Wenn Mütter nicht stillen können, ist Fertigmilch die einzige Option. Wir haben acht gute und sechs befriedigende Produkte gefunden. Eins ist aber mangelhaft.
Alle Testergebnisse für Säuglingsanfangsnahrung 07/2016
Nur das Beste fürs Baby: Die meisten Mütter, etwa 90 Prozent, geben ihrem Neugeborenen die Brust. Doch nicht alle können oder wollen lange durchhalten. Vier Monate nach der Geburt stillt nur noch etwa jede zweite Mutter in Deutschland voll. Dann kommt industriell hergestellte Säuglingsanfangsnahrung ins Spiel.
Unser Test zeigt: Hinter dem langen Namen verbirgt sich meist ein gelungenes Rundumpaket mit allem, was ein Baby zum Gedeihen braucht. Wir haben 15 Fertigmilchprodukte ins Labor geschickt – 11 aus der Kategorie der Säuglingsanfangsnahrung Pre, außerdem 4 Produkte für allergiegefährdete Babys. Sie werden als Pre HA, Hypoallergene Anfangsnahrung, verkauft.
Alle sind gut zusammengesetzt
Alle Pulver im Test sind ernährungsphysiologisch gut, sie haben ähnliche Rezepturen. Das schöne Ergebnis hat einen Grund: Die Hersteller müssen strengen gesetzlichen Regeln folgen. Und sie erfüllen die Vorschriften, wie der Test zeigt. Ebenfalls ein Grund zur Freude für Eltern: Krankmachende Keime fanden unsere Prüfer nicht.
Rossmanns Babydream mangelhaft
Der Testsieger, Milasan Pre Anfangsmilch, punktet darüber hinaus mit einer guten Schadstoffbilanz. Das gilt zumindest für die von uns geprüfte Rezeptur – erst kürzlich hat der Hersteller Zusammensetzung und Packungsgestaltung geändert. Das gute Gesamtbild des Tests wird durch das Urteil für die Babydream-Milch der Drogeriekette Rossmann getrübt. Grund für das Mangelhaft sind erhöhte Schadstoffgehalte. Babydream enthält eine bedenkliche Menge an Glycidyl-Estern, aus denen während der Verdauung das wahrscheinlich krebserregende Glycidol wird. Eine gesetzliche Höchstgrenze gibt es für Glycidyl-Ester noch nicht. Solche Mengen sind aber vermeidbar. Deshalb heißt es für Babydream im Test: aus der Traum und Note mangelhaft.
Drei weitere Produkte haben wir aufgrund von Schadstoffen ebenfalls abgewertet, aber nur etwas. Dazu später mehr.
Große Unterschiede zur Muttermilch

Fertignahrung für Säuglinge ist eine sensible Angelegenheit: Was sie enthalten muss, schreibt die Diätverordnung vor. Bis ins Einzelne nennt sie Art und Anteil von Nährstoffen wie Aminosäuren, Vitaminen oder Fetten. Mehr als 30 Nährstoffe zählt, wer eine Fertigmilchpackung inspiziert. Wir haben die Zusammensetzung im Labor haarklein überprüft.
Unerreichtes Vorbild für Ersatznahrung ist Muttermilch. „Trotz aller Verbesserungen bestehen noch immer große Unterschiede zwischen Muttermilch und Flaschennahrung“, sagt Berthold Koletzko, Professor an der Ludwig-Maximilian-Universität München und Vorsitzender der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Forscher versuchen, die Unterschiede zu verringern – oft in Kooperation mit Herstellern. „Ziel ist aber nicht die Kopie der Muttermilch“, sagt Koletzko, „sondern sie so zusammenzusetzen, dass das Baby mit allem versorgt wird, was es für eine gesunde Entwicklung braucht.“
Neben Pre-Fertigmilch gibt es Anfangsnahrung 1, der zusätzlich zum Milchzucker Stärke und andere Kohlenhydrate beigemengt werden. Sie ist sämiger und soll sättigender sein. Beide Sorten können Eltern im ersten Lebensjahr füttern, erst als einzige Nahrung, dann, etwa ab dem fünften Monat, ergänzend zum Brei. Sie eignen sich auch zum Zufüttern, falls die Mutter nicht genügend Milch hat und Arzt oder Hebamme dazu raten.
Von Bakterien bis Fettsäuren
Wer die Packungen studiert, sieht, was die Hersteller noch so alles beimischen dürfen: etwa die Ballaststoffe Galakto- und Frukto-Oligosaccharide (Gos und Fos). Die Mehrfachzucker sind auch als Präbiotika bekannt; sie befinden sich in sechs Produkten im Test (Testergebnisse). Oder Mikroorganismen, darunter früher Probiotika genannte Milchsäurebakterien. Sowohl die Bakterien wie auch Gos und Fos sollen gut für die Darmflora sein. Hinreichend belegt ist das laut Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR, bislang aber nicht.
Anders sieht es aus bei der Docosahexaensäure (DHA), einer mehrfach ungesättigten Fettsäure: Sie fördert nachweislich Gehirnentwicklung und Sehfähigkeit. Ab 2020 tritt eine Verordnung in Kraft, die dem Rechnung trägt. Aptamil Pre erreicht als einziges Produkt im Test annähernd den künftig geforderten Mindestgehalt von 20 Milligramm pro 100 Kilokalorien.
Wie das alles schmeckt? Süß – mit einer deutlichen Milchpulvernote, beschreiben es unsere Experten für Sensorik.
Alle Testergebnisse für Säuglingsanfangsnahrung 07/2016
Spezialnahrung für Allergikerbabys
Einen leicht bitteren Geschmack hat hingegen HA-Milch. HA steht für hypoallergen. Sie soll Allergien vorbeugen. Denn die enthaltenen Milcheiweiße sind teilweise aufgespalten (hydrolysiert). „HA-Nahrung ist aus meiner Sicht immer dann zu empfehlen, wenn jemand in der Familie unter einer Allergie leidet“, sagt Berthold Koletzko. Für ein Produkt auf dem deutschen Markt gibt es bereits den fundierten Nachweis, dass es einigen Allergien vorbeugen kann, insbesondere Neurodermitis: Beba HA Pre aus unserem Test war Objekt der auf Jahre hin angelegten Gini-Studie (German Infant Nutritional Intervention). Die untersucht den Einfluss der Ernährung in den ersten Monaten auf die Entwicklung von Allergien bei genetisch vorbelasteten Kindern (Interview).
Vermeidbare Schadstoffe gefunden
Festgelegt ist auch, was nicht drin sein darf in der Fertigmilch. Dazu gehören natürlich Schadstoffe. Rossmanns Babydream fällt wegen der bedenklichen Menge an Glycidyl-Ester im Test durch. Außerdem fanden wir vermeidbare Mengen an 3-MCPD-Estern. Viel davon entdeckten wir auch in Alnatura und Hipp HA. 3-MCPD-Ester entstehen wie Glycidyl-Ester während der Fettraffination. Sie wurden 2007 erstmals nachgewiesen. Vermeiden lassen sie sich bislang nicht, aber minimieren. Im Tierversuch führten sie zur Bildung gutartiger Tumore. Das BfR schätzt das Krebsrisiko durch 3-MCPD-Ester geringer ein als das durch Glycidyl-Ester. Deshalb reichte es im test-Qualitätsurteil für Alnatura und Hipp HA noch für befriedigend.
Babylove enthielt auffällig viel Chlorat. Es kann etwa über Desinfektionsmittel, die Molkereien verwenden, ins Produkt gelangen und die Jodaufnahme in der Schilddrüse hemmen. Der gesetzlich vorgegebene Höchstgehalt wurde aber nicht überschritten. Die Folge: insgesamt befriedigend.
Arzt und Hebamme sind gute Berater

Die Diätverordnung regelt praktisch alles, wenn es um Anfangsmilch geht – bis zur Packungsgestaltung. Direkte Werbung ist verboten, auch dürfen keine Babys abgebildet oder Ausdrücke verwendet werden, die einen direkten Vergleich mit Muttermilch suggerieren. Viele Hersteller versuchen, ihre Möglichkeiten auszureizen und ziehen – wie auf den Ausrissen oben zu sehen – einen indirekten Vergleich.
Obligatorisch auf den Packungen ist der Hinweis, dass Stillen das Beste fürs Baby ist und vor dem Griff zur Fertigmilch mit Arzt oder Hebamme gesprochen werden soll. „Wir versuchen zu klären, warum es mit dem Stillen nicht klappt,“ sagt Aleyd von Gartzen, Beauftragte für Stillen und Ernährung im Deutschen Hebammenverband. „Oft können wir das Problem gemeinsam mit den Müttern lösen.“ Ist das nicht möglich, stehen die Hebammen auch beim Fertigmilchfüttern den Eltern zur Seite.
Von der Milch zum Babybrei. Ernährungstipps fürs erste Lebensjahr finden Sie auf der Themenseite Baby- und Kindernahrung.
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Hallo test.de-Team,
dem Wunsch der anderen auf einen aktuellen Test möchte ich hier noch mal Nachdruck verleihen. Insbesondere weil etwa der hier benannte Testsieger "Milasan PRE Anfangsmilch" in der ÖkoTest 07/21 "durchgefallen" ist, wegen erhöhter MOSH-Belastung. Interessant wäre entsprechend ob sich bei der Beurteilung der Ernährungsphysiologischen Qualität etwas verändert hat, da ja sehr wahrscheinlich die Zusammensetzungen geändert wurden.
Vielen Dank im Voraus und MfG
@HamsterD: Vielen Dank für Ihre Anregung. Wir nehmen Ihren Wunsch nach einer Folgeuntersuchung gerne auf, jedoch umfassen unsere Planungs- und Testphasen längere Zeiträume, so dass wir Ihren Wunsch bis zur Geburt Ihres Kindes leider nicht mehr erfüllen können. (bp)
Mittlerweile ist der Test bereits bald 5 Jahre her, die Voraussetzungen für gute Pre-Nahrung haben sch geändert, und die Rezepturen sind auch andere. Vor allem die HA-Pre interessiert uns. Wann kommt ein neuer Test? Wir würden uns freuen, wenn rechtzeitig vor unserer Geburt diesen Juni noch etwas möglich ist...
Liebe test,
der Test dieser HA-Produkte ist mittlerweile 4 Jahre alt. Inzwischen wurden die Grenzen für Schadstoffwerte auch heruntergesetzt.
Unsere Kinderärztin hat uns die HA-Nahrung empfohlen.
Bebvita mag unsere Tochter nicht, Beba Pre HA ist mittlerweile auch in einer dieser Weißblechdosen. Gibt es hierzu neue Testergebnisse?
Eine regelmäßige Testung mit Druck auf die Herstellung fände ich extrem wichtig.
Danke,
Sylvie
@juwenze79: Wir haben in Heft 7/2016 andere Produkte bzw. Vorgängerprodukte von Nestlé getestet, nämlich Beba Pro Pre und Beba HA Pre. Auch die von uns getestete Produkt von Hipp ist ein anderes, nämlich Hipp: Bio Combiotik Pre Bio-Anfangsmilch.
Was Mineralölbestandteile in den damals von uns getesteten Produkten betrifft, hier ein Zitat aus unserer Veröffentlichung: „Die Gehalte der Mineralölbestandteile waren bei allen Pulvern unauffällig.“ Speziell zu Moah ein Zitat aus der Rubrik 'So haben wir getestet': "Moah fanden wir keine.“
Was Rückrufe betrifft, gibt es im Special „Rückruf von Lebensmitteln So gehen Unternehmen und Behörden vor“ (www.test.de/Rueckruf-von-Lebensmitteln-So-gehen-Unternehmen-und-Behoerden-vor-5010372-0) ausführliche Infos. Hier ein Zitat, wer für Rückrufe zuständig ist bzw. sie veranlassen muss:
"Die Lebensmittelunternehmer müssen die Rücknahme der gesundheitsgefährdenden Produkte vom Markt selbst veranlassen. Die jeweils zuständigen Behörden in den Bundesländern überwachen die Maßnahmen des Unternehmers. Wenn nicht auszuschließen ist, dass das Produkt bereits beim Kunden im Vorratsschrank steht, müssen mögliche Käufer mittels eines öffentlichen Rückrufs informiert werden – etwa im Radio, in Zeitungen, im Internet oder direkt durch einen Aushang in den Geschäften. Im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) ist die Öffentlichkeit zu warnen oder zu informieren, wenn etwa „der hinreichende Verdacht besteht, dass ein Lebensmittel ein Risiko für die Gesundheit von Menschen mit sich bringen kann“ oder „ein zum Verzehr ungeeignetes, insbesondere ekelerregendes Lebensmittel in nicht unerheblicher Menge oder über einen längeren Zeitraum in den Verkehr gelangt (ist)“. (AK/SL)