
Genug Eigenkapital? Wir zeigen, wie Sie einen Teil in Fonds anlegen. © Getty Images / Fabian Wentzel
Für Immobilienkäufer mit viel Eigenkapital kann es sich lohnen, ihre Finanzierung mit einer Fondsanlage zu ergänzen.
Zinsen runter – Aktienkurse rauf. So geht es schon seit Jahren. Während die Zinsen für Hypothekendarlehen ständig auf neue Tiefststände purzeln, klettern Aktienindizes auf immer neue Höchststände. Daran hat auch Corona bislang nichts geändert.
Immobilienkredite gibt es derzeit schon ab Zinssätzen unter 1 Prozent (Immobilienfinanzierung: Schritt für Schritt zum Kredit). Lohnt es sich da überhaupt noch, möglichst viel Eigenkapital für die eigenen vier Wände einzusetzen und den Kredit zügig zu tilgen? Wäre es nicht besser, zumindest einen Teil in Aktienfonds anzulegen? Wenn die Fondsanteile bis zum Ende der Zinsbindung nach Steuern mehr Rendite bringen, als der Kredit an Zinsen kostet, würde diese Strategie aufgehen.

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Die Chancen dafür stehen gut. Mit dem Kauf eines ETF auf den globalen Aktienindex MSCI World in den Jahren 1970 bis 2000 hätten Anleger bei 20 Jahren Anlagedauer im Schnitt mehr als 8 Prozent Rendite erzielt. Selbst im schlechtesten Fall waren es noch 2,5 Prozent. Das ist deutlich mehr, als ein Baudarlehen heute kostet.
Unser Rat
Eigenkapital. Wenn Sie viel Eigenkapital haben, kann es sinnvoll sein, Ihre Immobilienfinanzierung mit einer Anlage in Aktienfonds zu kombinieren. Mindestens 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises sollten Sie aus eigenen Mitteln bezahlen, um hohe Zinsaufschläge zu vermeiden. Setzen Sie nur zusätzlich verfügbare Mittel für eine Fondsanlage ein.
Zinsbindung. Sichern Sie sich die niedrigen Zinsen langfristig, etwa mit einer Zinsbindung von 20 Jahren. Das ist in der Kombination mit Aktienfonds besonders wichtig. Das Verlustrisiko ist bei langer Anlagedauer viel geringer als bei kurzer.
Fonds. Geeignet sind ETF auf den Aktienindex MSCI World. Unser Fondstest hilft beim Auswählen.
Keine Renditegarante
Gute Renditen in der Vergangenheit sind allerdings keine Garantie für die Zukunft. Außerdem zahlen Haus- und Wohnungskäufer für ihr Darlehen oft einen höheren Zinssatz, wenn sie einen Teil ihres Geldes in Fonds statt in ihre Immobilie stecken. Das muss beim Vergleich berücksichtigt werden. Und in jedem Fall tauschen Kreditnehmer ein Stück Planungssicherheit gegen Chancen und Risiken an der Börse.
Darauf sollten sich allenfalls diejenigen einlassen, deren Finanzierung unabhängig von der Fondsanlage auf sicheren Füßen steht. Das erfordert vor allem Eigenkapital.
Nur mit hohem Eigenkapital
Unsere Empfehlung: Die eigenen Mittel sollten zunächst dazu genutzt werden, sämtliche Nebenkosten und mindestens 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises zu zahlen. Erst wenn dann noch Geld übrig ist, kommt eine Fondsanlage als Alternative zu einem noch höheren Eigenkapitaleinsatz infrage.
Für diese vorsichtige Strategie gibt es gute Gründe. Wer zu wenig Eigenkapital einsetzt, zahlt für seinen Kredit einen kräftigen Zinsaufschlag. So liegt der Zinssatz für eine Vollfinanzierung des Kaufpreises in der Regel mehr als einen halben Prozentpunkt über dem Zinssatz einer 80-Prozent-Finanzierung (siehe Tabelle unten). Derart hohe Aufschläge sollten Kreditnehmer vermeiden.
Ohne ausreichenden Eigenkapital-Puffer gehen sie zudem ein hohes Risiko für den Fall ein, dass sie die Immobilie schon nach wenigen Jahren verkaufen. Dann müssen sie nicht nur eine hohe Kreditschuld ablösen, sondern für die vorzeitige Rückzahlung auch eine satte Entschädigung an die Bank zahlen. Reicht der Verkaufserlös dafür nicht aus, droht ein Notverkauf der Fondsanteile – wenn der Kreditnehmer Pech hat, gerade nach einem Börsencrash.
Hohe Aufschläge für Vollfinanzierungen
Die Tabelle zeigt beispielhaft Zinssätze mehrerer Banken für ein Darlehen zum Kauf einer 400 000 Euro teuren Wohnung in Berlin. Vor allem Kreditnehmer, die mehr als 80 oder 90 Prozent des Kaufpreises finanzieren, zahlen hohe Aufschläge – im Vergleich zur Topkondition mitunter mehr als 1 Prozentpunkt.
Anbieter |
Zinssatz (Prozent) bei Kreditanteil von ... Prozent am Kaufpreis1 |
|||||
50 |
60 |
70 |
80 |
90 |
100 |
|
Allianz |
0,84 |
0,84 |
0,89 |
1,04 |
1,38 |
1,91 |
Berliner Sparkasse |
1,35 |
1,40 |
1,45 |
1,50 |
1,85 |
2,10 |
Berliner Volksbank |
0,95 |
0,99 |
1,11 |
1,29 |
1,48 |
1,84 |
Commerzbank |
0,87 |
0,97 |
1,08 |
1,38 |
1,56 |
2,20 |
Hypovereinsbank |
0,90 |
0,95 |
1,00 |
1,15 |
1,35 |
1,81 |
ING |
0,82 |
0,82 |
0,94 |
0,98 |
1,16 |
1,61 |
Postbank |
1,00 |
1,00 |
1,15 |
1,15 |
1,43 |
1,80 |
PSD Berlin-Brandenburg |
1,04 |
1,04 |
1,14 |
1,24 |
1,34 |
1,74 |
Stand: 14. Oktober 2020
- 1
- Laut Bankangabe im Internet.
Niedrige Zinsen lange sichern
Für Immobilienkäufer, die Kredit und Fondsanlage kombinieren, ist eine lange Zinsbindung besonders wichtig. Ein Anstieg der Kreditzinsen würde automatisch auch die Zielrendite erhöhen, die der Fonds mindestens erreichen muss. Ratsam ist deshalb eine Zinsbindung von 20 Jahren oder für die gesamte Laufzeit.
Solche Langläufer können Kreditnehmer mit einer Frist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen, sobald zehn Jahre seit der Auszahlung vorbei sind. Schreiben sie den Zinssatz 20 Jahre fest, bietet sich ihnen ein Zeitfenster von fast zehn Jahren, in dem sie ein Börsenhoch nutzen können, um die Fondsanteile mit Gewinn zu verkaufen und zur Kredittilgung zu verwenden.

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Der richtige Fonds
Erste Wahl für die Fondsanlage sind ETF, die einen weltweiten Aktienindex nachbilden. ETF haben niedrige Kosten und eignen sich auch für Anleger mit wenig Börsenerfahrung. Das unvermeidbare Kursrisiko verringern sie durch eine breite Streuung des Fondsvermögens auf viele Unternehmen aus verschiedenen Ländern und Branchen. Der bekannteste globale Index MSCI World etwa bildet den Börsenwert von mehr als 1 600 Unternehmen aus 23 Industriestaaten ab.
Chancen hängen vom Eigenkapital ab
Wie stark Chancen und Risiken einer Finanzierung mit Fonds von der Höhe des Eigenkapitals abhängen, zeigen die beiden Beispiele für den Kauf einer 400 000 Euro teuren Wohnung in den Tabellen rechts.
Im Beispiel 1 hat die Käuferin so viel Eigenkapital, dass sie 40 Prozent des Kaufpreises mit Eigenkapital zahlt und zusätzlich 40 000 Euro in einen ETF anlegen kann. Den Kredit bekommt sie wegen der hohen Eigenkapitalquote zum Topzinssatz unter 1 Prozent. Noch mehr Eigenkapital würde keinen Zinsvorteil bringen. Selbst bei mäßiger Fondsrendite steht sie nach 20 Jahren besser da, als wenn sie ihr Geld komplett als Eigenkapital für den Wohnungskauf verwendet.
Im Beispiel 2 bleibt der Käuferin nach Zahlung der Nebenkosten nur ein Eigenkapital von 40 000 Euro. Kauft sie damit Fondsanteile, muss sie den Kaufpreis voll auf Kredit finanzieren – und dafür einen Zinssatz von 1,61 statt sonst 1,16 Prozent zahlen.
Wegen dieses Aufschlags auf den gesamten Kredit muss der ETF mehr als 4,5 Prozent Rendite bringen, damit sich der Fondskauf langfristig rechnet. Und es darf vor allem in den ersten Jahren nichts schiefgehen. Bei einem Verkauf der Immobilie droht die Gefahr, dass Verkaufserlös und Fondsvermögen zusammen nicht reichen, um die hohe Kreditschuld zu tilgen.
Sparen statt tilgen
Eine andere Variante der Fondsstrategie: Immobilienkäufer tilgen ihren Kredit weniger schnell als sie können, zum Beispiel nur mit 2 statt 4 Prozent. Die Differenz legen sie in einen ETF-Sparplan an.
Auch hier gilt: Die Fondsanlage sollte die Tilgung nicht komplett ersetzen, sondern allenfalls ergänzen. Banken werden den Kredit nur dann tilgungsfrei stellen, wenn der Fondssparplan als Sicherheit an sie abgetreten wird. Anleger können dann nicht mehr frei darüber verfügen. Außerdem behalten sich Banken mitunter vor, zusätzliche Sicherheiten zu verlangen oder die Fondsanteile zu verkaufen, wenn ihr Wert unter einen festgelegten Schwellenwert sinkt. Schon deshalb ist eine Basistilgung von 2 oder 3 Prozent besser.
Kreditnehmer sollten auch beachten: Bei Fondssparplänen kommt es für die Rendite besonders stark auf die Wertentwicklung der letzten Sparjahre an. Bei gleicher Anlagedauer ist das Risiko höher als bei Einmalanlagen.
Wer sichergehen will, bevorzugt daher eine hohe direkte Tilgung. Diese wird von Banken oft auch mit einem günstigeren Zinssatz für das Darlehen belohnt.
Beispiel 1: Gute Chancen, wenig Risiko
Der Kaufpreis beträgt 400 000 Euro. 200 000 Euro (50 Prozent) könnte die Käuferin mit Eigenkapital finanzieren.
Fondsstrategie: Sie legt 40 000 Euro in einen Aktien-ETF an und setzt nur 160 000 Euro Eigenkapital ein.
Finanzierung mit ETF: Kredit 240 000 Euro, Zinssatz 0,82 Prozent, 20 Jahre Zinsbindung, Monatsrate 764 Euro (3 Prozent Tilgung).
Finanzierung ohne ETF: Kredit 200 000, Zinssatz 0,82 Prozent, 20 Jahre Zinsbindung, Monatsrate 764 Euro.
Ergebnis: Der ETF muss vor Steuern nur mehr als 1,1 Prozent Rendite bringen, damit die Fondsstrategie aufgeht. Die Kreditschuld ist auch bei fallenden Preisen stets durch den Immobilienwert gedeckt. Bei frühem Verkauf der Wohnung ist keine Auflösung des Fonds nötig.
Ergebnis nach 20 Jahren bei einer Fondsrendite von … Prozent |
||||||
−2,0 |
0,0 |
2,0 |
4,0 |
6,0 |
8,0 |
|
Kreditrestschuld (Euro) |
−83 577 |
−83 577 |
−83 577 |
−83 577 |
−83 577 |
−83 577 |
Fondsvermögen (Euro)1 |
26 704 |
40 000 |
54 578 |
75 734 |
106 214 |
149 829 |
Restschuld/Vermögen (Euro)2 |
−56 873 |
−43 577 |
−28 999 |
−7 843 |
22 637 |
66 252 |
Restschuld bei Finanzierung ohne ETF (Euro) |
−36 451 |
−36 451 |
−36 451 |
−36 451 |
−36 451 |
−36 451 |
Vorteil/Nachteil durch Fonds (Euro) |
−20 422 |
−7 126 |
7 452 |
28 608 |
59 088 |
102 703 |
- 1
- Unter Berücksichtigung von 25 Prozent Steuerabzug
- 2
- Kreditrestschuld abzüglich Fondsvermögen.
Beispiel 2: Erfolg ungewiss, Risiko hoch
Der Kaufpreis beträgt 400 000 Euro. 40 000 Euro (10 Prozent) könnte die Käuferin mit Eigenkapital finanzieren.
Fondsstrategie: Die Käuferin legt 40 000 Euro in einen Aktien-ETF an und finanziert den Kaufpreis voll auf Kredit.
Finanzierung mit ETF: Kredit 400 000 Euro, Zinssatz 1,61 Prozent, 20 Jahre Zinsbindung, Monatsrate 1 248 Euro (2,13 Prozent Tilgung).
Finanzierung ohne ETF: Kredit 360 000, Zinssatz 1,16 Prozent, 20 Jahre Zinsbindung, Monatsrate 1 248 Euro.
Ergebnis: Der ETF muss mindestens 4,5 Prozent Rendite bringen. Wenn nicht, zahlt die Kreditnehmerin drauf. Das Verlustrisiko ist besonders hoch, falls sie die Immobilie schon nach einigen Jahren verkauft und das Fondsvermögen zur Kreditrückzahlung benötigt.
Ergebnis nach 20 Jahren bei einer Fondsrendite von … Prozent |
||||||
−2,0 |
0,0 |
2,0 |
4,0 |
6,0 |
8,0 |
|
Kreditrestschuld (Euro) |
−198 182 |
−198 182 |
−198 182 |
−198 182 |
−198 182 |
−198 182 |
Fondsvermögen (Euro)1 |
26 704 |
40 000 |
54 578 |
75 734 |
106 214 |
149 829 |
Restschuld (Euro)2 |
−171 478 |
−158 182 |
−143 604 |
−122 448 |
−91 968 |
−48 353 |
Restschuld bei Finanzierung ohne ETF (Euro) |
−116 480 |
−116 480 |
−116 480 |
−116 480 |
−116 480 |
−116 480 |
Vorteil/Nachteil durch Fonds (Euro) |
−54 998 |
−41 702 |
−27 124 |
−5 968 |
24 512 |
68 127 |
- 1
- Unter Berücksichtigung von 25 Prozent Steuerabzug.
- 2
- Kreditrestschuld abzüglich Fondsvermögen.
-
- Kreditnehmer, die ihr Hypothekendarlehen vorzeitig ablösen, müssen Vorfälligkeitsentschädigung zahIen. Unser Rechner zeigt, was die Bank in Ihrem Fall verlangen darf.
-
- Volltilgerdarlehen und Kombikredite bieten feste Zinsen und konstante Raten über die gesamte Laufzeit. Mit unserem Zinsvergleich finden Sie die günstigsten Anbieter.
-
- Wer den aktuellen Bauzins kennt und einen günstigen Anbieter findet, kann viele Zehntausend Euro Zinsen sparen. Unser Bauzins-Vergleich hilft dabei.
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@Schedbauer: Nein, davon gehen wir nicht aus und das wäre auch unrealistisch. Im Artikel finden Sie mehrere Beispiel dafür, wie die Zinssätze der Banken von der Eigenkapital- bzw. Fremdkapitalquote abhängen. Bei geringem Eigenkapital liegen die Zinssätze weit über den Bestkonditionen. (maa)
Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie davon ausgehen, dass die Zinssätze der Kapitalgeber unabhängig vom Eigenkapital für alle Finanzierungsquoten nahezu gleich sind? Wäre das realistisch?