich in Rückstand sind. Da Ihre anfängliche monatliche Sparleistung in Höhe von 40 Euro vermutlich weit über dem Regelsparbeitrag lag, besteht die Möglichkeit, dass unter Anrechnung der Sonderzahlungen Sie bereits mehr eingezahlt haben, als es mit dem reinen Regelsparbeitrag nötig gewesen wäre. Dazu müssten Sie in Ihren Bedingungen nachschauen, ob die Sonderzahlungen angerechnet werden. Notfalls lassen Sie sich von einer Verbraucherzentrale dahingehend beraten. Zu den rückständigen Regelsparbeiträgen gibt es, soweit uns bekannt, noch keine klare und vor allem einheitliche Rechtsprechung. (AK)
BHW fordert für einen Bausparvertrag von 5.000 € (abgeschlossen 06/2005 im Tarif BHW Dispo maxx; zuteilungsreif 01.07.2010) der z. Zt einen Kontostand von ca. 4400 € hat eine Nachzahlung von 598,48 €. Sonst erfolgt die Kündigung!! Der Vertrag wurde (auf Anraten von Finanztest (Heft 01/2013!!!!) Beitragsfrei gestellt und nur durch die Zinsen bespart (ab 01/2013).
Die monatliche Sparrate betrug 40 €. (VL).
Wie die Nachzahlungsforderung zustande kommt, wurde durch BHW nicht aufgeschlüsselt!!!!!
Von 01/2013 bis jetzte (12/2017) wurden keine Nachzahlungen gefordert!!!!!
LT. Vertragsbedingungen (§ 2 Absatz 3) darf BHW kündigen, wenn mehr als 6 Regelbeiträge nicht eingezahlt wurden.
Darf BHW die Nachzahlung in dieser Höhe fordern?????? oder nur 6 Monatsbeiträge???????
Die Nachzahlung würde natürlich die Bausparsumme erreichen und zur Kündigung seites BHW führen!! Ein Schelm, wer arges dabei denkt!!!
Was ist zu tun?
Kommentar vom Autor gelöscht.
@MM; @charlotte51: Viele Bausparkassen drohen damit, den Zinsbonus zu streichen, falls der Kunde mehr als die Bausparsumme spart. Begründung: Den Bonus gibt es laut Tarif nur bei Darlehensverzicht. Überspart der Kunde die Bausparsumme, hat er keinen Darlehensanspruch mehr. Also könne er auch nicht darauf verzichten. Verbraucherzentralen halten dagegen: Die Bonuszinsen stehen dem Bausparer zu. Mit dem Übersparen des Vertrags verzichtet er stillschweigend auf ein Darlehen. Wie die Gerichte so einen Streitfall entscheiden, ist offen. Wenn Sie die Bonuszinsen nicht aufs Spiel setzen wollen, sollten Sie sich Ihr Guthaben auszahlen lassen, kurz bevor es die Bausparsumme erreicht.
Siehe:
www.test.de/FAQ-Bausparvertraege-Gebuehren-zurueckfordern-Vertragskuendigung-stoppen-5125448-0/ (TK)
Der Garantiezins ist der HÖCHSTrechnungszins. Versicherungen können jederzeit mit einem niedrigeren Zins rechnen. Sie brauchen dafür nicht den Staat. Und warum sollte der BGH gegen eine Vorfälligkeitsentschädigung einschreiten? Der Bausparer und die Bausparkasse haben einen Vertrag geschlossen, an den sich beide Seiten zu halten haben. Fertig.