Baufinanzierung Über­höhte Bereit­stellungs­zinsen vermeiden

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Baufinanzierung - Über­höhte Bereit­stellungs­zinsen vermeiden

Bevor der Kunde auch nur einen Cent Kredit bekommt, kassieren Banken über­höhte Bereit­stellungs­zinsen. Das kann die Finanzierung um tausende Euro verteuern.

Anfang der Neunziger­jahre zahlten Bauherren für ihren Kredit noch rund 10 Prozent Zinsen im Jahr. Zu Beginn des Jahr­tausends waren es 6,5 Prozent. Heute gibt es Baugeld mit zehn Jahren Zins­bindung bei den meisten Banken zu einem Zins­satz unter 2 Prozent.

Eines hat sich für Kreditnehmer aber nicht geändert: Heute wie damals kassieren Banken 3 Prozent Zinsen im Jahr allein dafür, dass sie den zugesagten Kredit­betrag zur Auszahlung bereithalten. Das kann die Finanzierungs­kosten um einige tausend Euro verteuern.

Banken zahlen Darlehen an Bauherren nicht auf einen Schlag aus, sondern in Etappen nach dem Baufort­schritt – zu den Zeit­punkten, an denen die Rechnungen der Baufirmen fällig werden und der ausgezahlten Kreditsumme ein entsprechender Sach­wert gegen­über­steht. Beim Kauf vom Bauträger beispiels­weise sieht die Makler- und Bauträger­ver­ordnung bis zu sieben Teilzah­lungen vor.

Die ersten Monate nach Abschluss des Kredit­vertrags sind in der Regel noch frei. Danach berechnen die Banken jeden Monat 0,25 Prozent Bereit­stellungs­zinsen auf den Betrag, den der Kunde noch nicht abge­rufen hat – zusätzlich zu den normalen Zinsen auf die bereits ausgezahlte Kreditsumme Tabelle: Doppelte Zinsen während der Bauzeit.

Einheits­zins viel zu hoch

Die 3 Prozent im Jahr oder 0,25 Prozent im Monat sind ein Einheits­zins­satz, den fast alle Banken, Sparkassen und Versicherer in Deutsch­land seit mehr als 30 Jahren verlangen, darunter sogar staatliche Förderbanken wie die KfW-Bank oder die landes­eigene WI-Bank in Hessen.

Die Commerz­bank beispiels­weise bot Mitte Oktober ein 200 000-Euro-Darlehen mit zehn Jahren Zins­bindung zu einem Zins­satz von 1,55 Prozent im Jahr an. Der Zins­satz gilt aber nur für den vom Kunden in Anspruch genom­menen Kredit. Kann er das Geld noch nicht gebrauchen, weil sich zum Beispiel der Baubeginn verzögert, verlangt die Bank ab dem dritten Monat nach der Darlehens­zusage Bereit­stellungs­zinsen. Die sind mit 3 Prozent fast doppelt so hoch wie der Kreditzins­satz.

Das verrückte Ergebnis: Solange der Kunde noch keinen Cent von der Bank bekommen hat, kassiert sie 500 Euro Zinsen im Monat. Nachdem sie das Geld ausgezahlt hat, sind es nur noch 258 Euro.

Zusatz­gewinne auf Kunden­kosten

Dass Banken über­haupt Bereit­stellungs­zinsen nehmen, ist in Ordnung. Wenn eine Bank einen Kredit mit 10 oder 15 Jahren Zins­bindung fest zusagt, muss sie das Geld dafür lang­fristig am Kapitalmarkt aufnehmen und dafür selbst Zinsen zahlen. Bis zur Auszahlung an den Kunden kann sie die Summe zwar anlegen, aber nur kurz­fristig zu einem nied­rigeren Zins­satz.

Für Tages- oder Monats­geld gibt es derzeit am Geldmarkt so gut wie keine Zinsen mehr. Deshalb macht es für eine Bank kaum noch einen Unterschied, ob sie den Kredit sofort auszahlt oder ihn nur bereithält. Bereit­stellungs­zinsen bis zur Höhe des Kreditzins­satzes wären daher verständlich. Doch die 3 Prozent, die Banken wie vor 30 Jahren verlangen, liegen deutlich darüber. Banken erzielen daher Zusatz­gewinne, wenn der Kunde das Darlehen spät abruft.

Bauzeit kann sich erheblich verteuern

Vom Antrag auf Baugenehmigung bis zum fertigen Haus kann es ein Jahr und länger dauern. Während der Bauphase müssen Bauherren doppelt zahlen: Zinsen auf die Kreditsumme, die sie schon bekommen haben und Bereit­stellungs­zinsen auf den noch nicht ausgezahlten Kredit­anteil. In unserem Beispiel rechts summieren sich die Bauzeitzinsen auf mehr als 4 000 Euro. Allein die Bereit­stellungs­zinsen schlagen mit 2 200 Euro zu Buche.

Dazu kommen bei einigen Banken Teil­auszahlungs­zuschläge. Der Kunde zahlt dann zum Beispiel 50 oder 100 Euro pro Auszahlung extra. Oder der Zins­satz für den Kredit erhöht sich bis zur voll­ständigen Kredit­auszahlung um einen Prozent­punkt.

Große Unterschiede bei Freimonaten

Der Bereit­stellungs­zins­satz ist bei fast allen Banken gleich. Trotzdem wird die Bauzeit je nach Institut unterschiedlich teuer. Entscheidend ist die Zahl der Freimonate, in der noch keine Bereit­stellungs­zinsen anfallen.

Viele Banken berechnen die Zinsen schon ab dem dritten oder vierten Monate nach der Darlehens­zusage. Die ING-Diba und andere räumen dem Kunden eine Karenz­zeit von sechs Monaten ein. Mitunter kommen Bauherren auch komplett um die Bereit­stellungs­zinsen herum: Der Versicherer DEVK oder die PSD Nürn­berg beispiels­weise verzichten ein ganzes Jahr lang darauf.

Solche Unterschiede sind beim Vergleich von Kredit­angeboten wichtig. Denn der von den Banken genannte Effektivzins berück­sichtigt weder Bereit­stellungs­zinsen noch Teil­auszahlungs­zuschläge. Rechnet man sie ein, liegt der tatsäch­liche Effektivzins oft um ein oder zwei Zehntel Prozent­punkte höher Tabelle: Effektivzins.

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