
Benedikt Kauertz empfiehlt, Kaffee mit Ruhe im Café zu genießen, für unterwegs aber im Mehrwegbecher. © ifeu-Institut / Jonas Harth
Der eigene Mehrwegbecher ist derzeit die umweltfreundlichste Variante für heiße Getränke unterwegs. Benedikt Kauertz vom ifeu-Institut hat die Ökobilanzen verschiedener Bechersysteme verglichen.
Testergebnisse für 12 Bambusbecher 08/2019
Einwegbecher landen oft auf der Straße
Kaffee für unterwegs ist beliebt. Sind Coffee-to-go-Einwegbecher ein ökologisches Problem?
Etwa 2,8 Milliarden Heißgetränkebecher werden pro Jahr in Deutschland verbraucht, etwa die Hälfte davon „to go“, also auf der Straße. Ist der Becher leer, möchten ihn Konsumenten entsorgen. Oft ist aber kein Mülleimer in der Nähe. So werden diese Einwegbecher oft in der Umwelt entsorgt. Das ist ein deutliches Problem.
Sind Einwegbecher grundsätzlich schlecht?
Ja und nein. Gemessen an anderen umweltintensiven Aktivitäten wie Kohle zu verstromen, kurze Strecken mit dem Auto zu fahren oder häufige Fernreisen mit dem Flugzeug zu unternehmen, ist der umweltbelastende Beitrag eines Einwegbechers nicht so relevant. Wer allerdings jeden Tag mehrere Heißgetränke aus Einwegbechern konsumiert, sollte aus Umweltsicht über Alternativen nachdenken.
Kunststoffdeckel weglassen
Können Nutzer guten Gewissens aus Einwegbechern trinken, wenn sie den Deckel weglassen und den Becher im Papiermüll entsorgen?
Schon. Der Einwegdeckel aus Kunststoff bringt tatsächlich größere Umweltlasten mit sich als der Pappbecher selbst. Wer auf den Deckel verzichten kann, sollte es unbedingt tun. Ob Papiertonne, Wertstoffsammlung oder Restmüll ist fast egal: Die Recyclingwahrscheinlichkeit der Becher ist gering. Wichtig ist, ihn überhaupt in einem Abfallbehälter zu entsorgen. Damit ist schon viel gewonnen.
Ab wann lohnt es sich für die Umwelt, Mehrwegbecher zu nutzen?
Wer täglich unterwegs Kaffee konsumiert, sollte einen eigenen Mehrwegbecher nutzen. Ab einer Wiederverwendungshäufigkeit von über 50 fallen die Aufwendungen für Herstellung und Entsorgung des Bechers kaum ins Gewicht. In der Umweltbilanz sehen wir dann nur noch die Reinigung. Und die ist sehr abhängig vom Energiebedarf der Spülmaschine. Generell reinigen Spülmaschinen energieeffizienter, als wir das von Hand können.
Mehrwegbecheranbietern fehlt es an durchdachten Konzepten
Sind Mehrwegbecher mit Pfand umweltfreundlicher als selbst mitgebrachte?
Mehrwegbecher mit Pfand sollten deutlich häufiger als zehn Mal wiederbefüllt werden. Doch nicht wiedergebrachte Becher und optische Mängel senken die Umlaufzahl erheblich. Die Mehrwegbecheranbieter brauchen durchdachte Konzepte, um eine hygienisch einwandfreie und für den Verbraucher akzeptable Rücknahme- und Reinigungslogistik zu erreichen. Da ist der vom Konsumenten mitgebrachte Becher für die Anbieter gegebenenfalls einfacher zu bedienen.
Welche Becher empfehlen Sie für den Kaffee unterwegs?
Genießen Sie Kaffee mit genügend Zeit, also am besten in einem Café. Guter Kaffee hat das verdient. Ansonsten empfehle ich einen persönlichen Mehrwegbecher.
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@TL2020: Niemand geht davon aus, dass das Getränk im tatsächlichen Leben zwei Stunden mit genau 70 Grad im Bambusbecher verweilt. Die Verordnung hat diesen Prüfaufbau für das Labor definiert, um die Prüfzeit auf ein durchführbares Maß zu reduzieren, ein Zeitraffer. Damit soll der Effekt nachgebildet werden, der bei regelmäßiger Benutzung über einen längeren Zeitraum eintritt. Die vorgegebene Zeit und Temperatur sind dabei als Mittelwert anzusehen. In der Realität füllen Sie vermutlich heißere Getränke ein, die nach kurzer Zeit unter 70 Grad abkühlen. Eine Beispielrechnung: Wenn Sie den Becher täglich benutzen und er nur fünf Minuten eine Flüssigkeit heißer als 70 Grad enthält, dann sind Sie schon nach 24 Tagen bei den im Labor angewendeten zwei Stunden. Das ist keine harte Prüfung. Trotzdem haben die Messungen gezeigt, dass die Becher sehr unterschiedlich darauf reagieren. Neben den sieben Bechern mit sehr hoher Schadstoffmigration gab es fünf Becher, in denen kaum Schadstoffe ins Prüflebensmittel übergingen. Die Methode macht also Unterschiede in der Qualität deutlich. (SG/MK)
Vielleicht müßen Bambus-Becher Hersteller andere, 100% gesunde, Klebestoffen benutzen. Aber wann wird man für solche Teste mal endlich in realistische Umstände testen? Kaffee bleibt höchstens einige Minuten warm in einem Becher und wird sehr schnell kälter als 70°C. An 70°C kann man nichts drinken ohne sich zu verbrennen. Auch mit Papier werden Klebestoffen und Coatings benutzt und Plastic Becher will mann jedenfalls nicht mehr. Nur noch Becher aus Glass (?!), oder vielleicht aus unseren Hände trinken?!
@bahiagelb: Da wir Becher aus Edelstahl noch nicht untersucht haben, können wir leider keine bewertende Auskunft beisteuern. Ihren Kommentar nehmen wir gerne als Testanregung auf und leiten sie an das zuständige Untersuchungsteam weiter. (Se)
Mein Becher ist außen aus Bambus, Melamin, Formaldehyd und innen ist ein Edelstahleinsatz. Kann ich ihn bedenkenlos verwenden?
@test8803102611: In unserer Untersuchung haben wir 12 exemplarisch ausgewählte Mehrwegbecher unter die Lupe genommen, die ausloben, Bambus zu enthalten. Mehrwegbecher aus anderen Materialien haben wir nicht getestet und können dazu keine Einschätzung geben. (spl)