
Pünktlich in Rente: Die Berlinerin Petra Gottschalk ist mit 65 Jahren und vier Monaten in den Ruhestand gegangen. Sie wird nun viel Zeit in ihrem Segelclub verbringen und freut sich auf größere Radtouren und aufs Reisen.
Ob gesetzliche, betriebliche oder private Vorsorge – Finanztest zeigt, was zu tun ist, damit das Geld nach dem Berufsleben fließt.
Für Petra Gottschalk ist es immer noch etwas ungewohnt, dass sie jetzt Rentnerin ist: Seit dem 1. Februar ist die 65-jährige Berlinerin im Ruhestand.
Heidrun Brauchli hatte schon etwas mehr Zeit, um sich an das Leben ohne Arbeitsalltag zu gewöhnen: Sie ist im Oktober 2015 vorzeitig in den Ruhestand gegangen. Die 63-Jährige, die seit einigen Jahren in der Schweiz lebt, hatte sich erst wenige Monate vorher entschieden, nicht mehr täglich für die Arbeit nach Deutschland zu pendeln.
Für den neuen Lebensabschnitt „Ruhestand“ haben beide Frauen auf mehreren Wegen finanziell vorgesorgt. Damit sie Leistungen wie gesetzliche, betriebliche und private Rente aber auch tatsächlich bekommen, mussten sie einige Vorbereitungen treffen. Der wichtigste Schritt: die gesetzliche Rente beantragen.
Welche weiteren Aufgaben angehende Rentner erledigen müssen, hängt davon ab, wie sie vorgesorgt haben. So müssen sich zum Beispiel Riester-Sparer entscheiden, ob sie einen Teil des Ersparten auf einen Schlag erhalten wollen. Und Betriebsrentner müssen sich eventuell noch auf die Suche nach früheren Arbeitgebern machen, wenn sie dort ihre Ansprüche geltend machen wollen (mehr zu den Aufgaben in der Grafik: Was im Jahr vor der Rente wichtig ist).
Gesetzliche Rente:Antrag mit Berater ausfüllen
Petra Gottschalk hat mit den organisatorischen Vorbereitungen für ihren Ruhestand im vergangenen September begonnen. Über die Internetseite der Deutschen Rentenversicherung hat sie den Rentenantrag (Formular „R0100“) ausgedruckt. Sie wollte sich erst einmal einen Überblick verschaffen, wo es kniffelig werden könnte.
Allein ausfüllen wollte sie den Antrag nicht, sondern die kostenlose Beratung der Rentenversicherung nutzen. „Einen konkreten Termin hätte ich aber erst für November vereinbaren können“, erinnert sich die Berlinerin. Das war ihr zu spät, sodass sie im Oktober ohne Termin in die nächste Beratungsstelle gegangen ist.
Die nötigen Unterlagen wie Personalausweis, Steueridentifikationsnummer und die Daten ihrer Krankenkasse hatte sie dabei. „Bis ich an der Reihe war, musste ich zwar eine Stunde warten, doch am Ende war der Antrag gestellt.“
Tipp: Die Antragsformulare auf Papier erhalten Sie in Beratungsstellen und bei der Gemeindeverwaltung. Oder Sie lassen sie sich von der Rentenversicherung zuschicken. Einen Termin für die kostenlose Beratung können Sie über die Hotline vereinbaren (Tel. 0 800/10 00 48 00). Adressen von Beratungsstellen finden Sie unter Deutsche-rentenversicherung.de, ebenso die Broschüre „Ihr Rentenantrag – so geht‘s“ (unter Services, Broschüren, Rente).
Etwa drei Monate Vorlauf einplanen

Nach 48 Berufsjahren war Schluss: Heidrun Brauchli ist vorzeitig in Rente gegangen. In der Nähe des Bodensees genießt sie ihre neu gewonnene Freizeit.
Der Rentenantrag umfasst 17 Seiten. Neben den Daten zu Person und Bankverbindung werden vor allem Daten zum Versicherungsverlauf abgefragt. Die Antragsteller müssen hier aber nur Angaben machen, wenn noch nicht alle Zeiten auf dem Versicherungskonto vermerkt sind.
„Der Rentenantrag sollte wenn möglich etwa drei Monate vor Beginn der Rente gestellt werden. Gibt es noch Lücken im Versicherungsverlauf, etwas eher“, sagt Anke Voss, freie Rentenberaterin aus Berlin. Freie Rentenberater sind unabhängige Experten, an die sich Versicherte ebenfalls wenden können, wenn sie die Formulare ausfüllen.
Stellen die angehenden Rentner den Antrag erst kurz vor oder sogar nach dem gewünschten Rentenbeginn, müssen sie meist hinnehmen, dass ihre erste Rente verzögert eingeht. Finanzielle Einbußen haben sie aber in der Regel nicht. Denn die gesetzliche Rente kann für bis zu drei Monate rückwirkend beantragt werden.
Beispiel: Erreicht ein Arbeitnehmer am 20. Mai 2016 das Rentenalter, sollte er seine Rente bis zum 31. August beantragen. Dann kann er sie rückwirkend ab Juni beziehen. Stellt er den Antrag später, zum Beispiel erst am 20. September, steht ihm die Rente erst ab September zu.
Tipp: Freie Rentenberater in Ihrer Nähe finden Sie unter Rentenberater.de. Sie helfen, den Antrag auszufüllen oder den Rentenbescheid zu prüfen. Das Honorar liegt je nach Fall und Arbeitsaufwand bei etwa 350 Euro. Die Ausgabe lohnt sich zum Beispiel, wenn die Rente dadurch höher ausfällt – etwa weil der Experte erkennt, dass Ausbildungs- oder Kindererziehungszeiten nicht voll berücksichtigt sind.
Einkommen hochrechnen lassen?
Aus Gesprächen im Vorfeld wusste Petra Gottschalk, dass sie im Rentenantrag auf ein Thema besonders achten sollte: Wie wird bei der Rentenhöhe das Einkommen der letzten Monate berücksichtigt?
Die Rentenkasse kann das Einkommen für bis zu drei Monate hochrechnen: Sie ermittelt aus dem Verdienst der vergangenen zwölf Monate einen Durchschnittswert. Diesen setzt sie für die letzten Monate im Job an und errechnet den endgültigen Anspruch. Die Rentenhöhe steht somit früh fest, das erste Geld kann pünktlich am Ende des ersten Rentenmonats auf dem Konto sein.
Gottschalk hat sich aber gegen diesen Weg entschieden, denn er ist nicht immer die beste Lösung: „Sonderzahlungen in den letzten Arbeitsmonaten bleiben bei der Hochrechnung außen vor“, erklärt Rentenberaterin Voss. „Gibt es beispielsweise noch einen Bonus oder zahlt der Arbeitgeber Überstunden aus, erhöhen diese Zahlungen nicht mehr die monatliche Rente.“
Je nachdem, wie hoch solche Zahlungen außer der Reihe ausfallen, machen sie eventuell nur ein paar Cent bei der Rente aus, doch sie können auch etwas mehr bringen:
Beispiel: Erhält ein Beschäftigter im letzten Monat 2 000 Euro Bonus, kann ihm das nach jetzigem Stand rund 1,67 Euro mehr Monatsrente bringen – gut 20 Euro im Jahr. Im Laufe des Ruhestands können so einige Hundert Euro zusammenkommen.
„Wer noch mit Sonderzahlungen rechnet oder noch kurz vor der Rente eine Gehaltserhöhung hatte, sollte deshalb im Rentenantrag ankreuzen, dass die Hochrechnung der beitragspflichtigen Einnahmen unterbleiben soll“, empfiehlt Voss. Dann kann der Versicherungsträger die Höhe der Rente erst berechnen, nachdem der Arbeitgeber das letzte Einkommen übermittelt hat, und die erste Rente kommt vermutlich etwas später. „Zu lange dauerte es aber nicht“, sagt Heidrun Brauchli, die auf die Hochrechnung verzichtet hat. „Die erste Rente kam nicht Ende Oktober, aber Mitte November.“
Tipp: Wenn Ihre gesamten Rentenansprüche feststehen, ergeht der Rentenbescheid. Sind Sie unsicher, ob er korrekt ist, sollten Sie sich beraten lassen. Ihnen bleibt ein Monat, um Widerspruch einzulegen.
Steuern senken im Ruhestand
Im Rentenbescheid werden Versicherte unter anderem darauf hingewiesen, dass sie eventuell im Ruhestand noch eine Steuererklärung einreichen müssen. Ob das der Fall ist, hängt davon ab, wie hoch ihr Einkommen ist. Dazu zählen auch Einnahmen wie Betriebs- und Privatrenten.
Je nach Rentenart gelten jedoch unterschiedliche Steuerregeln. Ob eine Steuererklärung Pflicht ist, kann man deshalb oft nicht leicht einschätzen.
Tipp: Fragen Sie bei Ihrem Finanzamt nach, ob Sie eine Steuererklärung einreichen müssen. Selbst wenn das Fall ist, müssen Sie nicht automatisch Steuern zahlen. Sie können auch im Ruhestand Posten wie Versicherungsbeiträge, Spenden und Krankheitskosten abrechnen und so die Abgaben senken oder sogar ganz vermeiden.
Unterstützung erhalten Sie durch einen Steuerberater oder in einem Lohnsteuerhilfeverein.
Die Krankenkasse will mehr wissen
Während längst nicht alle Rentner Steuern zahlen müssen, bleiben Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Ruhestand Pflicht.
Mit dem Rentenantrag mussten Gottschalk und Brauchli die Meldung zur Krankenversicherung der Rentner einreichen. In dieses Formular (R0810) haben sie unter anderem eingetragen, wo sie bisher krankenversichert waren. Denn davon hängt ab, wie sie im Ruhestand krankenversichert sind.
Waren Rentner vor dem Ruhestand privat krankenversichert, bleiben sie es weiterhin. Die meisten Rentner sind aber in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert – überwiegend als Pflichtmitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Einige Rentner können sich hingegen nur freiwillig in einer gesetzlichen Kasse versichern. Das kann zum Beispiel für diejenigen der Fall sein, die im Berufsleben länger privat versichert waren, ehe sie in eine gesetzliche Kasse zurückgekehrt sind. Der Nachteil: Sie zahlen eventuell höhere Sozialabgaben.
Wenn Berufstätige zwischendurch den Schutz gewechselt haben und wissen wollen, welche Abgaben im Alter auf sie zukommen, sollten sie einige Monate vor Rentenbeginn bei ihrer Krankenkasse nachfragen.
Tipp: Sie wissen nicht mehr, wann genau Sie in welcher Krankenkasse waren? Die Daten finden Sie auf den Sozialversicherungsnachweisen, die Sie jährlich von Ihrem Arbeitgeber erhalten haben. Oder fragen Sie direkt bei der früheren Kasse nach. Weitere Informationen zum Krankenversicherungsschutz für Rentner finden Sie unter dem Stichwort Sozialabgaben im Alter.
Betriebsrente: Häufig Abschläge für Frührentner
Petra Gottschalk bezieht neben der gesetzlichen Rente Zahlungen aus einer Unterstützungskasse, in die sie über ihren Arbeitgeber eingezahlt hat. Es ist aber nicht zwingend notwendig, dass eine betriebliche Rente wie bei ihr zeitgleich mit der gesetzlichen Rente startet. Heidrun Brauchli, die mit 63 ihre erste gesetzliche Rente bezogen hat, erhält die erste Auszahlung aus einer betrieblichen Direktversicherung erst ab 65.
„Entscheidend ist, welche Laufzeit in den Vorsorgebedingungen vereinbart ist“, sagt Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung. „Ist das Endalter 65 vorgegeben, kann es je nach Vertrag möglich sein, dass Frührentner auch die Betriebsrente eher beziehen. Dann müssen sie aber häufig Abschläge von der Betriebsrente hinnehmen.“
Über den Stand ihrer Versorgungsansprüche werden Beschäftigte im Normalfall regelmäßig informiert. Ist etwas unklar oder überlegt jemand zum Beispiel, den Zahlungsbeginn hinauszuschieben, sollte er etwa ein halbes Jahr vor dem geplanten Jobausstieg mit dem Arbeitgeber sprechen, rät Stiefermann. Die Beschäftigten sollten auch frühere Arbeitgeber informieren, wenn sie dort Versorgungsansprüche haben: „Der Mitarbeiter muss sich den Anspruch quasi abholen, der Arbeitgeber muss nicht von selbst auf ihn zukommen.“
Tipp: Ist Ihr früherer Arbeitgeber insolvent und lief Ihre Vorsorge über einen externen Anbieter wie einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung, wenden Sie sich dorthin. Lief die Vorsorge hingegen über eine Direktzusage des Arbeitgebers, wenden Sie sich bei dessen Pleite an den Pensionssicherungsverein in Köln. Mehr Informationen finden Sie unter Psvag.de.
Private Rentenversicherung: Datenabfrage vor Zahlungsbeginn
Petra Gottschalk erhält im Alter außerdem eine private Rente. „Der Versicherer hat sich einige Monate vor dem vertraglich vorgesehenen Auszahlungsbeginn von selbst gemeldet und unter anderem nach den Kontodaten gefragt“, erinnert sie sich.
Wann dieses Schreiben kommt, entscheiden die Versicherer selbst. Manche schicken es ein paar Monate vor Auszahlungsbeginn, andere gut einen Monat vorher.
Je nach Vertrag fragen die Versicherer weitere Daten ab. Handelt es sich um eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht, müssen sich die Kunden kurz vor Beginn der Auszahlung entscheiden, ob sie die monatliche Rente beziehen oder das Kapital auf einen Schlag haben wollen.
Erwarten Kunden eine Auszahlung aus der Kapitallebensversicherung, werden sie in der Regel aufgefordert, auch ihren Versicherungsschein, die Police, einzuschicken.
Tipp: Wenn Sie die Police nicht mehr finden, füllen Sie eine Verlustanzeige des Versicherers aus. Dann wird die ursprüngliche Police ungültig.
Riester-Vertrag: 30 Prozent des Geldes auf einmal?
Auch Kunden mit einem Riester-Vertrag werden vom Anbieter entweder Monate vorher oder spätestens kurz vor Rentenbeginn über die anstehende Auszahlung informiert. Für die Auszahlphase können die Sparer einige Entscheidungen treffen, zum Beispiel, ob sie bis zu 30 Prozent des Geldes auf einen Schlag entnehmen wollen. Darüber hinaus kann beispielsweise ein Kunde mit Riester-Banksparplan wählen, ob er sein Vermögen gleich als Sofortrente aus einer Versicherung erhalten will oder ob er erst Geld über einen Auszahlplan entnimmt.
Tipp: Sie können mit Ihren Riester-Ersparnissen auch zu wenigen anderen Anbietern wechseln. Wann sich das lohnt und wohin Sie wechseln können, lesen Sie im Test Auszahlung der Riester-Rente (Finanztest 4/2016).
Endlich viel Zeit
Heidrun Brauchli ist froh, dass Joballtag und alle Vorbereitungen für den Ruhestand hinter ihr liegen: „Kein Pendeln mehr zur Arbeit und kein Zeitdruck.“
Auch Petra Gottschalk ist voller Vorfreude auf die neue Freizeit: „Jetzt kann ich zum Beispiel segeln gehen, wenn das Wetter passt, und muss nicht bis zum Wochenende warten.“