Baurecht

Diese fünf Verbesserungen bringt das neue Bauvertrags­recht

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Baurecht - Wie Sie Fallen im Bauvertrag vermeiden

© Getty Images / Chayapon Bootboonneam / EyeEm

Für Bauverträge, die seit Januar 2018 geschlossen werden, gilt neues Recht. Die Reform bringt einige Verbesserungen für Bauherren. Wir nennen die fünf wichtigsten.

1. Widerrufs­recht bei Neubau und erheblichem Umbau

Private Bauherren können einen „Verbraucherbau­vertrag“ nun 14 Tage lang widerrufen (Paragraf 650l des Bürgerliches Gesetz­buchs [BGB]). Wer sich zum Beispiel von einem Fertighausanbieter auf einer Haus­messe den Abschluss eines Bauvertrags hat aufschwatzen lassen und Tage später fest­stellt, dass das Angebot doch nicht so günstig ist, kann noch einen Rück­zieher machen. Hat die Baufirma bei Vertrags­schluss nicht korrekt über das Widerrufs­recht aufgeklärt, ist ein Widerruf sogar zwölf Monate und 14 Tage lang möglich. Der Kunde muss den Widerruf nicht begründen.

Als Verbraucherbau­vertrag gelten Verträge zum Bau eines neuen Hauses aus einer Hand. Das heißt: Vor allem Verträge mit General­unternehmern und Fertighausanbietern können Verbraucher 14 Tage lang widerrufen (siehe auch Bauvertrags-Varianten).

Ausnahmen. Wer die Bauarbeiten einzeln vergibt, also die Erdarbeiten an Firma A, den Rohbau an Firma B und die Dach­eindeckung an Firma C, hat bei den einzelnen Verträgen kein Widerrufs­recht nach Paragraf 650l BGB. Das gilt auch für den Auftrag an den Architekten zur Planung eines Gebäudes.

Allerdings haben private Bauherren trotz Einzel­vergabe der Arbeiten doch ein Recht zum Widerruf, wenn der Bauvertrag außer­halb der Geschäfts­räume des Hand­werkers oder der Baufirma geschlossen wurde (Paragraf 312b und 312c BGB). Dieses Widerrufs­recht gab es schon vor 2018.

Widerruf bei Umbau von Altbau. Das neue Widerrufs­recht gilt auch bei Verträgen, die „erhebliche Umbaumaß­nahmen“ an einem bestehenden Gebäude vorsehen. Was genau „erhebliche Umbaumaß­nahmen“ sind, sagt das Gesetz nicht. Rechts­anwalt Holger Freitag vom Verband Privater Bauherren (VPB) erklärt: „Als erheblicher Umbau kann sicher die Kernsanierung hinter einer historischen Fassade gelten. Der Neubau einer Garage an ein bestehendes Einfamilien­haus fällt sehr wahr­scheinlich nicht darunter.“

Erwerb vom Bauträger. Wer Haus und Grund­stück als Paket von einem Bauträger erwirbt, hat zwar kein Widerrufs­recht. Ein Bauträger­vertrag muss aber notariell beur­kundet werden. Der Notar ist verpflichtet, dem Verbraucher den Vertrags­entwurf zwei Wochen vor dem Beur­kundungs­termin auszuhändigen. In der Praxis hat der Kunde also auch hier 14 Tage lang Zeit zum Über­legen.

2. Bauherren haben Anspruch auf eine präzise Baubeschreibung

Private Bauherren, die sich ihr Eigenheim von einem Bauunternehmen aus einer Hand bauen lassen, haben neuerdings einen Anspruch auf eine Baubeschreibung nach Paragraf 650j BGB. Der Unternehmer muss dem Verbraucher die Baubeschreibung recht­zeitig vor Abschluss des Bauvertrages aushändigen.

Eine Baubeschreibung ist der Teil des Bauvertrages, in dem sämtliche Bauw­eisen, Materialien, Oberflächen und Ausbaustan­dards kompakt zusammengefasst sind. Rechts­anwalt Holger Freitag vom VPB sagt: „Viele Baubeschreibungen waren bisher so vage, dass Bauherren diesen etwa nicht entnehmen können, wie das Haus tech­nisch ausgestattet sein wird, welches Heiz­system geplant ist oder ob die Haus­anschlüsse im Preis enthalten sind.“

Nun muss eine Baubeschreibung einige Mindest­angaben enthalten, etwa:

  • Art und Umfang der vom Bauunternehmer angebotenen Leistungen,
  • Gebäude­daten, Pläne mit Raum- und Flächen­angaben sowie Ansichten, Grund­risse und Schnitte,
  • Angaben zum Energie-, zum Brand­schutz- und zum Schall­schutz­stan­dard sowie zur Bauphysik,
  • Beschreibung der Sanitär­anlagen, der Armaturen und der Elektro­anlage,
  • Beschreibung des Innen­ausbaus,
  • Zeit­punkt für die Fertigstellung des Hauses oder, wenn der Baubeginn noch nicht fest­steht, die Dauer der Bauarbeiten.

Bisher haben Verbraucher Angebote von Baufirmen vor allem über den Preis bewertet. „Mit zwei, drei Baubeschreibungen in der Hand können sie jetzt besser ermitteln, welches Angebot VW ist und welches Mercedes“, so Holger Freitag.

Keine Sanktion. Allerdings muss ein Bauunternehmer keine Sanktion fürchten, wenn er dem Kunden vor Vertrags­schluss keine Baubeschreibung aushändigt. Unter­schreibt der Kunde ohne Baubeschreibung, ist der Vertrag wirk­sam. In solchen Fällen sollte der Kunde die 14-tägige Widerrufs­frist nutzen, um den Vertrag gründlich prüfen zu lassen.

Das gilt bei Unklarheiten. Erhält der Verbraucher eine Baubeschreibung, wird sie mit Abschluss des Bauvertrages Teil des Vertrags. Die Folge: Unklarheiten in der Beschreibung gehen zulasten des Bauunternehmers. Verspricht die Baubeschreibung zum Beispiel viele Bauleistungen „mit hohem Qualitäts- und Komfort­stan­dard“, lässt aber den Schall­schutz unerwähnt, kann die Baufirma später nicht nur einfachen Schall­schutz verbauen. Sie muss dann auch beim Schall­schutz über­durch­schnitt­liches Niveau liefern.

3. Schutz des Verbrauchers durch Ober­grenze für Abschlags­zahlungen

Bauverträge enthalten in der Regel einen Zahlungs­plan. Darin steht, wann der Bauherr welche Summe zahlen muss. Erst wenn der Unternehmer einen fest­gelegten Bauabschnitt erledigt hat, wird der nächste Abschlag fällig.

Das neue Bauvertrags­recht schreibt nun vor, dass eine Baufirma vor Fertigstellung des Gebäudes höchs­tens 90 Prozent der Gesamt­bausumme fordern darf (Paragraf 650m BGB). Das heißt: Wenn der Bauunternehmer den letzten Bauabschnitt zur Fertigstellung eines 600 000-Euro-Hauses angeht, müssen von der Gesamt­rechnung mindestens noch 10 Prozent offen sein. Die restlichen 60 000 Euro bekommt er erst, wenn alle Arbeiten erledigt sind und der Bau keine wesentlichen Mängel mehr hat.

Bisher verlangten Bauunternehmen zum Teil vor Beginn der letzten Bauarbeiten volle Bezahlung. Verbraucher hatten dann kein Druck­mittel mehr, wenn sich bei der Schluss­abnahme des Gebäudes Mängel zeigten.

Die Begrenzung für Abschlags­zahlungen gilt leider nicht für den Erwerb eines Hauses vom Bauträger.

4. Bauherren können in der Bauphase Änderungen einseitig anordnen

Bauherren können nach neuem Recht Änderungen während der Bauphase anordnen. Wer sich etwa nach Baubeginn für zwei Dachgauben entscheidet statt wie ursprüng­lich geplant nur eine Gaube, kann diesen Wunsch durch­setzen (Paragraf 650b BGB).

Holger Freitag vom Verband der Privaten Bauherren warnt aber davor, von dem neuen Recht unüber­legt Gebrauch zu machen. Jede Anordnung verzögert den Bau. Auf jeden Änderungs­wunsch folgt erst einmal eine 30-tägige Phase. In der sollen sich die Parteien einig werden, welche Vergütung der Unternehmer für die Mehr­arbeit erhält.

Der Unternehmer kann Änderungs­wünsche ablehnen, wenn die neuen Pläne für ihn unzu­mutbar sind. Was zumut­bar ist, sagt das Gesetz nicht. Darf der Bauunternehmer die zwei Dachgauben zum Beispiel ablehnen, wenn ihm für die zusätzlichen Bauarbeiten das Personal fehlt? Streit über diese Frage ist absehbar.

Einseitige Anordnungen vom Bauherrn können am Ende außerdem sehr teuer werden. Denn werden sich Kunde und Bauunternehmen in der 30-Tage-Verhand­lungs­phase preislich nicht einig und ordnet der Bauherr die Bauänderung dennoch an, hat der Unternehmer einen gesetzlichen Anspruch auf 80 Prozent der Summe, die er zuvor in den Verhand­lungen gefordert hatte. VPB-Anwalt Holger Freitag fürchtet, dass die Unternehmer deshalb in den Diskussionen um die vom Bauherrn verlangten neuen Bauwünsche Mond­preise verlangen werden.

Es lohnt, vor Vertrags­schluss sorgfältig zu planen. Dann sind teure und zeitraubende Änderungen nach Baubeginn nicht nötig.

5. Anspruch auf wichtige Dokumente von der Baufirma

Bislang kamen private Bauherren zum Teil nicht an wichtige Planungs­unterlagen von der Baufirma heran, die sie gegen­über Behörden benötigten, um die Einhaltung bestimmter öffent­lich-recht­licher Vorschriften nach­zuweisen. Jetzt haben sie einen gesetzlichen Anspruch auf solche Dokumente (Paragraf 650n BGB).

Gemeint sind zum Beispiel Unterlagen, die ein Bauherr braucht, um zu belegen, dass er die Vorgaben des Erneuer­bare-Energien-Wärmegesetzes einge­halten oder die Förderbedingungen eines KfW-Kredits erfüllt hat.

Der Bauherr hat diesen Heraus­gabe­anspruch allerdings dann nicht, wenn er selbst oder sein Architekt für die Planung des Hausbaus verantwort­lich ist.

Bisher war ein Hausbau recht­lich wie ein Friseur­besuch. Nun hat das Bürgerliche Gesetz­buch extra Regeln zum Bauvertrag.

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rs2507 am 29.01.2018 um 11:52 Uhr
Einmal im Leben ... ?

Im Gegensatz zum Kunden eines Friseursalons, bei dem auch die misslungene Tätigkeit eines dilettantischen "Hair-Stylisten" keine wirklich dauerhaften Schäden hinterlässt, ärgern sich private Bauherren noch jahre- oder jahrzehntelang über sinnlos vergeudetes Geld.
Deshalb: Bauen niemals nach "Methode Semmeling",
sondern "Mit dreisten Unternehmen macht man besser keine Geschäfte." ;-)
Guter und informativer Artikel.