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Kein Bauvertrag ohne Vorabprüfung durch einen Experten. Das hilft, Fallen aufzudecken und unseriöse Anbieter zu meiden.
Die Baubranche boomt. Die niedrigen Zinsen machen es möglich. Handwerker und Bauunternehmen sind auf Monate ausgelastet. Die Folge: Bauunternehmen diktieren ihren Kunden die Bedingungen.
Doch auch wenn Bauunternehmen zur schnellen Unterschrift drängen, sollte niemand einen Bauvertrag ohne Prüfung durch einen Rechtsexperten unterschreiben. Denn jede Bauweise – ob Architektenhaus, Reihenhäuschen vom Generalunternehmer oder Eigentumswohnung vom Bauträger – hat ihre rechtlichen Tücken, die für Laien nicht einfach zu erkennen sind.
Das neue Baurecht, das seit Januar 2018 gilt, macht vielen, die jetzt erst einen Bauvertrag unterschreiben, das Leben zumindest etwas leichter. Es bringt vor allem denen Verbesserungen, die mit Generalunternehmer bauen. Finanztest erläutert, worauf Bauherren beim Bauvertrag achten sollten und wo sie Rat und Hilfe bekommen.
Unser Rat
Vertragsprüfung. Bevor Sie mit einer Baufirma einen Bauvertrag unterschreiben, sollten Sie ihn unter rechtlichen und bautechnischen Gesichtspunkten prüfen lassen. Das kostet bei spezialisierten Vereinen und Verbraucherzentralen je nach Zeitaufwand ein paar Hundert Euro. Anbieter finden Sie in der Tabelle Neubau geplant?.
Alternativen. Die juristische Vertragsprüfung können Sie auch von einem Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht machen lassen. Eine bautechnische Prüfung des Vertrags bieten neben den in der Tabelle genannten Organisationen einzelne Sachverständige oder Architekten an. Anwälte finden Sie über anwaltauskunft.de, Architekten über die Bundesarchitektenkammer (bak.de). Sonstige Bauexperten finden Sie etwa über bvpi.de oder in Suchmaschinen mit dem Suchbegriff „Bausachverständige“.
Baubegleitung. Während der Bauphase sollten Sie sich ebenfalls von einem Experten helfen lassen. Eine Baubegleitung bieten viele der in der Tabelle genannten Organisationen an. Fragen Sie nach. Die Experten gehen regelmäßig über den Bau und prüfen ihn. Manche helfen auch, wenn mit der Baufirma über die Beseitigung von Mängeln verhandelt werden muss. Für ein normales Einfamilienhaus müssen Sie mit Kosten von rund 1 Prozent der Bausumme rechnen.
Buch. Das große Bauherren-Handbuch der Stiftung Warentest begleitet Sie mit Checklisten und Planungshilfen durch sämtliche Stadien des Hausbaus – von der Baufinanzierung bis zur endgültigen Bauabnahme. Die neuen, seit Januar 2018 geltenden Verbraucherschutzregeln für Bauherren sind eingearbeitet. Sie können das große Bauherren-Handbuch in unserem Online-Shop bestellen. (Preis: 39,90 Euro, für Abonnenten: 33,99 Euro).
Maßgeschneidertes Architektenhaus oder Eigenheim „von der Stange“
Was beim Hausbau rechtlich zu beachten ist, hängt davon ab, mit welchem Partner man zusammenarbeitet. Wer sich sein Traumhaus vom Architekten maßschneidern lässt und die Arbeiten von der Baugrube bis zum Dachstuhl an Baufirmen vergibt, schließt mehrere Verträge ab: einen mit dem Architekten (Bauvertrags-Varianten) und einen mit jeder Baufirma.
Diese Form des Bauens bietet Bauherren viele Freiheiten, bedeutet wegen der vielen Vertragspartner aber auch viel Papierkram. Laut einer Umfrage des Bauherren-Schutzbundes (BSB) kommt die klassische Architektenbauweise nur selten vor. Rund 10 Prozent aller Bauherren entscheiden sich dafür.
Rund ein Drittel erwirbt sein Eigenheim vom Bauträger. Das hat praktische Gründe. Viele Menschen besitzen keinen Bauplatz. Vom Bauträger bekommen sie Grundstück und Immobilie aus einer Hand (Bauvertrags-Varianten).
Am beliebtesten ist das Eigenheim von einen Bauunternehmen, das im Fachjargon Generalunternehmer oder Generalübernehmer genannt wird. Rund die Hälfte aller Bauherren wählt diese Variante. Viele schätzen daran, dass sie beim Bau nur einen Vertragspartner haben. Die Baufirmen arbeiten meist mit Subunternehmen. Der Generalunternehmer errichtet den Rohbau oft selbst und vergibt den Rest an Subunternehmer. Der Generalübernehmer lässt alles Subunternehmen machen. Er ist vor allem Koordinator.
Im Gegensatz zum Architektenhaus ist eine Immobilie vom Generalunternehmer oder vom Bauträger oft ein Typenhaus, also ein Haus, das auf den Bedarf einer typischen Familie zugeschnitten ist. Es kann auch ein Fertighaus sein, bei dem vorgefertigte Bauteile wie Wände oder Decken montiert werden. Den Gestaltungsideen des Bauherrn sind bei diesen Bauformen also einige Grenzen gesetzt.
Versteckte Kostenfallen beim Bau mit Generalunternehmern und Bauträgern
Weil sie oft ein „schlüsselfertiges Haus“ zum „Festpreis“ versprechen, ist der Hausbau mit Generalunternehmer oder Generalübernehmer beliebt. Der Verbraucher zahlt die bei Abschluss des Bauvertrages vereinbarten Raten gemäß Baufortschritt und zieht ein, wenn das Haus fertig ist – so das Ideal.
Passen Kunden nicht auf, kann das „Bauen zum Festpreis“ teurer als gedacht werden. Der Festpreis bezieht sich nur auf Leistungen, die in der Bau- und Leistungsbeschreibung des Bauvertrags erwähnt sind. Unterschreibt der Bauherr zum Beispiel einen Vertrag, in dem nicht steht, dass die Baufirma das Haus ans Stromnetz anschließt, zahlt er dafür extra.
Schwammige Formulierungen im Bauvertrag oder im Vertrag mit dem Bauträger sind streitanfällig. Wenn dort für die Fliesen im Badezimmer „Markenfabrikate von führenden Herstellern“ vorgesehen sind, wird die Baufirma wahrscheinlich die billigsten Fliesen eines Markenherstellers einbauen wollen. Der Bauherr stellt sich wohl eher die Luxusvariante vor. Es ist daher immer ratsam, einen Bauvertrag vor Unterschrift prüfen zu lassen und die Bau- und Leistungsbeschreibung möglichst präzise zu fassen.
Rechtsrat bekommen Verbraucher zum Beispiel bei den in der Tabelle genannten Organisationen. Sie können auch zum Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht gehen.
Falle in Bauträgerverträgen: Pflicht zur Vorkasse
Laien werden auch die Fallen in den Zahlungsplänen von Bauträgerverträgen nicht bemerken. Häufig verlangen Bauträger bereits vor Abnahme der Wohnung die letzte Rate. Sonst gibt es keine Übergabe. Das widerspricht dem gesetzlichen Leitbild, wonach einer Baufirma der volle Kaufpreis erst nach Wohnungsabnahme ohne wesentliche Mängel zusteht. Erst die Arbeit – ohne Mängel –, dann die Bezahlung. Für den Verbraucher ist Vorkasse riskant. Geht die Baufirma vor Fertigstellung des Baus pleite, ist die Vorauszahlung weg und der Kunde sitzt auf einer Bauruine.
Auch Generalunternehmer verlangen Vorkasse
Die Verträge, die Generalunternehmer oder Generalübernehmer Verbrauchern vorlegen, sehen nicht besser aus. Anfang 2017 untersuchte der Bauherren-Schutzbund hundert Zahlungspläne solcher Baufirmen. Nur zwei waren aus Verbrauchersicht akzeptabel.
Auch diese Verträge enthalten oft die Klausel, dass schon vor Endabnahme des Baus die volle Summe fällig ist. Das berichtet Wendelin Monz, Vertrauensanwalt vom Bauherren-Schutzbund. Wer schon alles bezahlt, hat kein finanzielles Druckmittel mehr, wenn sich bei der Endabnahme Mängel zeigen.
Eine gute Nachricht für Verbraucher, die mit Generalunternehmer oder -übernehmer bauen: Seit Januar 2018 gilt ein neues Bauvertragsrecht. Für Neubauten und umfassende Umbauarbeiten an bereits bestehenden Gebäuden gilt nun: Bis zur endgültigen Abnahme der Bauarbeiten darf der Unternehmer nicht mehr als 90 Prozent der Gesamtsumme verlangen. Die restlichen 10 Prozent kann der Bauherr so lange zurückhalten, bis der Bau fertig ist und die Firma wesentliche Mängel am Bau behoben hat.
Verbraucher, die Grundstück und Hausbau als Paket vom Bauträger erwerben, stehen schlechter da. Für sie gelten viele der neuen Verbraucherschutzvorschriften nicht. Nach der Makler- und Bauträgerverordnung darf ein Bauträger vom Kunden bis zur Endabnahme der Bauarbeiten 96,5 Prozent des gesamten Preises verlangen.
Falle: Fehlende Sicherheit für den Fall einer Insolvenz von Bauunternehmen
Viele Bauherren haben Angst, dass ihr Bauunternehmen in der Bauphase insolvent wird. Für Bauherren weniger schlimm ist es, wenn das Subunternehmen eines Generalunternehmers, Generalübernehmers oder eines Bauträgers pleite geht. Die Insolvenz des Subunternehmens betrifft den Bauherren nicht direkt. Der Unternehmer oder Bauträger muss sich um Ersatz kümmern. Heftig wird es hingegen, wenn der einzige Vertragspartner des Verbrauchers zahlungsunfähig wird, also der Generalunternehmer, -übernehmer oder Bauträger selbst. Die Fertigstellung einer Bauruine kann erhebliche Mehrkosten beim Kunden verursachen.
Einen kleinen Puffer für diesen Notfall hat das Gesetz eingebaut. Nach neuer wie auch nach alter Rechtslage haben private Bauherren Anspruch auf eine sogenannte Fertigstellungssicherheit in Höhe von 5 Prozent der gesamten Bausumme. Das bedeutet: Schließt ein Verbraucher einen Bauvertrag ab, muss das Bauunternehmen ihm bei Baubeginn eine Sicherheit in dieser Höhe geben, etwa in Form einer Bankbürgschaft.
Das gilt für Geschäfte mit Generalunternehmern, -übernehmern und auch Bauträgern. Wird die Baufirma während der Bauphase insolvent, hat der Kunde wenigstens die 5 Prozent der Bausumme.
Eigene Schmerzgrenze bestimmen und dreiste Baufirmen meiden
So weit die Theorie. Die Praxis ist weniger schön: In vielen Bauverträgen steht nichts von dieser Sicherheitsleistung. Theoretisch könnten Bauherren diese Sicherheit notfalls auch nach Vertragsschluss noch einfordern. Das macht aber niemand. „Bauherren wollen wohnen, nicht prozessieren“, sagt Rechtsanwalt Monz.
Also müssen Bauherren alles daran setzen, dass die Sicherheitsleistung im Vertrag mit dem Bauunternehmen erwähnt wird. Die Marktlage für solche Vertragsverhandlungen ist zwar nicht gut. Nach den Erfahrungen von Anwalt Monz vom Bauherren-Schutzbund ist ein bisschen Verhandlungsspielraum aber eigentlich immer drin.
„Nicht jedes Risiko im Bauvertrag wird man wegverhandeln können“, so Monz. „Die Kompromissbereitschaft des Unternehmers bei den Verhandlungen kann aber ein Gradmesser sein, wie er sich verhalten wird, wenn es bei der Bauausführung tatsächlich zu Schwierigkeiten kommt.“ Mit dreisten Unternehmen macht man besser keine Geschäfte.
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Im Gegensatz zum Kunden eines Friseursalons, bei dem auch die misslungene Tätigkeit eines dilettantischen "Hair-Stylisten" keine wirklich dauerhaften Schäden hinterlässt, ärgern sich private Bauherren noch jahre- oder jahrzehntelang über sinnlos vergeudetes Geld.
Deshalb: Bauen niemals nach "Methode Semmeling",
sondern "Mit dreisten Unternehmen macht man besser keine Geschäfte." ;-)
Guter und informativer Artikel.