
Waschanlagen sollen Autos sauber und ansehnlich machen. Manchmal geht das aber gründlich schief – und der Wagen weist frische Kratzer oder Beulen auf. test.de sagt, was in solchen Fällen zu tun ist.
Tiefe Kratzer im Kotflügel
„Endlich Frühling“, freut sich Birte Bräutigam an einem der ersten warmen Tage im April. Auf dem Weg von der Arbeit nachhause fährt sie ihren anthrazitfarbenen Skoda Octavia zur Feier des Tages in die Waschanlage ihrer Stamm-Tankstelle in Oberhaching. Da allerdings ist es vorbei mit der guten Laune. Als Bräutigam das Ergebnis der Wäsche begutachten will, ist sie entsetzt. Staub und Schmutz sind zwar verschwunden, dafür aber prangen auf dem Kotflügel ihres Wagens tiefe Kratzer, die vor der Wäsche noch nicht da waren.
Schnell reagieren
„Das kann schon mal passieren“, weiß Carsten Graf, Technikexperte des ADAC. Eigentlich funktionierten moderne Waschanlagen zuverlässig. Doch natürlich könne stets etwas kaputtgehen. So bestehe die Gefahr, dass sich abgerissene Wischerblätter, Antennen oder Zierleisten des Vorgängerautos in den Bürsten verfangen – und bei der Folgewäsche Schäden anrichten. Kunden sollten dann schnell reagieren.
Kontrolle gleich nach der Wäsche

Kratzer statt Glanz. Nach der Waschanlage musste Birte Bräutigam mit ihrem knapp drei Jahre alten Skoda Octavia in die Werkstatt. Kosten: 620 Euro.
Grundsätzlich gilt: Wenn feststeht, dass ein Schaden beim Waschen entstanden und ein Mitverschulden des Kunden ausgeschlossen ist, haftet der Inhaber der Anlage. Ausnahme: Der Betreiber belegt, dass ihn kein Verschulden trifft. Das aber klappt nur selten. Wichtig ist deshalb, den Wagen gleich nach der Wäsche zu kontrollieren. Wer Kratzer oder Ähnliches entdeckt, sollte sofort einen Mitarbeiter der Anlage bitten, den Schaden zu dokumentieren. Der Grund: Je später Autobesitzer Schäden reklamieren, desto schwieriger lässt sich nachweisen, dass die Läsionen wirklich beim Waschen entstanden sind.
Fotos und Zeugen
Birte Bräutigam hat das alles richtig gemacht. Nachdem der erste Ärger verflogen war, füllte sie zusammen mit einem Mitarbeiter der Tankstelle ein Formular für die Haftpflichtversicherung des Unternehmens aus. Das Original ging an den Versicherer. Sie erhielt den Durchschlag. Außerdem trug man ihr auf, einen Kostenvoranschlag für die Reparatur des Kotflügels einzuholen und an die Versicherung zu schicken. Die werde sich dann melden. Doch was passiert, wenn die Mitarbeiter der Waschanlage sich weigern, den Fall zu dokumentieren? Dann müssen Betroffene selbst aktiv werden, Fotos machen und den Schaden am besten auch Dritten zeigen, die später als Zeugen aussagen können.
Aufbauten besser abbauen
Umgekehrt gilt: Wenn Autofahrer ihrerseits in der Waschanlage etwas kaputtmachen, müssen sie auch dafür geradestehen. So kommt es immer wieder vor, dass Kunden entgegen den Anweisungen während des Waschvorgangs auf die Bremse treten oder den Wagen falsch in die Anlage fahren. Manche versäumen es auch, die Antenne oder Aufbauten zu entfernen, die dann abbrechen und Schäden verursachen können. Die Haftungsregeln sind aber weniger streng als im Straßenverkehr. Dort müssen Autofahrer bereits zahlen, wenn beim Betrieb ihres Wagens ein Schaden entsteht – ob sie etwas dafürkönnen oder nicht, ist unerheblich. In der Waschbahn dagegen gilt: Geld fließt nur, wenn der Inhaber der Anlage dem Kunden Verschulden nachweist (Amtsgericht Köln, Az. 272 C 33/12).
Zur Sicherheit abschließen
Ohnehin wird in den meisten Fällen erbittert darüber gestritten, wer für einen Schaden verantwortlich ist. So hatte das Landgericht Coburg einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Autofahrer 7 600 Euro Schadenersatz verlangte. Grund: In der Trockenhalle der Anlage hatte sich der Kofferraumdeckel seines Wagens geöffnet und war verbogen worden. Der Mann konnte aber nicht beweisen, dass dieser Vorgang auf einen Defekt der Anlage zurückging – und ging leer aus (Az. 11 O 440/08).
Haftung nicht beliebig einschränkbar
In den allgemeinen Geschäftsbedingungen können Waschanlagen-Unternehmer die Haftung nicht beliebig reduzieren. Unzulässig ist es etwa, die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu beschränken. So hat es der Bundesgerichtshof entschieden (Az. X ZR 133/03). Die Betreiber müssen auch für die Folgen einfacher Fahrlässigkeit einstehen.
Ersatz für Anbauteile schwierig
Dennoch ist es oft schwierig, Ersatz für Schäden an Anbauteilen wie Spiegeln oder Spoilern zu bekommen. Wenn ein Gutachter bestätigt, dass die Waschanlage zur Zeit des Schadens einwandfrei funktionierte, haben Kunden schlechte Karten. So argumentierte das Amtsgericht Haldensleben (Az. 17 C 631/10): Es sei bekannt, dass auch ab Werk montierte Spoiler in automatischen Waschanlagen abreißen können. Wenn der Betreiber die Haftung für solche besonders gefährdeten Teile einschränke, erfolge die Nutzung der Anlage auf eigene Gefahr, urteilte das Gericht trotz der Vorgaben vom Bundesgerichtshof.
Ärger am besten vermeiden
Die beste Strategie beim Autowaschen ist es ohnehin, Schäden zu vermeiden und schon im Vorfeld genau hinzusehen. Macht eine Waschanlage einen ungepflegten Eindruck, sei kaum zu erwarten, dass sie gut reinige und perfekt gewartet sei, sagt ADAC-Experte Carsten Graf. Auch wenn es nach Moder oder zu viel Reinigungsmittel rieche, sei Vorsicht geboten. Beides deute darauf hin, dass das Wasser bereits zu lange in der Anlage zirkuliere. Vielsagend sei auch, zu schauen, wie sauber Autos nach der Wäsche sind.
Selber waschen keine Alternative
Auf jeden Fall empfiehlt Graf eine gründliche Vorreinigung in der Waschanlage, zum Beispiel mit Hochdruckreiniger. Klebt nämlich am Wagen noch grober Dreck mit Sandkörnern, sind Lackschäden wahrscheinlich, wenn die Bürsten den Schmutz abreiben. Das Auto per Hand zuhause zu waschen, wie es früher üblich war, ist dagegen keine Option. Dieses Verfahren ist nicht nur mühsam, es verbraucht auch Unmengen Wasser, gefährdet die Umwelt und ist in den meisten Kommunen verboten. Zulässig ist hingegen, den automatisch gereinigten Wagen selbst einzuwachsen und auf Hochglanz zu polieren.