Interview: Die meisten Beteiligten schweigen
Der Lübecker Staatsanwalt Ernst-Wilhelm von Bredow hat Ermittlungsverfahren gegen zahlreiche Vermittler, Käufer und Verkäufer von Immobilien geführt, die an dubiosen Geschäften mit Kapitalrückfluss beteiligt waren. Die Dunkelziffer hält er für viel höher.
Finanztest: Sie gehen davon aus, dass die meisten Fälle unentdeckt bleiben. Warum?
Von Bredow: Das hat im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen machen sich viele Käufer selbst strafbar. Sie begehen etwa Betrug und Urkundenfälschung, indem sie Steuerbescheide oder Einkommensnachweise fälschen und sie bei der Bank vorlegen, um einen Kredit zu bekommen. Zum anderen haben die Banken kein Interesse an der Aufklärung, weil sie um ihren guten Ruf fürchten. Das ist eine meiner bitteren Erfahrungen nach jahrelanger Ermittlungsarbeit.
Die Banken versuchen bestenfalls, den Kreditsachbearbeiter loszuwerden. Den Schaden, der ihnen durch den Darlehensausfall entsteht, schreiben sie als Wertminderung ab und damit ist die Sache für sie erledigt. Mit diesem Verhalten erschweren sie unsere Ermittlungsarbeit.
Finanztest: Gibt es typische Käufer, die sich auf solche Geschäfte einlassen?
Von Bredow: Ja. Es gibt die Einkommensschwachen, die hauptsächlich über die Bargeldanzeigen angelockt werden. Sie verstehen häufig nicht alle Zusammenhänge des Geschäfts. Oft unterschreiben sie Verträge und Selbstauskunft blanko. Nachdem das Geschäft gescheitert ist, haben sie meistens keine Chance mehr, finanziell wieder auf die Beine zu kommen. Wir haben aber auch schon gegen verarmte Akademiker ermittelt. Bei ihnen kann man schon eher davon ausgehen, dass sie überblicken, was sie da tun.
Finanztest: Wenn die meisten Betroffenen schweigen, wie sind dann die Fälle, in denen Sie ermittelt haben, aufgeflogen?
Von Bredow: Manchmal zeigen die Käufer ihren Vermittler an, weil sie nach dem Immobilienkauf das versprochene Bargeld nicht erhalten haben. Wenn wir dann weiter ermitteln oder Durchsuchungsbefehle bei den Vermittlern und Banken vollstrecken, stoßen wir fast immer auf viele neue Fälle. Über diese Kettenreaktion kommen die meisten Fälle ans Licht.