
Geht beim Bauen etwas schief, droht der Ruin. Finanztest sagt, welche Bauversicherungen gut und günstig schützen.
Wer anderen eine Grube gräbt, ist oft Bauherr. Auch wenn es keine Absicht ist: Immer mal wieder fällt jemand rein. Dafür muss der Bauherr in der Regel zahlen. Hat sich das Opfer schwer verletzt, droht ganz schnell der Ruin. Schutz bietet eine Bauherren-Haftpflichtversicherung. Sie zahlt, wenn der Bauherr haftet. Ohne sie sollte er besser gar nicht erst anfangen zu bauen.
Zweite wichtige Versicherung für Bauherren: die Bauleistungsversicherung. Sie zahlt, wenn auf der Baustelle wegen unvorhersehbarer Umstände Schäden entstehen. Deckt ein Sturm noch während der Bauarbeiten plötzlich das Dach ab oder stürzt nach einem Starkregen die Baugrube ein, kann das den Bauherrn ohne solchen Versicherungsschutz ebenfalls ruinieren.
Thema Nummer eins auf allen Baustellen: die Sicherheit. Zahllose Vorschriften und Regeln sollen Unfälle verhindern. Keine Berufsgenossenschaft verhängt so viele Bußgeldbescheide wegen Verstößen gegen Unfallverhütungsvorschriften wie die der Bauwirtschaft. Trotzdem bleiben Baustellen gefährlich.
Laut Statistik ist die Baubranche der mit Abstand gefährlichste Wirtschaftszweig. Knapp 104 000 Arbeitsunfälle registrierte die Bau-Berufsgenossenschaft im Jahr 2014. Fast 56 von 1 000 Arbeitern waren nach einem Unfall drei oder mehr Tage arbeitsunfähig, 81 starben. Wie viele Menschen jenseits von Arbeitsunfällen auf Baustellen verunglückten, erfasst die Statistik nicht.
Wenn sich auf Baustellen wegen unzureichender Unfallverhütung oder Fahrlässigkeit ein Unfall ereignet, steht fast immer der Bauherr für die Folgen gerade. Die Haftung ist streng: Wegen der besonderen Gefahren muss er die Baustelle perfekt absichern. Das lückenlos zu schaffen, ist fast unmöglich.
Der Bauherr kann die Pflicht zur Absicherung zwar auf Firmen oder einen Bauleiter übertragen, aber auch das ist Unfallopfern gegenüber oft unwirksam. Dann muss zunächst doch wieder er zahlen. Ob er später vom unmittelbar verantwortlichen Bauleiter oder Firmeninhaber vollständig Ersatz erhält, ist in solchen Fällen ungewiss.
Selbst wenn einen Bauherrn an einem Unfall überhaupt keine Schuld trifft, muss er oft Schadenersatz zahlen. Helfer sind rechtlich sogenannte Verrichtungsgehilfen. Der Bauherr haftet für sie. Ausnahme: Er kann nachweisen, dass er sie sorgfältig ausgewählt und überwacht hat. Die Gerichte sind aber streng. Völlig unabhängig von jedem Verschulden hat der Bauherr die Eigentümer von Nachbargrundstücken zu entschädigen, wenn diese von den Arbeiten auf seinem Grundstück erheblich beeinträchtigt werden.
Muss: Bauherren-Haftpflichtpolice
Schutz gegen die unkalkulierbaren Risiken bietet die Bauherren-Haftpflichtversicherung. Sie zahlt, wenn der Bauherr Schadenersatz zahlen muss. Ebenfalls wichtig: Sie verteidigt ihn, wenn er unberechtigt auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird. Seine Rechtsschutzversicherung muss er in einem solchen Fall nicht einschalten.
Manche angehenden Häuslebauer sind bereits über ihre Privathaftpflichtversicherung geschützt. Zumindest für kleinere Baustellen reicht der Schutz bei sehr vielen Policen. Bei der Interrisk XXL (Finanztest-Qualitätsurteil sehr gut (0,7) siehe Haftpflichtversicherung im Test: Neue Policen sind besser, Beitrag damals: 98 Euro pro Jahr, Finanztest 12/2014) etwa ist dieser Schutz ohne jede Begrenzung der Bausumme in der Privathaftpflichtversicherung enthalten. Schwarzwälder Fair Play direkt (sehr gut (1,2), 48 Euro) zahlt immerhin noch für bis zu 100 000 Euro teure Bauvorhaben – und der Schutz lässt sich gegen Mehrbeitrag auch auf teurere Baustellen erweitern. Oft allerdings reicht der Privathaftpflichtschutz nur für kleinere Baustellen.
In die für den Versicherungsschutz entscheidende Bausumme sind alle Kosten von der Einrichtung der Baustelle bis zur Fertigstellung einzurechnen. Der Preis fürs Grundstück zählt allerdings nicht mit.
Zeichnet sich im Laufe der Bauarbeiten ab, dass die Kosten die versicherte Bausumme übersteigen, müssen Bauherren sich sofort beim Versicherer melden. Sie laufen sonst Gefahr, dass der Versicherungsschutz komplett verloren geht. Klar: Ist bereits ein Schaden entstanden, kommt die Erhöhung der Versicherungssumme zu spät, es bleibt dann nur, auf Kulanz zu hoffen.
Verlängerung kostet extra
Jede Bauherren-Haftpflichtversicherung ist zeitlich befristet. Bei den meisten Angeboten im Test endet der Schutz spätestens nach zwei Jahren. Werden die Bauarbeiten nicht rechtzeitig fertig, müssen Bauherren unbedingt eine Verlängerung beantragen. Bei den meisten Versicherern gibt es die gegen einen Mehrbeitrag. Wenn nicht, hilft nur, eine neue Police abzuschließen.
Bei vielen Versicherern halbiert sich der Preis für den Haftpflichtschutz beim Bau von Fertighäusern. Die sind schneller fertig als Massivbauten. Entsprechend geringer ist das Unfallrisiko.
Gefährlicher wird es dagegen, wenn Häuslebauer selbst Hand anlegen. Wer viel selbst machen will, sollte daher einen Tarif wählen, bei dem ausreichend viel Eigenleistung mitversichert ist. Das ist je nach Vertrag beitragsfrei oder kostet einen Zuschlag.
Auch hier gilt: Übersteigen die Eigenleistungen im Laufe der Bauarbeiten, anders als geplant, den mitversicherten Wert, muss entweder der Versicherungsschutz erhöht werden oder eine neue Police her.
Kann: Bauleistungsversicherung
Weniger wichtig als der Haftpflichtschutz, aber ebenfalls sinnvoll ist eine Bauleistungsversicherung. Sie zahlt, wenn auf der Baustelle aus unvorhersehbaren Gründen Schäden entstehen. Im Ernstfall rettet diese Versicherung das Eigenheim. Viele Bauherren werden kaum in der Lage sein, einen von einem Unwetter zerstörten Rohbau auf eigene Kosten neu zu errichten.
Schutz mit Lücken
Doch eine Bauleistungsversicherung schützt längst nicht vor jedem finanziellen Risiko. So müssen Bauherren sich selbst helfen, wenn eines ihrer Bauunternehmen insolvent wird, bevor bezahlte Leistungen fertig werden. Auch Diebstahl ist nur und erst versichert, wenn Materialien fest eingebaut sind, solange sie lagern oder nur lose befestigt sind, zahlt die Bauleistungsversicherung nicht.
Auch nach einem Brand zahlt die Bauleistungsversicherung als solche nicht. Immerhin bietet gut die Hälfte der Versicherer im Test den Schutz vor Feuer gegen einen Aufschlag zusätzlich an. Er kostet zum Beispiel für ein 150 000-Euro-Bauvorhaben zwischen 18 und 68 Euro extra.
Alternative zur Erweiterung der Bauleistungsversicherung um den Brandschutz ist eine Feuerrohbauversicherung. Wohngebäudeversicherungen enthalten diesen Schutz oft ohne Aufpreis. Da nach Abschluss des Bauvorhabens ohnehin eine Wohngebäudeversicherung hermuss, können Bauherren die auch gleich abschließen.
Allerdings: Eine gute und günstige Wohngebäudeversicherung zu finden, ist nicht so einfach und erfordert etwas Zeit. Wer die während der Planungs- und Bauphase nicht hat, sollte sich entweder den Brandschutz als Extra zur Bauleistungsversicherung oder über eine Feuerrohbauversicherung sichern. Solche Policen gibt es für 150 000-Euro-Projekte ab etwa 100 Euro.
Noch vor dem Einzug sollten Bauherren eine Wohngebäudeversicherung für ihr Haus abschließen. Testergebnisse zu 91 Angeboten finden sie in unserem Test Wohngebäudeversicherung, Finanztest 5/2016.
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@paulpanterWÜ: Nicht alle Versicherer definieren die Bausumme gleich. Wir haben nicht untersucht, welche Versicherer die Kosten für die Leistungen von Architekten, Ingenieuren und Behörden dazu zählen oder ausschließen. Bitte fragen Sie vor dem Abschluss konkret beim Versicherer nach, was zur Bausumme gehört. (maa)
Es wird bei der Bauleistungsversicherung der Beitrag nach der Bausumme berechnet.
Handelt es sich hierbei um die Kostenschätzung gem. DIN 276-2006 oder um reine Erstellungskosten/Baukosten?
Die Frage ist insoweit von Bedeutung, da die Kostenschätzung der DIN auch die Nebenkosten der Kostengruppe 700 (Architektenhonorare etc.) enthalten sind. Diese betragen gerne mal rd. 20 %.
Vielen Dank
@beatit: Vandalismus ist eine vorsätzliche Beschädigung des Gebäudes oder des Baugrundstücks durch Dritte. Wir haben uns mit den (sicher vielfältigen) Möglichkeiten denkbarer Beschädigungen bei der Untersuchung nicht im Einzelnen befasst. Insofern müssten Sie bitte beim Versicherer nachfragen, welche Schäden genau durch die Bedingungen abgedeckt sind. (PH)
Mich würde es sehr interessieren, welche Art von Vandalismus bei einer Bauleistungsversicherung mitversichert ist. Bei unseren Nachbarn wurde das Schnurgerüst nach der Absteckung zerstört. Somit muss durch den Vermesser das Schnurgerüst erneut abgesteckt werden. Wäre diese Art von Vandalismus durch die Bauleistungsversicherung abgesichert bzw. wenn nicht, gibt es eine Versicherung, die solche Schäden absichern würde? Vielen Dank!
@OrSz80: Die entscheidende Frage ist: Wer ist Bauherr? Das kommt darauf an, wer mit wem die Bauverträge abgeschlossen hat. Die Regel dürfte sein: Jeder ist für seine Doppelhaushälfte der Bauherr und muss sich dann selbst um sein Haftpflichtrisiko kümmern. Es aber auch denkbar und ohne Weiteres zulässig, sich für den Bau eines Doppelhauses zusammenzutun und den Bau gemeinsam in Auftrag zu geben. Es gibt dann nur einen Bauvertrag, indem die beiden Bauherren gemeinsam das Bauunternehmen beauftragen. (dda)