
Wenig meisterhaft: Nicht einmal jede zweite der 75 untersuchten Werkstätten hat alle präparierten Fehler gefunden. Während die Vertragswerkstätten teilweise vorbildlich arbeiten, schlampen viele freie Autowerkstätten.
Testergebnisse für 15 Inspektion in Autowerkstätten 9/2010
Preiswert, Zuverlässig, Schnell – Einfach Meisterhaft!“ So heißt es vollmundig auf der Internetseite von Meisterhaft, einer Kooperation von über 1 600 freien Kfz-Werkstätten in Deutschland und Österreich. Der Name dieser Dachmarke klingt vielversprechend, doch unser Testergebnis spricht eine andere Sprache. Die meisten der 25 untersuchten Meisterhaft-Werkstätten arbeiteten bei der Inspektion schlampig. Nur 6 Werkstätten haben alle von uns präparierten Mängel gefunden. Wenigstens das Versprechen „preiswert“ trifft einigermaßen zu. Doch was nützt das günstigste Angebot, wenn es nichts taugt?
Eine Inspektion in der Autowerkstatt ähnelt ein bisschen dem Besuch beim Arzt. In beiden Fällen ist der Kunde auf die Fachkompetenz des Personals angewiesen. Und er kann kaum beurteilen, ob die Inspektion vollständig und sachkundig vonstatten ging, ob alle „Mängel“ behoben wurden und ob die Rechnung fair ist.
Autobesitzer aus ganz Deutschland

Service beginnt mit einer ausführlichen Auftragsannahme, am besten am Auto als sogenannte Dialogannahme. Dabei kann der Techniker die notwendigen Arbeiten erklären.
Dass bei den Autowerkstätten Zweifel angebracht sind, zeigt unser Test von 75 Betrieben, den wir gemeinsam mit dem ADAC durchgeführt haben. Untersucht wurden jeweils fünf Vertragswerkstätten der Automarken Mercedes-Benz, Opel, Renault, Toyota und Volkswagen. Außerdem wollten wir wissen, ob die oft deutlich billigeren freien Werkstätten konkurrenzfähig sind. Dafür haben wir die bereits erwähnte Kooperation Meisterhaft ausgewählt sowie die Werkstattkette ATU, zu der in Deutschland knapp 600 Betriebe gehören. Die freien Werkstätten wurden je fünfmal mit den fünf genannten Automarken überprüft, also insgesamt jeweils 25 Mal.
Die Testwagen stammten von Autobesitzern aus ganz Deutschland, bei denen tatsächlich eine große Inspektion anstand. Alle Fahrzeuge wurden von Sachverständigen mit fünf Fehlern präpariert: einer defekten Kennzeichenleuchte, einem zu geringen Kühlmittelstand, einem völlig verstellten Scheinwerfer, einem zu niedrigen Luftdruck im Reserverad beziehungsweise einem fehlenden Pannenset und einem ausgehängten Auspuff. Nach der Inspektion überprüften die Experten, ob die Mängel in den Werkstätten beseitigt wurden. Die Autobesitzer haben den gesamten Ablauf der Inspektion von der Terminvereinbarung bis zur Übergabe des fertigen Wagens genau dokumentiert.
Listen werden einfach abgehakt

Bei einer großen Inspektion werden etwa 20 bis 30 Positionen abgearbeitet und auf einer Liste abgehakt. Dazu gehören die präparierten Mängel in den Testwagen: Ein zu geringer Kühlflüssigkeitsstand, eine defekte Kennzeichenleuchte und ein zu geringer Luftdruck im Reserverad.
Eigentlich hätten alle Werkstätten bei der Fehlersuche einen Volltreffer landen müssen. Wenn die Betriebe bei der Inspektion, wie sie unisono behaupten, streng nach den Wartungsvorschriften der Autohersteller vorgegangen wären, hätte das Testergebnis weit besser aussehen müssen. Denn die präparierten „Problemstellen“ sind in den Listen aufgeführt. Doch offensichtlich haken viele Techniker sämtliche Kästchen in den Wartungslisten einfach ab, egal ob die Arbeiten ausgeführt wurden oder nicht. Im Unterschied zu den Vertragswerkstätten und den ATU-Filialen haben in den Meisterhaft-Werkstätten nur zwei Drittel der Betriebe die Wartungsliste an den Fahrzeugbesitzer ausgehändigt.
Mercedes vorn
Am besten – sowohl bei der Technik als auch beim Service – schnitten die Mercedes-Benz-Vertragswerksstätten ab. Alle arbeiteten vorbildlich, das Autohaus Schäfer in Königsbrunn sogar mit voller Punktzahl. Auch die Renault-Werkstätten haben alle Fehler behoben, und sie bieten einen guten Service. Bei Opel und Volkswagen gab es jeweils einen Ausrutscher: Eine Opel-Werkstatt übersah einen Fehler, ein Volkswagen-Autohaus zwei Fehler. Toyota bildet das Schlusslicht bei den Vertragswerkstätten. Vier Toyota-Betriebe haben jeweils einen Mangel nicht gefunden, und beim Service gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten.
Fehler nur auf den ersten Blick simpel

Zu den fünf eingebauten Mängeln im Test gehörten der ausgehängte Auspuff und ein völlig verstellter Scheinwerfer.
Die eingebauten Fehler wirken auf den ersten Blick recht simpel, und mancher könnte meinen, dass eine unterlassene Reparatur keine großen Auswirkungen hat. Doch dieses Argument geht ins Leere. Denn erstens hat der Kunde, der für eine große Inspektion mehrere hundert Euro hinblättern muss, Anspruch darauf, dass alle Arbeiten laut Wartungsliste erledigt werden. Und zweitens kann ein übersehener Mangel im Kühlsystem durchaus zu einem teuren Motorschaden führen.
Die Technik, also das Aufspüren der Mängel, fließt in das Qualitätsurteil mit 60 Prozent ein. Die restlichen 40 Prozent betreffen den Service. Bewertet haben wir hier unter anderem die telefonische Terminvereinbarung, die Fahrzeugabgabe, die Auftragsannahme, die Fahrzeugabholung und die Rechnungsstellung. Höchstwertungen waren beim Service noch seltener als bei der Technik. Offenbar spielt hier die Tagesform der Mitarbeiter eine größere Rolle. Manches ist aber auch hausgemacht. So wirkte die Organisation in vielen freien Werkstätten chaotisch und oft fehlt wohl ein schlüssiges Servicekonzept.
Rechnungen oft nicht verständlich
Für eine große Inspektion mussten die Fahrzeughalter im Test mindestens 150 Euro hinblättern. Es konnten aber auch, je nach Modell und Werkstatt, mehrere hundert Euro sein. Aber nicht jede Rechnung informiert den Kunden verständlich und detailliert darüber, wie es zu diesen Summen kommt. Nicht selten erscheinen völlig undurchsichtige Positionen wie „Super LLC 5L“ oder „SLK Winter-20C1L“.
Punktabzug für Geldschneiderei

Auf anderen Rechnungen tauchen Dinge auf, die weder vom Hersteller vorgeschrieben noch vom Kunden bestellt wurden. Im Test waren das bei einer Werkstatt zum Beispiel 10,86 Euro für einen „Einspritzsystemschutz“ und bei einer anderen 15,99 Euro für „Fit und Safe Motorinnenreiniger“. Für diese Geldschneiderei gab es in der Wertung einen Punktabzug.
Einen Vergleich der Gesamtkosten für die Inspektionen können wir jedoch nicht bieten. Da die Testwagen ganz normalen Autofahrern gehören, konnte die Auswahl nicht identisch sein. So stammen die Fahrzeuge nicht alle aus dem gleichen Baujahr, und sie sind auch mit etwas unterschiedlichen Motoren ausgestattet. Dadurch variieren die Wartungsumfänge ein wenig.
Noch stärker ist der Einfluss der regional unterschiedlichen Sätze für eine Arbeitsstunde in den getesteten Werkstätten. Auf dem Land lagen sie häufig deutlich niedriger als in den städtischen Ballungsgebieten, sodass sich für die fünf ausgewählten Automarken die enorme Bandbreite von 33 bis 109 Euro pro Werkstattstunde ergibt (siehe Infografik).
Vertragswerkstätten teurer als Freie
Auch wenn die Stundensätze zum Teil weit auseinanderliegen, so wird doch deutlich, dass die Vertragswerkstätten meist erheblich mehr für ihre Dienste verlangen als ATU und Meisterhaft. Am auffälligsten ist das bei den Werkstätten, die mit Mercedes A-Klasse und VW Golf getestet wurden. Bei Opel Astra lagen die Stundenpreise dagegen nah beieinander, und das auf vergleichsweise niedrigem Niveau.
Obwohl wir bei der Auswahl darauf geachtet haben, dass kein Tester zu seiner Stammwerkstatt geht, wurden einigen von den Betrieben freiwillig Rabatte eingeräumt, wohl mit dem Ziel der Verkaufsförderung beziehungsweise Kundenbindung.
Auch beim Motoröl zeigt die Preisspanne eine enorme Spreizung. Sie reicht von 6,60 bis 28,60 Euro pro Liter und war bei Mercedes A-Klasse und Toyota Corolla am größten. Ein direkter Vergleich ist auch hier nicht möglich, da Öl von sehr unterschiedlicher Qualität verwendet wird. Die Sorte schreibt der Autohersteller genau vor.
Freie mit rund 25 Prozent Marktanteil
38 Prozent aller Autobesitzer haben im vergangenen Jahr eine große Inspektion durchführen lassen. 2002 waren es noch 48 Prozent. Mit der Wirtschaftskrise hat die liebevolle Zuwendung zum angeblich liebsten Kind der Deutschen offenbar etwas nachgelassen. An der rückläufigen Zahl der Inspektionen dürften aber auch längere Wartungsintervalle und sinkende Jahresfahrleistungen ihren Anteil haben.
Wenn eine Inspektion ansteht, dann gehen die meisten immer noch in die Vertragswerkstatt. Freie Werkstätten holen aber langsam auf und erzielen inzwischen einen Marktanteil von rund 25 Prozent. Bei Fahrzeugen, die acht Jahre und älter sind, liegt ihr Anteil sogar über 50 Prozent. Bei einem älteren Modell schrecken wohl die hohen Kosten in der Vertragswerkstatt ab.
Reparaturkosten immer höher
Die Europäische Union will freie Werkstätten weiter stärken. Die EU-Kommission kritisiert, dass die Kosten für Reparaturen in den vergangenen Jahren stark gestiegen seien. Sie sollen inzwischen rund 40 Prozent der Gesamtkosten der Fahrzeughaltung ausmachen. Um diesen Trend zu stoppen, will die EU den Wettbewerb zwischen zugelassenen und unabhängigen Autowerkstätten noch weiter verbessern.
Wettbewerb soll stärker werden
Seit Anfang Juni gelten verschärfte Kartellregeln für das Kfz-Gewerbe. Danach müssen die Autohersteller freien Werkstätten den Zugang zu Reparaturinformationen deutlich erleichtern. Die neuen Regeln sollen außerdem dazu beitragen, dass die Freien einen leichteren Zugang zu alternativen und billigeren Ersatzteilen bekommen.
Kfz-Hersteller dürfen ihre Gewährleistungspflicht nicht davon abhängig machen, dass Wartungsleistungen wie etwa Ölwechsel nur in zugelassenen Werkstättendurchgeführt werden. Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia ist fest davon überzeugt, dass sich „durch den neuen Rechtsrahmen die Reparatur- und Wartungskosten verringern werden“. Wenn freie Werkstätten dann auch noch die Qualität verbessern, ist für Autofahrer viel getan. Und „Meisterhaft“ ist dann vielleicht auch kein leeres Versprechen mehr.
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Kommentar vom Autor gelöscht.
Pitstop bietet die Inspektion für 59,- Euro an. Anfang des Jahres gab es eine Aktion beim Gutscheinanbieter Groupon. Der "Deal" war, man erwirbt für 29,- Euro einen Gutschein für diese Inspektion und spart
30,- Euro, dachte ich. Das war jedoch weit gefehlt. Bei einem 8 Jahre alten Auto fällt dann auch der Austausch von Verschleißteilen, Ölwechsel, Wartungen usw. an. Preise wurden genannt und auch abgesegnet. Bei der Rechnungsstellung erschienen allerdings dann wieder die 59,- Euro Pauschale für die Inspektion. Die waren aber doch über den Groupongutschein mit 29,- Euro schon bezahlt. Darauf erklärte man mir, das müsse so sein. Der Rabatt wird bei den Reparaturen auf die Einzelpreise als Nachlass gewährt. Das ist für mich Betrug, zumal darauf in keinster Weise hingewiesen wird. In mehreren e-mails mit einem Sachbearbeiter bei pitstop, räumte man ein, dass es auch zu Schwierigkeiten mit anderen Kunden gekommen ist, zeigte sich aber uneinsichtig und nicht kulant. "Nie wieder pitstop"!