Durch die Schließung vieler offener Immobilienfonds kamen auch Immobiliendachfonds in die Bredouille. Zumindest das Fiasko mit Immobiliendachfonds war für die Banken absehbar. Den Schaden haben die Anleger, die nur unter herben Verlusten an ihr Geld kommen und nicht wissen, wie es mit den Fonds weitergeht. Finanztest erklärt die Hintergründe und sagt, in welchen Fällen sich Anleger Hoffnung auf Schadenersatz machen können.
Postbank verkaufte Fonds und warnte nicht
Horst Heuberger ist wütend. Vor kurzem hat er einige tausend Euro verloren, als er seine Anteile am Immobiliendachfonds RP Global Real Estate verkaufte. In der Verantwortung sieht er die Postbank, bei der er seit mehr als 40 Jahren Kunde ist. Die Postbank hatte ihm nicht nur den verlustträchtigen Fonds aufgeschwatzt, sondern ihn auch nicht gewarnt, als der Fonds geschlossen wurde. Heuberger wusste deshalb nichts von den Risiken beim Verkauf. Ein Immobiliendachfonds investiert nicht in einzelne Grundstücke und Gebäude, sondern in offene Immobilienfonds. Doch damit beteiligte sich Heubergers Dachfonds auch automatisch an den Problemen dieser Fonds.
Probleme waren absehbar
Als der 71-Jährige den RP Global Real Estate im Juni 2010 erwarb, war dieser längst ein heißes Eisen, da ein erheblicher Teil seines Vermögens in Immobilienfonds steckte, die bereits eingefroren waren. Im Jahresbericht des RP Global Real Estate zum 31. Dezember 2009 steht: „Zum Zeitpunkt der Berichterstellung enthielt dieser Fonds drei Immobilienfonds (...), die zum Stichtag die Anteilsrücknahme ausgesetzt hatten.“ Ihr Anteil am Fondsvermögen wird mit über 30 Prozent beziffert. Darauf hätte der Postbank-Berater den Anleger unbedingt hinweisen müssen. Doch in dem Beratungsgespräch kamen zwar einige Risiken und Nebenwirkungen zur Sprache, nicht aber die Tatsache, dass der RP Global Real Estate bereits eingefrorene Fonds enthielt. Stattdessen pries der Berater den Fonds als sicheres und ertragreiches Investment an.
Von der Schließung nichts erfahren
Wie wenig die Einschätzung des Bankberaters mit der Wirklichkeit zu tun hatte, zeigte sich bereits ein Dreivierteljahr später, denn da wurde der RP Global Real Estate selbst eingefroren. Seit dem 22. März 2011 ist die Rückgabe von Anteilen an die Fondsgesellschaft gestoppt. Heuberger erfuhr nichts von der Schließung. Denn Anlegern wird nicht automatisch mitgeteilt, wenn ein Fonds vorübergehend dichtmacht. Der pensionierte EDV- Fachmann kontrollierte gelegentlich den Kurs in seinem Onlinedepot und stellte keine Auffälligkeiten fest. Er wusste nicht, dass er dort einen Wert sah, den er beim Verkauf nicht erzielen konnte. Da sich der Fondskurs über die Monate kaum bewegte, wollte Heuberger einen Schlussstrich ziehen.
Verkaufsorder ohne Warnung angenommen
Als er im Februar 2012 seinen Verkaufsauftrag abschickte, vertraute er darauf, ungefähr den Kurs zu bekommen, den er unmittelbar vorher in seinem Depot gesehen hatte. Heuberger sieht es als gravierenden Mangel an, dass sein Verkaufsauftrag ohne einen Warnhinweis auf den drohenden hohen Verlust angenommen wurde. Das Problem: Da die Fondsgesellschaft keine Anteile zurücknahm, ließ sich die Order nur über eine Wertpapierbörse ausführen. Dort entscheiden Angebot und Nachfrage über den Preis.
Verkauf mit 40 Prozent Abschlag
Im Falle des RP Real Estate lag der Börsenkurs dramatische 40 Prozent unter dem offiziellen Preis der Fondsgesellschaft. Entsprechend groß war Heubergers Entsetzen, als er die Abrechnung kontrollierte. Seine schriftliche Beschwerde bei der Postbank blieb erfolglos. Die Bank drückt ihr Bedauern aus, stellt aber fest: „Von unseren Kunden erwarten wir, dass sie sich über das Kursniveau am gewählten Handelsplatz im Vorfeld informieren.“ Auch von der Ombudsstelle deutscher Banken, an die Heuberger sich gewandt hatte, erhielt er inzwischen einen abschlägigen Bescheid.
Postbank empfahl Dachfonds
Es bleibt die Frage, wie der RP Global Real Estate auf die Empfehlungsliste der Postbank kommen konnte. Der Fonds wurde Anlegern nicht aus bloßem Zufall angedient. Heuberger hat nicht selbst nach einem Dachfonds gefragt, sondern ist den Vorschlägen seines Beraters gefolgt. Auf unsere Anfrage teilte die Postbank mit: „Zum Zeitpunkt 2010 war es nicht abzusehen, wie sich die gesamte Branche der offenen Immobilienfonds entwickelt. Das Fondsmanagement konnte uns von seiner Fähigkeit und von den Aussichten des Fonds zum damaligen Zeitpunkt überzeugen.“ Die Immobiliendachfonds waren eine Erfindung der Finanzbranche, die vor allem zwischen 2006 und 2010 im großen Stil an Privatanleger verkauft wurde. Heute kann man sagen, dass die zunächst hochgejubelte Innovation ein Schuss in den Ofen war.
Auch Commerzbank und SEB dabei
Wie die Postbank hat auch die Commerzbank im großen Stil Immobiliendachfonds verkauft. Vielen Kunden empfahl sie, ihr Vermögen aus dem offenen Immobilienfonds hausinvest in den Dachfonds Premium Management Immobilien Anlagen (PMIA) umzuschichten. Inzwischen ist für den PMIA die Auflösung beschlossen, während der hausinvest aus dem Schneider ist. Immerhin gestand die Commerzbank schließlich ihren Fehler ein und zahlte Anlegern einen Großteil ihres Geldes zurück. Auch die ehemalige SEB Bank (heute Santander Bank) hat viele Dachfonds verkauft, die inzwischen Problemfälle sind, siehe auch Der Fall: 91-Jährige kommt nicht an ihr Erspartes. Ein Finanztest-Leser berichtete, dass seinen Eltern, beide über 70 Jahre alt, der Vermögensverwaltungsfonds Santander Kapitalprotekt Substanz noch im Sommer 2010 als sichere Geldanlage verkauft wurde. Auch dieser Fonds ist eingefroren.