Müssen Berufsmusiker zum Üben in einen Proberaum? Nein, sagt der Bundesgerichtshof (BGH). Nachbarn müssen Musik im Eigenheim in Grenzen hinnehmen. test.de erklärt, was das Urteil in der Praxis bedeutet.
Hausmusik geschützt

Ewig die Tonleiter von nebenan? Nervt, aber tägliches Üben in Maßen ist erlaubt, urteilte der Bundesgerichthof.
Häusliches Musizieren und das notwendige Üben gehören zur grundrechtlich geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit. Das heißt: Nachbarn, die sich durch solche Geräusche belästigt fühlen, müssen den Lärm in gewissen Grenzen hinnehmen. Das hat der BGH in einem Streit zwischen zwei Eigentümern von aneinandergrenzenden Reihenhäusern entschieden. Da aber auch Nichtmusizierende ein Recht auf möglichst ungestörte Ruhe haben, muss ein Ausgleich der beiden Interessen durch eine „ausgewogene zeitliche Begrenzung“ des Musizierens erfolgen, so die Richter des BGH. Als grobe Faustregel für zulässiges Musizieren gibt der BGH vor: zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen unter Einhaltung der üblichen Ruhezeiten in der Mittags- und Nachtzeit (Az. V ZR 143/17).
Berufsmusiker dürfen zu Hause üben
In dem BGH-Fall hatte ein Berufsmusiker bei sich zu Hause im Erdgeschoss und Dachgeschoss maximal drei Stunden pro Tag an höchstens zwei Tagen pro Woche gespielt. Zudem hatte er zwei Stunden wöchentlich externe Schüler unterrichtet. Die Bewohner des benachbarten Reihenhauses fühlten sich durch die Musik gestört und verlangten, dass der Musiker seine Wände besser dämmt. Das Amtsgericht und das Landgericht Augsburg beschränkten das Musizieren daraufhin stark. Im Erdgeschoss sollte der Musiker gar nicht mehr spielen dürfen, am Wochenende kaum noch. Und Unterricht sollte er zu Hause nicht mehr geben dürfen. Das geht zu weit, entschied der BGH und verwies den Fall zurück an das Landgericht Augsburg. Dort muss nach den Leitlinien des BGH neu entschieden werden, in welchen Zeiträumen der Trompeter spielen darf.
Sonderfälle
In einer besonderen Situation kann die Faustregel angepasst werden, wenn die Nachbarn etwa wegen einer ernsthaften Erkrankung besonders ruhebedürftig sind. Hat der Musiker in einem solchen Fall Nebenräume wie Dachgeschoss oder Keller zur Verfügung, ist ihm zuzumuten, dass er dort mehr und in seinen Haupträumen weniger musiziert.