
Schieflage. Die angeschlagene Credit Suisse wurde von ihrer Konkurrentin UBS übernommen – den Deal fädelte die Regierung ein. © Imago Images / Future Image
Keine Ruhe im Banksystem: Die Großbank UBS übernimmt auf Druck der Schweizer Regierung die Credit Suisse. Aktionäre und manche Anleihen-Besitzer machen Verlust.
Was ist passiert?
Die Schweizer Bank UBS hat am zweitletzten März-Wochenende ihre Konkurrentin Credit Suisse übernommen. Nachdem die Situation bei der Credit Suisse immer besorgniserregender wurde und auch ein großer Notkredit der Schweizer Zentralbank nicht ausreichend für Ruhe sorgte, schaltete sich die Schweizer Regierung ein. Sie hilft der UBS nun, um mit umfangreichen Sicherheitsnetzen die angeschlagene Konkurrentin zu übernehmen.
3 Milliarden Franken (3 Milliarden Euro) zahlt die UBS insgesamt für die Credit Suisse. Der Deal wurde an einem Wochenende offenbar unter großem Druck von der Regierung, der Zentralbank und den beiden Banken verhandelt. „Ein Konkurs der Credit Suisse hätte schwerwiegende Folgen für die Schweizer und internationale Finanzstabilität gehabt“, betonte Zentralbankchef Thomas Jordan.
Staatsgarantie bis zu 9 Milliarden Franken
Die Regierung der Schweiz hat der UBS eine Garantie von 9 Milliarden Franken für potenzielle Verluste aus dem Deal zugesagt. Finanzministerin Keller-Suter betonte aber bei der Pressekonferenz, die Steuerzahler hätten nur ein geringes Risiko, jedes andere Szenario hätte mehr Kosten verursacht. Der Bund habe zwar Garantien übernommen, aber es sei keine staatliche Rettung. UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher sagte, die Verlustgarantie sei nötig, da in der Kürze der Zeit keine ausreichende Prüfung der Vermögenswerte der Credit Suisse möglich gewesen sei. Verluste bis zu 5 Milliarden Franken wolle die UBS selbst tragen. Außerdem unterstützt auch die Schweizer Nationalbank den Deal mit Liquiditätshilfen in Höhe von 200 Milliarden Franken.
Nach dem Zusammenschluss entsteht eine Schweizer Riesenbank. Die Bilanzsumme würde rund 1,5 Billionen Franken betragen – etwa das Doppelte des Bruttoinlandsprodukts der Schweiz.
Die Aktionäre der Banken wurden nicht befragt. Die Schweizer Regierung setzte Aktionärsrechte aus und berief sich auf ein Notrecht. Die UBS teilte in ihrer Pressemitteilung knapp mit: „Die Transaktion benötigt keine Zustimmung durch die Aktionäre“.
Silicon Valley Bank als Auslöser der Bankenkrise
Als Auslöser der Bankenkrise gilt die Pleite der amerikanischen Silicon Valley Bank am 10. März, nachdem es am Tag zuvor zu einem „Bank Run“ gekommen war, bei dem viele Kunden gleichzeitig versuchten, ihre Einlagen bei der Bank abzuziehen. Es ist die zweitgrößte Bankpleite der US-Geschichte. Die Silicon Valley Bank hat in erster Linie Start-Ups aus der berühmten kalifornischen Gründerregion Silicon Valley finanziert. Am 12. März geriet in der Folge mit der Signature Bank eine zweite amerikanische Bank ins Straucheln.
Daraufhin griff dann die US-Regierung ein. Sie versprach eine Absicherung aller Einlagen bei den beiden Banken, auch über die eigentliche Einlagensicherung von 250 000 Dollar hinaus. Alle Einleger der Silicon Valley Bank würden vollständig geschützt und könnten auf ihr gesamtes Geld zugreifen. US-Präsident Joe Biden erklärte, die Menschen bräuchten sich um ihre Einlagen nicht zu sorgen.
Was bedeutet der Deal für Aktionäre und Anleihen-Besitzer der Credit Suisse?
Aktionäre der Credit Suisse bekommen eine UBS-Aktie pro 22,48 Aktien der Credit Suisse, der Kurs der Aktie brach am Montag nach der Übernahme um 56 Prozent auf rund 0,80 Franken (0,80 Euro) ein. Die sogenannten Additional-Tier-1-Anleihen (AT1-Bonds oder auch Coco-Bonds), nachrangige Schuldverschreibungen von Banken, im Wert von 16 Milliarden Franken verfallen wertlos. Die Schweizer Aufsichtsbehörde Finma sagte, damit sei sichergestellt, dass die Anleger die Kosten der Rettung tragen. Reguläre Anleihen sind bisher nicht betroffen.
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Ist die Lage bei den Banken damit unter Kontrolle?
Das ist noch nicht abzusehen. Kunden und Anleger sind weiterhin nervös: In der vergangenen Woche geriet der Aktienkurs der Deutschen Bank ohne eindeutigen Grund unter Druck und fiel von Mittwoch auf Freitag noch einmal um 20 Prozent. Mittlerweile erholt sich der Kurs, aber liegt auf Monatssicht immer noch über 20 Prozent im Minus.
Mit der US-Regionalbank First Republic strauchelt ein weiteres Geldinstitut. Seit Jahresbeginn ist die Aktie rund 90 Prozent im Minus. Und das obwohl elf US-Großbanken wie JPMorgan Chase, Citigroup und Goldman Sachs bereits mit Einlagen von insgesamt 30 Milliarden Dollar unterstützt haben, um weitere Turbulenzen im Banksystem zu verhindern und Panik zu vermeiden. Trotzdem senkte die Ratingagentur Standard & Poor‘s die Bonitätsnote der Bank. Die 30 Milliarden Dollar an Einlagen würden zwar den akuten Liquiditätsdruck vermindern, aber die „erheblichen Probleme“ der Bank womöglich nicht lösen.
Was war das Problem bei der Credit Suisse?
Die Credit Suisse ist seit Jahren von Skandalen, öffentlichen Rechtsstreitigkeiten, Kundenschwund und steigenden Verlusten geplagt. Ausgelöst durch die Bankenpleiten in den USA wurden Anleger und Kunden der instabilen Großbank immer besorgter. Der größte Aktionär, die Saudi National Bank, schloss aus, weiteres Geld in die Credit Suisse zu investieren. Die Bank bat daher die Zentralbank der Schweiz um einen Kredit, um das Vertrauen durch die öffentliche Unterstützung wiederherzustellen. Das reichte offensichtlich alleine nicht aus, um den Vertrauensverlust zu stoppen.
Zum Vergleich zum Börsenkurs der Credit Suisse zeigen wir noch die UBS, die Deutsche Bank und die australische Macquarie Bank. Alle vier Banken zählen nicht zu den Banken im MSCI World Banks Index, sondern werden im Index mit den sogenannten Diversifizierten Kapitalmärkten geführt. Das Hauptgeschäftsfeld dieser Banken liegt in den Bereichen Kreditvergabe an Großkunden und Großunternehmen, Investment Banking, Broker-Geschäfte und Vermögensverwaltung.
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Was passiert auf dem Aktienmarkt?
Vor allem Bankaktien sind nach der Pleite der Silicon Valley Bank und den folgenden Turbulenzen abgesackt. Der MSCI Europe Banks Index lag auf Monatssicht über 14 Prozent im Minus, der MSCI World Banks Index über 15 Prozent. Auch die Aktienkurse deutscher Banken rutschten in Folge der Bankenkrise ab, vor allem die Deutsche Bank und die Commerzbank sind betroffen.
Die Pleite der Silicon Valley Bank und die Probleme bei der Credit Suisse beinträchtigen den gesamten Finanzsektor. Wir zeigen die Wertentwicklung der Finanzsektoren für Welt, Europa und die Schwellenländer im Vergleich über ein Jahr.
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Für den Indexanbieter MSCI setzt sich der Finanzsektor aus den Unterbranchen Banken, diversifizierte Finanzen sowie Versicherungen zusammen. Wir zeigen die drei Unterbranchen jeweils für Welt und für Europa.
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Was ist mit meinem MSCI World ETF?
Anlegerinnen und Anleger, die in einen weltweit anlegenden Aktien-ETF investiert haben, brauchen nichts zu tun. Zwar ist auch der Weltaktienmarkt etwas abgesackt, aber nur um rund 2 Prozent auf Monatssicht. Der Sektor Finanzen war Ende Februar mit rund 15 Prozent zwar der zweitgrößte Sektor im MSCI World, aber nicht alle Banken wurden so stark abgestraft. Die Silicon Valley Bank selbst war im MSCI World vertreten, aber mit weniger als 0,1 Prozent. Etwas größer, aber ebenfalls im Nachkommabereich, war der Anteil der Silicon Valley Bank in ETF mit Nachhaltigkeitsanspruch, den ESG-Varianten. Da die Silicon Valley Bank viele Kredite an Unternehmen für erneuerbare Energien ausgegeben hatte, war sie laut Branchendienst Bloomberg auch in vielen ESG-Fonds vertreten.
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Was müssen deutsche Sparer jetzt beachten?
Deutsche Sparerinnen und Sparer sind weder von der Pleite der Silicon Valley Bank und der Signature Bank noch von den Turbulenzen der Credit Suisse betroffen. Für Banken mit Sitz in der Europäischen Union sowie in Norwegen gilt ein gesetzlicher Schutz für Spargeld in Höhe von 100 000 Euro pro Anleger und Bank. Finanztest empfiehlt allerdings nur die Geldanlage in bestimmten Ländern, damit das Spargeld gut gesichert ist.
In Deutschland werden Sparer nach einer Bankpleite von der gesetzlichen Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) bis zu einer Höhe von 100 000 Euro entschädigt. Viele deutsche Privatbanken wie Deutsche Bank oder Commerzbank sind nicht nur Pflichtmitglied der EdB, sondern gehören zusätzlich auch dem freiwilligen Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) an. Bei diesen Banken können Anlegerinnen und Anleger auch mehr als 100 000 Euro sicher anlegen. Letzteres gilt auch für Sparkassen sowie Volksbanken, die eigene Sicherungsmechanismen haben.
In unsere Zinsvergleiche von Tagesgeld und Festgeld nehmen wir nur Institute aus Ländern auf, die von den drei großen Ratingagenturen Fitch, Moody´s und Standard & Poor´s eine Topbewertung erhalten haben. Nur deren Länder und Sicherungssysteme halten wir für finanzstark genug, im Fall einer Bankenpleite Anleger zeitnah zu entschädigen. Wer nach unseren Maßgaben angelegt hat, muss also aktuell nichts tun.
Tipp: Die Einlagensicherung ihrer Bank können Sie mit einem Tool in unserem Artikel zur Einlagensicherung überprüfen.
Warum konnte die Silicon Valley Bank ihre Kunden nicht auszahlen?
Die Silicon Valley Bank hatte deutlich mehr Einlagen, als sie Kredite vergeben hatte. Einlagen sind Gelder, die Kunden bei einer Bank anlegen, etwa Tagesgeld. Einen großen Teil dieser überschüssigen Einlagen hatte die Silicon Valley Bank in sichere Anleihen, wie etwa Staatsanleihen, investiert. Durch die Zinswende hatten diese Anleihen in letzter Zeit deutlich an Wert verloren. Steigende Zinsen ziehen die Kurse für schon im Umlauf befindliche, schlechter verzinste Anleihen nach unten. Das ist eigentlich kein Problem, denn werden die Anleihen bis zum Ende der Laufzeit gehalten, wird den Anlegern der Nennwert zurückgezahlt – unabhängig vom aktuellen Kurswert. Da bei der Silicon Valley Bank aber nun viele Kunden an ihr Geld wollten, war die Bank gezwungen, ihre Anleihen zu schlechten Kursen und mit Minus zu verkaufen.
Was ist mit der Silicon Valley Bank Deutschland?
Die Finanzaufsicht Bafin hatte die deutsche Zweigstelle der Silicon Valley Bank in Frankfurt/Main geschlossen. Mittlerweile gibt es ein Nachfolgeinstitut SVB Germany, das sämtliche Geschäfte übernommen hat und eine Bafin-Erlaubnis hat. Die deutsche Zweigstelle der SVB betrieb ausschließlich Kreditgeschäft und sammelte kein Geld von Kunden ein. Ein Fall für die Einlagensicherung sei sie deswegen nicht, betonte die Bafin.
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@unentschieden: Wenn die depotführende Bank pleitegeht, können die Wertpapiere (ETF) zu einer anderen Depotbank übertragen werden. Es besteht ein sogenanntes Aussonderungsrecht. Wertpapiere können nicht physisch im Tresor gehalten werden.
Angenommen, ich hätte einen ETF im Wert von 1 Millionen € im Depot bei der Commerzbank, welches bekanntlich als Sondervermögen nicht zur Insolvenzmasse zählt und damit eigentlich sicher sein sollte - aber wie genau komme ich an die Wertpapiere im Falle einer Insolvenz der Commerzbank? Macht es in diesem Fall Sinn, die Wertpapiere *physisch* zu besitzen, also im Tresor als echtes Papier? Oder ist ein Zugriff von einer anderen Bank aus jederzeit möglich?
Kommentar vom Autor gelöscht.