Ob Girokonto, Onlinedepot oder Spareinlagen bei in- und ausländischen Banken: Wer ein Bankkonto hat, sollte klären, welche Person die Bankgeschäfte erledigt, wenn der Kontoinhaber selbst dazu nicht mehr fähig ist. Eine Erkrankung oder ein schwerer Unfall können dazu führen, dass jemand vorübergehend oder dauerhaft nicht mehr selbst entscheiden kann. Dann ist es nicht mehr möglich, über das Bankkonto zu verfügen.
Auf der anderen Seite laufen Verbindlichkeiten weiter, vielleicht sind Krankenhaus- und Arztrechnungen oder Pflegeheimkosten zu bezahlen. Gut ist es dann, wenn die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber sich rechtzeitig gekümmert und in einer Bankvollmacht eine Vertrauensperson bestimmt hat, die einspringt.
Stiftung Warentest hat 48 Banken befragt
Wir wollten wissen, wie es in der Praxis aussieht. Bieten alle Kreditinstitute eine Bankvollmacht an? Welche Geschäfte lassen sich damit erledigen? Und welche nicht? Die gute Nachricht: Bevollmächtigte können bei den meisten Banken unkompliziert Konto und Depot verwalten. Die Details finden Sie in der Tabelle, verfügbar nach dem Freischalten dieses Berichts.
Für die Stichprobe haben wir 48 Kreditinstitute und 3 Zinsportale angeschrieben und die Antworten ausgewertet. 24 Banken schickten uns ihr Formular für eine Vollmacht, die ab Unterschrift und dann über den Tod hinaus gilt. Sie ist in Deutschland die am häufigsten verwendete Variante.
13 Banken gaben uns keine Auskunft, darunter die 1822direkt, Commerzbank, Postbank oder Sparkasse KölnBonn. Hier müssen Interessierte selbst erfragen, welchen Umfang die Bankvollmacht hat (siehe So haben wir getestet).
Ehepartner oder Angehörigen Bankvollmacht erteilen
Ohne Bankvollmacht verweigern Banken und Sparkassen fremden Personen den Kontozugriff, dazu zählen auch Angehörige und Ehepartner. Denn falls sich nachweisen lässt, dass ein Unbefugter das Konto verwaltet, sind die Kreditinstitute in der Haftung. Deshalb müssen Berechtigte nachweisen, dass sie aufs Konto zugreifen dürfen. Das ist mit einer Bankvollmacht oder mit einer notariell beurkundeten Vorsorgevollmacht möglich.
Keine Bankvollmacht ist bei Gemeinschaftskonten nötig, die als Oder-Konto geführt werden, wie oft bei Paaren üblich. Hier kann jeder Kontoinhaber und jede Kontoinhaberin unabhängig von der anderen Person handeln.
Bankvollmacht gilt oft ab Unterschrift und über den Tod hinaus
Um das wichtige Dokument zu bekommen, vereinbaren Kontoinhaber und Vertrauensperson einen Termin bei der Bank vor Ort und unterschreiben gemeinsam das institutseigene Formular. Bei Onlinebanken ist es möglich, die Vollmacht herunterzuladen. Die Identität weist der oder die Bevollmächtigte per Post- oder Videoidentverfahren nach. Es gibt verschiedene Arten von Bankvollmachten:
- Gilt ab Unterschrift und über den Tod hinaus. Eine Kontovollmacht gilt in der Regel ab dem Zeitpunkt der Unterschrift und nicht erst, wenn jemand krankheitsbedingt Bankgeschäfte nicht mehr erledigen kann. Das Risiko des Missbrauchs trägt der Kontoinhaber. Daher ist es von großer Bedeutung, eine Person zu wählen, zu der großes Vertrauen besteht. Die oder der Bevollmächtigte darf in der Regel auch über den Tod hinaus Bankgeschäfte erledigen. Dies gilt solange, bis ein Erbe die Vollmacht widerruft.
- Gilt ab dem Tod des Kontoinhabers. Es gibt Banken, die nur eine Kontovollmacht anbieten, die ab dem Tod des Kontoinhabers gilt.
- Gilt bis zum Tod des Kontoinhabers. Es gibt Banken, die nur eine Kontovollmacht anbieten, die bis zum Tod des Kontoinhabers gilt.
Onlinebanking – manchmal ja, manchmal nein
Mit einer Vollmacht sind bei allen Banken grundlegende Geschäfte erlaubt, zum Beispiel Geld überweisen oder abheben. Generell ist es aber nicht möglich, Untervollmachten für Dritte zu erteilen oder Kredite aufzunehmen. Wollen Kontoinhaber, dass auch das umfasst ist, muss eine vom Notar beurkundete Vorsorgevollmacht vorliegen.
Darüber hinaus unterscheiden sich die Bankvollmachten in Details, zum Beispiel wenn es darum geht, ein Konto auf sich selbst auf Onlinebanking umzustellen. Das kann für Jüngere interessant sein, die aus Zeit- und Kostengründen die Bankgeschäfte zum Beispiel für ihre Eltern online erledigen wollen. Bei elf Banken ist das nicht möglich: Bausparkasse Mainz, DHB Bank, Deutsche Bank, Hamburger Sparkasse, ING, Norisbank, Oyak Anker Bank, Santander Consumer Bank, Targo Bank, Triodos Bank und VTB Direktbank.
Schließfach bleibt oft außen vor
Zugang zum Bankschließfach ist oft nur mit einer separaten Vollmacht möglich. Nur die Bankvollmacht bei der Berliner Sparkasse umfasst das Schließfach. Unterschiedlich ist geregelt, ob sich fest angelegte Beträge kündigen oder neue Sparkonten eröffnen lassen. Bei einem bestehenden Depot dürfen Bevollmächtigte oft auch Wertpapiere wie ETF (Exchange Traded Funds, also börsennotierte Fonds), Aktien oder Anleihen kaufen und verkaufen. Finanztermingeschäfte sind meistens ausgenommen. Selten ist es erlaubt, das Depot vor dem Tod des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin zu kündigen.
Nicht alle Banken bieten eine Vollmacht an
Achtung: Bei unserer Stichprobe haben wir festgestellt, dass manche ausländischen Direktbanken und Zinsportale, die in unserem Vergleich der Top-Festgeld- und Tagesgeldkonten attraktive Zinsangebote haben, keine oder nur spezielle Vollmachten anbieten.
Tipp: In unseren Vergleichen von Zinsangeboten erkennen Sie diese Institute und Zinsportale. Wir kennzeichnen sie mit einer Fußnote.
Viele haben schon eine Vorsorgevollmacht
Viele Menschen haben für den Fall der eigenen Entscheidungsunfähigkeit rechtlich vorgesorgt und in einer Vorsorgevollmacht eine Person des Vertrauens beauftragt, für sie zu handeln. Oft darf die oder der Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht auch Kontogeschäfte erledigen oder über Depots verfügen. Trotzdem ist es sinnvoll, eine Bankvollmacht zu beantragen. Denn Banken und Sparkassen akzeptieren Vorsorgevollmachten oft nicht, obwohl sie es nach der Rechtslage müssten (siehe Interview Hartnäckig bleiben). Das Problem: Banken und Sparkassen verweigern oft den Zugriff auf das Konto, wenn ein Bevollmächtigter mit einer Vorsorgevollmacht Rechnungen begleichen oder Überweisungen tätigen will. Die Kreditinstitute begründen das oft mit einem hohen Bearbeitungsaufwand. Für jede Verfügung müsse die Originalvollmacht vorliegen, die Rechtsabteilung müsse überprüfen, ob sie wirksam und echt ist. Denn wenn eine Bank Geschäfte zulässt, obwohl eine Vollmacht unwirksam war, ist sie gegebenenfalls schadenersatzpflichtig.
Tipp: Berufen Sie sich auf die Rechtslage, wenn eine Bank die Vorsorgevollmacht ablehnt, die Sie vorlegen.
Sparkasse erfolgreich verklagt
In einem Rechtsstreit mit der Sparkasse Detmold bekam ein Bevollmächtigter recht. Seine Vorsorgevollmacht hatte die Sparkasse nicht anerkannt. Sie erstattete seinen Zinsschaden und Anwaltskosten von insgesamt rund 2 580 Euro (Landgericht Detmold, Az. 10 S 110/14).
Anlaufstellen können auch die Schlichtungsstellen der Banken und Sparkassen sein. Die Beschwerdestelle der Volks-und Raiffeisenbanken prüfte jüngst einen Fall und schlug der Bank vor, die Vorsorgevollmacht anzuerkennen. Diese folgte dem Schlichterspruch.
Kommen Bevollmächtigte gar nicht weiter, ist das Betreuungsgericht der richtige Ansprechpartner (Interview Hartnäckig bleiben).
Vorsorgevollmacht und Bankvollmacht kombinieren
Sinnvoll ist, neben einer Vorsorgevollmacht auch eine Bankvollmacht zu haben. Alles über die Vorsorgevollmacht und weitere wichtige Dokumente lesen Sie im Special Vorsorgevollmacht.
Wenn es keine Vertrauensperson gibt
Nicht jede und jeder hat eine Vertrauensperson. Kontoinhaber können dann über eine Betreuungsverfügung nachdenken. Darin können sie vorschlagen, wer im Fall der eigenen Entscheidungsunfähigkeit die Betreuung übernehmen soll, etwa aus dem Kreis der Angehörigen oder Freunde. Vorteil: Geht es im Betreuungsfall um die Vermögenssorge, kontrolliert das Gericht die Betreuer (Gesetzliche Betreuung).
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@norbert77: Banken handhaben den Zugriff des Bevollmächtigten/ der Bevollmächtigten auf verschiedene Konten durchaus unterschiedlich (siehe Testergebnisse). Nicht jede Bank lässt den Zugriff auf alle Vermögensbereiche gleichermaßen zu. Ob Girokonto, Spareinlage oder Depot: Für jeden Verfügungsbereich können andere Regeln gelten. Welche Verfügungsgewalt eine Bevollmächtigte / ein Bevollmächtigter auf das Konto haben soll, kann individuell geklärt werden.
Mich hätte interssiert, ob man als Kunde mit mehreren Konten bei einer Bank Vollmachten selektiv für jedes einzelne Konto erteilen kann und welche Bank einen solchen Service anbietet.
@Mical: Nicht alle Bankinstitute erlauben den Zugriff auf ein Depot mit einer Bankvollmacht, siehe Testtabelle "Was bei Banken und Sparkassen mit einer Bankvollmacht möglich ist". Auch Onlinebanking muss manchmal extra vereinbart werden. Tipp: Wünscht der Vollmachtgeber, dass Bevollmächtigte im Vorsorgefall Zugriff auf ein Depot haben, sollte dies ausdrücklich mit der Bank vereinbart werden.
@Stiftung_Warentest
Anscheinend hilft solche Vollmacht nicht um Handlungsfähig zu sein, was das Depot angeht, wenn die Rückmeldung vom Broker ist, dass keine Zugangsdaten erteilt werden.
"Die Einrichtung einer Vollmacht bei der Depotbank befähigt die bevollmächtigte Person nicht zur:
- Ausstellung von Zugangsdaten für den/die Vollmachtnehmer/in
- digitalen Einsichtnahme in das Depot
- Eigentumsübertragung des Wertpapierdepots
Im Todesfall werden die Wertpapiere weiterhin bei der Depotbank verwahrt und die Erben ermittelt."
@Michael_Di: Die DKB war nicht in unserer Stichprobe dabei. Hinweis: Die DKB bietet auf ihrer Internetseite unter Service /Persönliche Daten/ Vollmachten zwei Arten von Vollmachten an: Eine Allgemeine Vollmacht, die über den Tod des Kontoinhabers hinaus gilt sowie eine Vollmacht, die ab dem Tod des Kontoinhabers gilt. (TK)