Baufinanzierung Wenig Eigen­kapital – hohe Zinsen

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Baufinanzierung - Wenig Eigen­kapital – hohe Zinsen

Ein Haus kaufen ohne viel Eigen­kapital? Das ist möglich, aber teuer. © Getty Images

Banken verlangen hohe Aufschläge für eine Baufinanzierung mit wenig oder ohne Eigen­kapital. Wer etwas mehr Geld einsetzt, spart oft viele Tausend Euro Zinsen.

Eigen­kapital wird immer knapper

Die gestiegenen Immobilien­preise werden für Haus- und Wohnungs­käufer immer mehr zum Problem. Das Eigen­kapital reicht vor allem bei Jüngeren hinten und vorne nicht, um 20 Prozent des Kauf­preises und zusätzlich alle Neben­kosten zu zahlen – ein Vorgehen, das bis heute als Stan­dard für eine solide Finanzierung gilt. Bei vielen Kauf­interes­senten und -interes­sentinnen geht das ganze Eigen­kapital bereits für Grund­erwerb­steuer, Makler und Notar drauf.

Wegen des nied­rigen Zins­niveaus ist eine Finanzierung bis zu 100 Prozent des Kauf­preises heute aber durch­aus möglich. Die meisten Banken spielen mit. Kreditnehmer gehen damit aber ein höheres Risiko ein und werden kräftig zur Kasse gebeten.

Unser Rat

Neben­kosten.
Lassen Sie sich nicht auf eine Immobilien­finanzierung ganz ohne Eigen­kapital ein. Zumindest die Kauf­neben­kosten sollten Sie aus eigenen Mitteln zahlen können.
Voll­finanzierung.
Nur wenn Sie ein gutes und gesichertes Einkommen haben, sollten Sie sich auf eine Finanzierung des vollen Kauf­preises einlassen. Die Monats­rate sollte 30 bis 40 Prozent Ihres Netto­einkommens nicht über­steigen.
Vergleich.
Bei Finanzierungen mit wenig Eigen­kapital sind die Zins­unterschiede zwischen den Banken besonders hoch. Holen Sie sich deshalb immer mehrere Kredit­angebote ein.
Eigen­mittel mobilisieren.
Fragen Sie die Banken stets, wie viel mehr Eigen­kapital Sie einsetzen müssen, um einen besseren Zins­satz zu bekommen. Oft reichen dafür schon wenige Tausend Euro, die Sie vielleicht noch einbringen können. Wie viel Zinsen Sie bei Ihrer Finanzierung sparen können, ermittelt unser Grenzzinsrechner.
Immobilien­finanzierung.
Sie suchen einen güns­tigen Baukredit? Dabei hilft unser monatlicher Zinsvergleich und eine Anleitung in zwölf Schritten.

Hohe Zins­aufschläge für Voll­finanzierung

Je geringer das Eigen­kapital, desto höher der Zins­satz, den Banken für ihre Kredite verlangen. Wer mehr als 90 Prozent des Kauf­preises auf Pump finanziert, zahlt bei vielen Instituten einen um 0,5 bis über 1 Prozent­punkt höheren Zins­satz als für eine 80-Prozent-Finanzierung. Das zeigt unsere Tabelle Zinsaufschläge. Außerdem wird eine bis zu 60 Prozent höhere Monats­rate fällig.

Hohe Wohn­kosten bei Kauf in Groß­städten

Für Käufer mit wenig Eigen­kapital bedeutet das vor allem in Groß­städten, dass sie nach dem Kauf oft mehrere Hundert Euro im Monat mehr fürs Wohnen ausgeben müssen als für eine vergleich­bare Miet­wohnung. Das kann sich nicht jeder leisten.

Je knapper das Eigen­kapital, desto wichtiger wird ein gutes und sicheres Einkommen. Das sollte ausreichen, um neben den Zinsen mindestens 3 Prozent des Kredits im Jahr zu tilgen. So wird das fehlende Eigen­kapital durch die Tilgung zügig nachgespart.

Hauskauf ohne Eigen­kapital ist riskant

Eigen­kapital ist ein wichtiger Sicher­heits­puffer, der vor Über­schuldung im Fall eines Notverkaufs schützt. Eine Finanzierung voll auf Pump ist deshalb auch in Zeiten nied­riger Zinsen eine heikle Angelegenheit. Falls die Immobilie nach einigen Jahren wieder verkauft werden muss, kann es bei knappem Eigen­kapital schnell passieren, dass der Verkaufs­erlös nicht zur Schuldentilgung reicht. Es besteht ein hohes Risiko beim Hauskauf mit wenig Eigenkapital.

Zinsen lange fest­schreiben

Besonders wichtig ist bei einer hohen Kredit­finanzierung eine lange Zins­bindung. Die Zinsen für Immobilien­kredite werden nicht ewig so nied­rig bleiben wie heute. Wenn die Zins­bindung bereits nach fünf oder zehn Jahren ausläuft, sind die Kreditschulden in der Regel noch so hoch, dass die Monats­raten nach einer deutlichen Zins­erhöhung kaum noch bezahl­bar wären.

Deshalb gilt es, den Zins­satz mindestens solange fest­zuschreiben, bis die Hälfte der Darlehens­summe getilgt ist. Das erfordert meist eine Zins­bindung von 15 oder sogar 20 Jahren.

Zinsen wie beim Dispokredit

Vielen Immobilienkäufern ist gar nicht bewusst, dass ihnen ein Mangel an Eigen­kapital teuer zu stehen kommt. Unsere Berechnungen zeigen: Auf den Kredit­anteil, der 90 Prozent des Kauf­preises über­steigt, zahlen sie mitunter Zinsen wie bei einem Dispokredit.

Beispiel. Hier eine vereinfachte Rechnung für den Kauf einer 400 000 Euro teuren Immobilie in Berlin: Die Commerz­bank verlangt für einen Kredit von 360 000 Euro – 90 Prozent des Kauf­preises – einen Soll­zins­satz von 1,41 Prozent bei einer Zins­bindung von 15 Jahren (Stand: 12. Oktober 2021). Das sind im ersten Jahr 5 076 Euro Zinsen. Für einen 380 000-Euro-Kredit – entspricht 95 Prozent des Kauf­preises – steigen der Zins­satz auf 1,85 Prozent und die Jahres­zinsen auf 7 030 Euro. Für nur 20 000 Euro mehr Kredit verlangt die Bank satte 1 954 Euro mehr Zinsen im Jahr. Das entspricht einem Zins­satz von 9,77 Prozent.

So teuer sind die letzten 20 000 Euro

Die Käuferin einer 400 000 Euro teuren Wohnung nimmt einen Kredit mit 15 Jahren Zins­bindung auf. Die Grafik zeigt die Zins­sätze, die auf die letzten 20 000 Euro entfallen. Beispiel: Finanziert sie 100 Prozent des Kauf­preises, zahlt sie bei der ING auf den Kredit­anteil von 20 000 Euro, der 95 Prozent über­steigt, 7,77 Prozent.

Baufinanzierung - Wenig Eigen­kapital – hohe Zinsen

Berechnet anhand der Zins­sätze für das Gesamt­darlehen in der Tabelle Zinsaufschläge. Stand: 12. Oktober 2021

Zins­satz springt deutlich nach oben

Banken kalkulieren ihre Zins­aufschläge sehr unterschiedlich. Das gilt nicht nur für die Höhe der Aufschläge, sondern auch für die Anzahl und den Abstand der Stufen, ab denen der Kreditzins­satz steigt. Doch eine Tendenz ist eindeutig: Sobald der Kredit 90 Prozent des Kauf­preises über­steigt, springt der Zins­satz bei 11 von 13 Banken in unserer Stich­probe deutlich nach oben. Das zeigt unsere Tabelle Zinsaufschläge. Sechs dieser Banken verlangen einen zusätzlichen Aufschlag, wenn der Kredit 95 Prozent des Kauf­preises über­steigt.

Meist lohnt es sich daher, wenigs­tens so viel Eigen­kapital zu mobilisieren, um den Kredit auf die 90- oder die 95-Prozent-Marke zu drücken. Welche Möglich­keiten es dafür gibt, zeigt die Übersicht über mögliche Geldquellen.

Sparen durch mehr Eigen­kapital

Die Grafik unten zeigt das enorme Spar­potenzial. Im Beispiel setzt der Kreditnehmer 10 000 Euro mehr Eigen­kapital ein als zunächst geplant und senkt damit die Kreditsumme auf 90 Prozent des Kauf­preises. Ergebnis: Bei 8 von 13 Banken beträgt die Zins­ersparnis während der 15-jährigen Zins­bindung 12 300 bis 31 800 Euro. In Prozent heißt das: Die 10 000 Euro Eigen­kapital bringen 5,5 bis 10,0 Prozent Rendite im Jahr – absolut sicher, steuerfrei und 15 Jahre lang.

So viel bringen 10 000 Euro mehr Eigen­kapital

Ein Käufer zahlt 400 000 für seine Immobilie. Die Grafik zeigt, wie viel Zinsen er spart, wenn er durch den Einsatz von 10 000 Euro mehr Eigen­kapital nur 360 000 statt 370 000 Euro Kredit aufnimmt. Beispiel: Das zusätzliche Eigen­kapital bringt bei der Allianz bis zum Ende der 15-jährigen Zins­bindung eine Zins­ersparnis von 31 819 Euro. Das entspricht einer Rendite von 10 Prozent.

Baufinanzierung - Wenig Eigen­kapital – hohe Zinsen

Berechnung anhand Zins­angaben der Banken im Internet (Tabelle Zinsaufschläge). Stand: 12. Oktober 2021

Kombination mit KfW-Darlehen

Für Immobilienkäufer mit wenig Eigen­kapital kann es sich lohnen, einen Anteil bis zu 100 000 Euro mit einem Kredit aus dem Wohn­eigentums­programm der staatlichen KfW-Bank zu finanzieren. Diesen Kredit kann jeder für den Bau oder Kauf einer selbst genutzten Immobilie bekommen.

Für eine 80-Prozent-Finanzierung ist das KfW-Darlehen derzeit nicht besonders günstig. Das ändert sich aber, wenn Kunden 90 bis 100 Prozent des Kauf­preises brauchen. Dann wird der Bank­kredit meist deutlich teurer, der KfW-Zins­satz aber bleibt gleich. Eine Voll­finanzierung ist daher mit KfW-Kredit oft güns­tiger als ohne. Mitunter bieten Banken das eigene Darlehen in Kombination mit einem KfW-Darlehen zu einem nied­rigeren Zins­satz an.

Den KfW-Kredit gibt es allerdings nur mit längs­tens zehn Jahren Zins­bindung. Um das Zins­erhöhungs­risiko zu begrenzen, sollte er nur mit einem Bank­kredit mit deutlich längerer Zins­bindung kombiniert werden.

Rechner. Wie viel Zinsen Sie mit etwas mehr Eigen­kapital sparen, ermittelt unser Grenzzinsrechner.

Aktuelle Zinsen. Monatlich aktualisierte Zins­sätze für Immobilien­kredite, die 60, 80 und 90 Prozent des Kauf­preises abdecken (mit 10, 15 und 20 Jahren Zins­bindung) finden Sie in unserem Hypothekenzinsvergleich.

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4 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

OliverJordanovLLM am 07.03.2023 um 13:09 Uhr

Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung

mchnp006 am 26.07.2019 um 11:54 Uhr
Bewertung IngDiba

Verstehe nicht, dass die Ing (dort habe ich meine Baufinanzierung), in Ihrem Test nur sehr eingeschränkt aufgeführt wird.
Durch eine Finanzberatung wurde für mich die Ing mit den besten Konditinen ausgewählt.

Manolo80 am 19.07.2019 um 22:15 Uhr
Die Aussage von Finanztest ist nicht ganz korrekt!

Als Baufinanzierungsvermittler kann ich den Aussagen nicht komplett zustimmen! Es ist durchaus möglich und bei uns auch tägliche Praxis mehrere Bausteine zu nutzen. So hat der Kunde einen Großteil zu günstigen Konditionen inklusive Förderkredite und einen weiteren Teil (BeleihungsAuslauf ab z.B. 70% bis in den mittlerweile üblichen Blankoanteil von 50-100.000€, in Ausnahmefällen auch mehr) zu etwas höheren Konditionen. Als guter Vermittler kann man seinem Kunden dann trotz mehrerer Bausteine einen Gesamteffektivzins ausweisen damit der Kunde das Angebot fair vergleichen kann. Wer sich nur 1 Darlehen für die gesamte Summe bei wenig Eigenkapital nimmt zahlt definitiv drauf!

mahijado am 08.07.2019 um 21:47 Uhr
Gute Idee - praktische Umsetzung schwierig

Der Rat ist gut gemeint, aber um unter die Schwellen zu kommen wird doch ein erheblicher Betrag gebraucht, den man sich so lieber nicht von Freunden leihen sollte. Bei Kauf- oder Baupreisen von 400.000€ aufwärts sind die 20% Eigenkapitel + Einmalkosten schnell 100.000€ und mehr. Durch reines Sparen ist das bis zu einem Alter von 40 Jahren nur noch schwer alleine zu erreichen (und wenn man älter als 40 wird, wird der Kredit vor der Rente unter Umständen nicht mehr abbezahlt).
Hier zeigt sich leider immer mehr, dass es zum Großteil davon abhängt, ob einen die Eltern in dieser Größenordnung unterstützen können oder eben nicht. Mal wieder spielt die (gesellschaftlche) Herkunft der Eltern in Deutschland die maßgebliche Rolle.

Reinhold50 am 08.07.2019 um 21:34 Uhr
Rein theoretisch

Man muß sich allerdings fragen, wer zusätzlich zu seiner Miete 30000 € sparen kann, zumal es nirgends Guthabenzinsen gibt. Außerdem dürfte ein vergleichbares Objekt in Ballungszentren bereits nach einem Jahr um diesen Betrag im Preis gestiegen sein.
Da muss man schon solvente Eltern haben.