Ohne Auftrag kaufte die Lampe-Bank für eine Kundin verlustreiche Zertifikate. Nun will sie für den enormen Schaden nicht haften.
Die Mitarbeiter des Düsseldorfer Bankhauses Lampe wollen „für Wenige Besonderes leisten“. So heißt es in der Werbung der Bank. Die heute 22-jährige Katja Meinert* aus München hätte darauf gerne verzichtet. Denn die Bank hat der jungen Millionärin in weniger als acht Monaten einen satten Verlust von 550 000 Euro beschert.
Die besondere Leistung der Bank hatte darin bestanden, Meinerts sichere und konservative Anlagen aufzulösen und von dem Geld jede Menge riskante Zertifikate zu kaufen. Die Kundin wusste nichts davon.
Meinert will sich das nicht gefallen lassen. Sie hat Rechtsanwalt Peter Mattil aus München eingeschaltet. Der hat die Bank aufgefordert, den Schaden zu ersetzen.
Doch die Bank weigert sich. In einem Brief an Mattil erklärt sie, dass ihr Münchener Berater „zumindest von einer stillschweigenden Bevollmächtigung“ der Mutter ihrer Kundin ausgehen musste. Die Mutter habe sichtbar die Bankangelegenheiten ihrer Tochter übernommen. Katja Meinert müsse sich deshalb ein Geschäft zurechnen lassen, in dem ihre Mutter sie vertreten habe (siehe Interview).
Katja Meinert kann die Stellungnahme der Bank nicht verstehen. Mit ihrer Volljährigkeit im Jahr 2006 wurden die Kontovollmachten für ihre Eltern gelöscht. „Seither durfte die Bank nur noch auf meine Aufträge reagieren“, erklärt Meinert, „und das wusste sie auch.“
Warum es im Dezember 2007 zum Kauf riskanter Zertifikate für 4,5 Millionen Euro ohne Auftrag von Meinert kam, will die Bank gegenüber Finanztest nicht erklären. Rechtsanwalt Mattil hatte sich im Namen der Kundin aber auch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) beschwert. In einem Schreiben an die Bafin erklärt die Bank ihr Vorgehen so: Meinerts Vater habe sich an ihren Berater gewandt, weil er mit den bisher erzielten Renditen unzufrieden gewesen sei. Zur Erhöhung der Rendite habe er Anlagevorschläge mit beherrschbaren Risiken gewünscht.
Der Berater habe daraufhin im Dezember 2007 Vorschläge übersandt und sie anschließend mit der Mutter und dem Steuerberater von Katja Meinert erörtert. Die Tochter habe derweil im Internat gelebt und sei an Bankgeschäften nicht interessiert gewesen.
Schließlich habe die Mutter der Kundin dem Bankhaus Lampe am 28. Dezember 2007 den Auftrag zum Kauf der riskanten Papiere erteilt, behauptet die Bank.
Die Mutter, Karin Meinert*, bestreitet dieses Gespräch. Und ihre Tochter erklärt, der von der Bank benannte Steuerberater sei gar nicht für sie tätig.
Berater bedrängte die Mutter
Mutter Meinert erzählt eine Geschichte, wie sie tausende Bankkunden in den vergangenen Jahren erlebt haben. Immer wieder habe der Berater sie angerufen und gedrängt, doch mit dem unattraktiv angelegten Vermögen der Tochter „etwas zu machen“. Mehrmals habe sie dem Mann erklärt, dass sie von Geldanlagen keine Ahnung habe und dass alles bleiben solle wie bisher.
Finanztest sagt sie, dass ihr Exmann das Vermögen für die Tochter angelegt habe und sie damit nie etwas zu tun gehabt habe. Auf Unterlagen, die der Berater nach den Telefonaten schickte, habe sie nicht reagiert, „weil ich sie nicht verstanden habe“. Aufträge habe sie keine erteilt.
Der von der Mutter getrennt lebende Vater weiß von den Vorgängen nichts, obwohl er in dem Schreiben der Lampe-Bank an die Aufsichtsbehörde erwähnt ist. Er habe 6,5 Millionen Euro für seine Tochter konservativ und sicher angelegt und bis zu ihrer Volljährigkeit verwaltet. Danach sei seine Vollmacht erloschen. Die Tochter habe das Geld von da an selbst verwaltet. Er habe sich nicht eingemischt.
Katja Meinert ließ alles, wie es ist. „Ich kenne mich nicht aus, wusste aber von meinem Vater, dass mein Geld zu 81 Prozent in Festgeld und zu 19 Prozent in Investmentfonds und Renten angelegt ist. „Dass die Bank mein Geld verspielte, erfuhr ich erst im Jahr 2009. Da erklärte mir der Steuerberater, dass die Bank 4,5 Millionen Euro in riskante Zertifikate investiert und mir damit einen Schaden von rund 550 000 Euro zufügt hat.“
Verstoß gegen Wertpapiergesetz
Warum die Bank den Schaden nicht sofort anerkannt und ersetzt hat, ist Rechtsanwalt Mattil ein Rätsel. Denn das Bankhaus Lampe habe alle Regeln für eine ordentliche Beratung verletzt, auch seine eigenen. „Jede Zusammenarbeit beginnt ... mit einem ausführlichen und vertraulichen Gespräch. Gemeinsam mit dem Kunden wird ein maßgeschneidertes Anlagekonzept entwickelt, das die persönlichen Rendite- und Risikovorstellungen berücksichtigt“, schreibt die Bank auf ihrer Internetseite.
Von Meinert hat die Bank laut Anwalt Mattil eine Vermögensberatungsgebühr in Höhe von 15 000 Euro jährlich kassiert, obwohl sie die Kundin nie beraten hat. Die Bank habe gegen das Wertpapierhandelsgesetz verstoßen, weil sie keinen Analysebogen erstellt habe. Dort müssen Bankberater eintragen, welche Erfahrungen Kunden mit Wertpapieren haben, welche Anlageziele sie verfolgen und wie viel Risiko sie eingehen wollen.
Die von der Bank behauptete Anscheinsvollmacht der Mutter (siehe Kasten) habe es nie gegeben. Die Bank habe gegenüber der Bafin eingeräumt, dass mit der Volljährigkeit der Kundin die Kontounterlagen aktualisiert wurden: „Die ausdrückliche Vollmachtserteilung zu Gunsten der Eltern wurde nicht beibehalten.“
Bankhaus lehnt Stellungnahme ab
Wir baten das Bankhaus Lampe um eine Erklärung. Katja Meinert erteilte dazu schriftlich ihr Einverständnis, trotzdem lehnte die Bank ab. Über Kundenverbindungen sage man nichts zu Dritten und zur Presse.
Gegenüber dem Anwalt beharrt die Bank darauf, alles richtig gemacht zu haben und lehnt alle Schadenersatzforderungen ab. Die Mutter habe die Aufträge erteilt und die Tochter sei damit einverstanden gewesen, sonst hätte sie ja dem Kauf der Wertpapiere widersprechen können, erklärt die Bank.
Das findet Meinert unverschämt. „Ich konnte ja gar nicht ahnen, dass die mein Geld ohne Auftrag einfach in Risikopapiere stecken. Die Kontoauszüge waren für mich nicht verständlich.“ Meinert hat ihr Depot beim Bankhaus Lampe gekündigt.
*Namen von der Redaktion geändert.
-
- Eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung geben Angehörigen Sicherheit, wenn sie die Wünsche und Interessen einer anderen Person vertreten sollen.
-
- Kohle? Kinderarbeit? Rüstung? Wer grün anlegt, will damit nichts zu tun haben. Doch nicht alle nachhaltigen Fonds und ETF sind streng. Unser Test hilft bei der Auswahl.
-
- Opa, Tante oder Eltern – viele fragen sich, wie sie am besten für die Kids sparen. Das ist einfach. Wir zeigen die richtigen Anlageprodukte und wie es geht.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Die Tochter und ihre Mutter hatten keine Ahnung von Geldgeschäften, der (anscheinend sachkundige) Vater stellt die Verwaltung mir Volljährigkeit der Kundin ein. Sie konnte nach eigenen Aussage noch nicht einmal Kontoauszüge lesen, eine erneute Bankvollmacht hatte sie nicht erteilt. Konsequenterweise schließt die junge Anlegerin einen Vermögensverwaltungsvertrag mit einer Bank. Was stand in diesem Vertrag? Kann die ggf. Bank selbstständig machen was sie will, wenn ihrem Gegenüber jegliche Sachkenntnis und Aufnahmebereitschaft fehlt? Zum Beispiel auch ohne Rücksprache und ohne ausdrückliche Zustimmung des Kunden im Rahmen der vertaglichen Vermögensverwaltung das Depot umschichten, eventuell um eine bessere Rendite zu erzielen? Grundsätzlich: Wer haftet nun, wenn es schiefgeht, d. h. wenn aufgrund einer pauschalen Autorisierung durch eine Bankentscheidung ein größerer Verlust eintritt?