
Verbraucherzentrale Hamburg und Bund der Versicherten (BdV) gewinnen gegen die Allianz vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Der Versicherungskonzern verstößt bei seinen Riester-Verträgen gegen Transparenzregeln, urteilten die Bundesrichter. Die Allianz darf nicht länger verschleiern, dass Kunden bei Kostenüberschüssen leer ausgehen können (Az. IV ZR 38/14).
Nachteile für Geringverdiener verschwiegen
Besonders Geringverdiener, Kinderreiche und ältere Sparer erhielten bei klassischen Riester-Verträgen der Allianz keine Kostenüberschüsse. Dies werde ihnen jedoch durch intransparente Darstellung in den Bedingungen nicht hinreichend klar gemacht, lautete der Vorwurf der Verbraucherschützer. Die Allianz verteidigte die Ungleichbehandlung ihrer Kunden, die Überschüsse würden „verursacherorientiert“ ausgezahlt. Kostenüberschüsse entstünden eben nur durch Verträge mit überdurchschnittlichem Beitrag. Bei den strittigen Verträgen gehe es allenfalls um Centbeträge für jeden Versicherten. BdV und Verbraucherzentrale setzten sich nach jahrelangem Ringen am Ende trotzdem gegen die Allianz durch, zumindest in einem Punkt: Der BGH erklärte Teile der Versicherungsbedingungen für unwirksam. Die Allianz habe es ihren Kunden unnötig schwer gemacht, die Nachteile der Riester-Verträge zu durchschauen. Die „Einschränkungen in der Überschussbeteiligung durch das Kleingedruckte sollten nun passé sein“, kommentierte Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg das Urteil.
Viel zu kompliziert für den Kunden
Die Versicherungsbedingungen der Allianz enthalten nach Auffassung des BGH keinen „hinreichenden Hinweis“ darauf, dass Beteiligungen an den Kostenüberschüssen gänzlich ausgeschlossen werden. Die Richter rügten, dass der Kunde dies nur über eine „Kette von komplizierten Verweisen, die bis zum jährlichen Geschäftsbericht des beklagten Versicherers führen“ herausfinden könne. Aus Sicht des BGH würden sich Kunden im Zweifel aber gegen solche Verträge entscheiden, wenn sie von den Nachteilen wüssten. Der Versicherer habe die Pflicht, „den Versicherungsinteressenten das Nachteilsrisiko aufzuzeigen, weil es geeignet ist, deren Anlageentscheidung zu beeinflussen.“ Die Bundesrichter folgten den Entscheidungen der Vorinstanzen. Schon Landgericht und Oberlandesgericht hatten 2013 und 2014 zugunsten der Verbraucherschützer geurteilt, die Allianz wollte aber nicht aufgeben.
Ungerechte Praxis bleibt – was Kunden tun sollten
Die Verbraucherzentrale Hamburg rät, mögliche Ansprüche geltend zu machen. Auf ihrer Internetseite hat sie einen Musterbrief für geprellte Versicherte bereit gestellt. Verschiedene Konsequenzen des Urteils sind denkbar. Grundsätzlich führen einzelne unwirksame Klauseln nicht dazu, dass der ganze Vertrag unwirksam wird. Bestandskunden können also eher nicht damit rechnen, ihre Verträge gänzlich abwickeln zu können, sondern allenfalls auf eine nachträgliche Beteiligung hoffen. Denn ob es grundsätzlich rechtswidrig von der Allianz war, bestimmte Kunden von Überschüssen auszuschließen, dazu äußerte sich der BGH nicht. Die Allianz muss aber in künftigen Verträgen deutlich darauf hinweisen, dass finanzschwächere Kunden nicht an Überschüssen beteiligt werden.