
Es lohnt sich, bei der Wahl des Tarifs auf die Rückstufung zu achten.
Lässt ein Kunde einen Unfall regulieren, stuft sein Versicherer den Schadenfreiheitsrabatt zurück. Unser Vergleich zeigt: Dabei gibt es gewaltige Unterschiede. Wir haben 163 Tarife von 64 Gesellschaften verglichen. 1 302 Euro kostet die Rückstufung unseren Modellkunden im Basistarif der EuropaGo. 3 128 Euro zahlt er beim Münchner Verein – mehr als doppelt so viel.
Zwei Blechschäden – macht 800 Euro
Von 419 Euro Jahresbeitrag auf 1 248 Euro? Das war teuer, fand unser Redakteur Michael Sittig. Der Berliner hatte in einem Jahr gleich zwei Blechschäden gebaut. Grund genug für seinen Autoversicherer, die R+V24, den Beitrag drastisch zu erhöhen. Über 800 Euro Jahresprämie mehr – das ist richtig ärgerlich. Zumal die Rechnung auch in den Folgejahren höher ausfallen wird. Die genannten Mehrkosten sind nicht sofort fällig, sondern summieren sich über die nächsten Jahre. So muss zum Beispiel Michael Sittig im nächsten Jahr 800 Euro mehr zahlen, weil er zurückgestuft wurde. Aber auch in den Jahren danach fällt sein Versicherungsbeitrag höher aus als ohne den Unfall. Das macht mehrere Tausend Euro aus.
So haben wir getestet
Unser Modellkunde. Wir haben 163 Tarife von 64 Versicherern untersucht. Verglichen haben wir die Kosten für einen 40-Jährigen aus Bad Segeberg, der einen Honda Accord fährt. Er ist in Schadenfreiheitsklasse (SF) 15 und kommt auf 15 000 Kilometer pro Jahr.
Jedes Jahr eine Stufe besser
Der Grund liegt im System des Schadenfreiheitsrabatts. Damit belohnen Versicherer Kunden, die unfallfrei fahren. Je länger sie ohne Schaden bleiben, desto günstiger wird ihr Vertrag. Nach jedem Jahr kommt ein Kunde in eine günstigere SF-Klasse, pro Jahr eine Stufe. Nach 15 Jahren ist er in der SF 15, nach 35 Jahren in der Regel in der SF 35. Das ist in den meisten Tarifen die günstigste SF-Klasse. Jeder Stufe ist ein Prozentsatz zugeordnet. Ein Satz von 50 Prozent beispielsweise – er wird oft nach zwei bis drei unfallfreien Jahren erreicht – bedeutet, dass der Kunde die Hälfte des Grundbeitrags zahlt. Dieses System ist in fast allen Tarifen gleich. Unterschiedlich ist, welche Prozente den SF-Klassen zugeordnet sind. Doch die Abweichungen sind häufig nur gering. In SF 15 berechnet zum Beispiel die Huk Coburg 30 Prozent, die Gothaer 31 Prozent.
Unser Rat
Rückkauf. Wenn Sie einen Unfall verursacht haben, lassen Sie zunächst Ihren Kfz-Versicherer den Schaden zahlen. Sie haben anschließend meist sechs Monate Zeit zu überlegen, ob es sich lohnt, die Rückstufung durch einen Schadenrückkauf zu vermeiden.
Rabattschutz. Ein Rabattschutz als Zusatzleistung in der Autoversicherung ist teuer. Er kann sich aber schnell lohnen, denn die Kosten einer Rückstufung liegen über die Folgejahre oft bei mehreren Tausend Euro.
Rabattretter. Wenn Sie seit Jahren beim selben Versicherer sind, haben Sie eventuell einen älteren Vertrag mit kostenlosem Rabattretter. In solchen Fällen ist es häufig ratsam, im Altvertrag zu bleiben und nicht den Anbieter zu wechseln.
Günstig. Eine Kfz-Versicherung, die sowohl preisgünstig ist als auch nach einem Unfall moderat zurückstuft, finden Sie so: Unser Kfz-Versicherungsvergleich nennt mehrere günstige Angebote für Ihren individuellen Versicherungsbedarf. Aus dieser Liste können Sie sich anschließend mit unserem kostenlosen Grenzwertrechner die Tarife mit moderater Rückstufung heraussuchen. Viele weitere Informationen zur Autoversicherung finden Sie auf unserer Themenseite Autoversicherung.
Erstaunliche Unterschiede bei der Rückstufung
Umso erstaunlicher sind die großen Unterschiede beim Rückstufen. Nach einem Unfall geht es nicht lediglich eine Stufe zurück, sondern gleich mehrere. Um wie viele, ist je nach Versicherer und Tarif unterschiedlich. Einige langen kräftig zu, andere begnügen sich mit moderaten Aufschlägen. Viele Versicherer, beispielsweise die Sparkassen Direkt, Europa, Gothaer oder VHV stufen aus SF 15 in SF 7 zurück. Andere Anbieter schicken ihren Kunden nach einem Schaden sogar in die SF 6 oder gar SF 5. Dann braucht er neun schadenfreie Jahre zurück in die SF 15, von SF 5 sogar zehn, von SF 7 sind es acht Jahre. Ohne Unfall wäre der Autobesitzer nach 20 Jahren in der günstigsten SF 35 angekommen. Nun sind es 29, 30 Jahre beziehungsweise „nur“ 28 Jahre.*
Basistarife von Bruderhilfe und Huk am teuersten
Der Unterschied wirkt gering, macht sich aber in Euro und Cent deutlich bemerkbar. Denn der Mehrbeitrag wird so lange fällig, bis der Kunde endlich in der günstigsten SF-Klasse 35 angekommen ist. Im Ergebnis liegen die Mehrkosten bei den meisten Tarifen in unserer Untersuchung beim Vier- bis Fünffachen des bisherigen Jahresbeitrags. Aber es gibt deutliche Ausreißer nach oben. In einigen Tarifen ist das Sechs- oder Siebenfache fällig. Am teuersten wird es in den Basistarifen von Bruderhilfe sowie Huk Coburg und Huk24. Da kostet die Rückstufung fast das Achtfache des Jahresbeitrags.
Rückstufung greift nicht in der Teilkasko
Noch teurer wird es, wenn der Autobesitzer in einem Jahr zwei oder noch mehr Unfälle verursacht. Dann landet er oft in der SF 1/2, nur zwei Stufen besser als ein Führerscheinneuling. Die Rückstufung greift nur in der Kfz-Haftpflicht- und in der Vollkaskoversicherung, nicht in der Teilkasko. Dort gibt es keine SF-Klassen. Der Grund: Die Teilkasko deckt in erster Linie Schäden, die ein Kunde durch seine Fahrweise nicht beeinflusst, etwa solche durch Sturm, Hagel, Brand und Diebstahl. Sie treffen vorsichtige Fahrer ebenso wie Raser.
Versicherer stufen bei Basistarifen stärker zurück
Viele Versicherer bieten nicht nur einen Tarif, sondern gleich mehrere Varianten: oft eine Basisversion, einen Komforttarif mit etwas besseren Leistungen und ein teures Premiumangebot. Unser Vergleich zeigt: Von den Gesellschaften, die mehrere Tarife bieten, stufen 31 in allen Tarifen gleich zurück. 27 Versicherer hingegen unterscheiden: In den preisgünstigen Basistarifen stufen sie stärker zurück als in den Premiumvarianten. Das ist zunächst ärgerlich. Aber weil die Beiträge im Basistarif oft deutlich günstiger sind, fahren Kunden damit unterm Strich trotz der teureren Rückstufung rein preislich immer noch billiger als mit den teuren Premiumvarianten.
Unser Gratisrechner hilft
Komplizierte Berechnung. Die Unterschiede machen deutlich: Es ist sinnvoll, bei der Auswahl eines Kfz-Tarifs auch auf die Rückstufung zu achten. Das Problem ist nur: Dafür müssten Autobesitzer bei allen Anbietern, die preislich für sie infrage kommen, ins Kleingedruckte schauen und mühsam die Rückstufungstabellen studieren sowie den Jahresbeitrag ausrechnen. Denn letzten Endes kommt es nicht auf die SF-Klasse und den prozentualen Beitragssatz an, sondern allein auf den Jahresbeitrag.
Rückstufungsrechner nutzen. Einfacher geht es mit unserem kostenlosen Rückstufungsrechner Autoversicherung. Das Programm nennt den Betrag, bis zu dem es sich lohnt, den Schaden selbst zu bezahlen. Damit können Kunden aber auch die finanziellen Folgen eines Schadens in verschiedenen Tarifen durchspielen.
Aktuelle Bedingungen. Wir haben den Rechner mit den aktuellen Bedingungen der Autoversicherer überarbeitet, die seit 1. Januar 2018 gültig sind. Achtung: Wer bereits seit Jahren beim selben Versicherer ist, sollte nachschauen, ob die Rückstufungsbedingungen in seinem Vertrag denen entsprechen, die der Versicherer für aktuelle Policen zugrunde legt.
Rückstufung vermeiden
Es gibt drei Wege, eine Rückstufung zu vermeiden: Ein Versicherter kann den Schaden zurückkaufen, er kann eine Police mit Rabattschutz abschließen oder von einem Vertrag mit Rabattretter profitieren.
Weg 1: Schadenrückkauf
Selber zahlen. Vor allem bei kleinen Unfällen ist es häufig günstiger, den Schaden nicht vom Versicherer regulieren zu lassen, sondern aus eigener Tasche zu zahlen. Denn für die Rückstufung nach einem Unfall spielt es keine Rolle, wie hoch der Schaden insgesamt ausfällt. Egal ob es nur ein kleiner Kratzer für 200 Euro ist oder ein Totalschaden für 20 000 Euro: Wenn der Versicherer zahlt, stuft er den SF-Rabatt zurück. In unserem Onlinerechner wird der Grenzwert genannt, bis zu dem es günstiger ist, selbst zu zahlen. Sonst zahlt jemand über die folgenden Jahre hinweg insgesamt mehr an Zusatzbeitrag für die Versicherung als der Schaden gekostet hat. Liegt der Schaden dagegen über dem Grenzwert, sollte man die Regulierung dem Versicherer überlassen.
Sechs Monate Zeit. Ob sie selbst zahlen oder nicht, müssen Autobesitzer nicht direkt nach dem Unfall entscheiden. In der Praxis ist es sogar besser, zunächst alles über die Versicherung laufen zu lassen. Die Entscheidung kann man später treffen. In den meisten Kfz-Haftpflichtversicherungen steht, dass Kunden nach einem Unfall sechs Monate, oft auch bis zum Jahresende, Zeit haben für einen „Schadenrückkauf“. In der Vollkasko gibt es aber auch Tarife ohne Schadenrückkauf.
Scherereien vermeiden. Die Versicherung in Vorleistung treten zu lassen, ist vor allem deshalb günstig, weil zu dem Zeitpunkt, an dem der Versicherer die Schadenregulierung abschließt und zahlt, im Regelfall auch die Endsumme feststeht. Folgekosten, die eventuell direkt nach dem Unfall noch nicht absehbar waren, sind dann meist berücksichtigt. Damit ist der Autobesitzer auf der sicheren Seite. Weiterer Vorteil: Er muss sich gar nicht erst mit eventuell überzogenen finanziellen Forderungen des Unfallgegners auseinandersetzen. Das ist dann Aufgabe der Versicherungsgesellschaft. Verlangt der Geschädigte zu viel, lehnt sie dies ab. Notfalls geht sie dafür auch vor Gericht – auf eigenes Kostenrisiko. Außerdem bleiben den Kunden auf diese Weise sechs Monate Zeit, um das Geld für den Rückkauf anzusparen.
Weg 2: Rabattschutz gegen Aufpreis
Schadenfreiheitsklasse versichern. Weil viele Autobesitzer sich über die teure Rückstufung nach einem Schaden ärgern, bieten die meisten Autoversicherungen einen Rabattschutz an. Damit kann ein Kunde gewissermaßen seine bereits erreichte SF-Klasse versichern. Wenn er einen Unfall verursacht, wird der Vertrag nicht zurückgestuft, die Jahresprämie bleibt gleich. Dieser Schutz kostet allerdings einen zusätzlichen Aufschlag: oft 15 bis 25 Prozent des Jahresbeitrags. Das ist zwar viel, aber für die Kundschaft ein gutes Geschäft, meinen Fachleute. Für viele Versicherer ist der Rabattschutz insgesamt ein Minusgeschäft. Um die Kosten zu decken, müssten sie den Preisaufschlag eher bei 30 Prozent ansetzen, meinen Experten.
Rabattschutz erschwert Wechsel. Einen Haken hat der Rabattschutz: Zwar bleibt nach einem Unfall die bisherige SF-Klasse dieselbe. Aber daran ist nur die jetzige Versicherung gebunden. Sobald ein Kunde den Anbieter wechselt, gilt der Rabattschutz nicht. Die neue Versicherung fragt nach den Unfallschäden der vergangenen Jahre und lässt sich vom bisherigen Anbieter die SF-Klasse ihres neuen Kunden mitteilen, ebenso seinen Schadenverlauf. Sie berücksichtigt dann den Unfall und kalkuliert den SF-Rabatt neu. Das Ergebnis ist in aller Regel eine Rückstufung – ganz so, als hätte es keinen Rabattschutz gegeben. Für viele Autobesitzer lohnt sich der Wechsel dann nicht.
Rabatt mitnehmen. Es gibt aber auch Versicherer, die die günstige SF-Klasse anerkennen. Voraussetzung dafür ist häufig, dass der Kunde auch bei ihnen einen Rabattschutz abschließt. Wer wechseln will, sollte daher bei seinem neuen Anbieter um Anerkennung seiner Sondereinstufung bitten. Mitunter verlangt der Sachbearbeiter des Kfz-Versicherers, dass der Kunde eine Bescheinigung des bisherigen Unternehmens vorlegt.
Das müssen Fahranfänger beachten. Für Fahranfänger gibt es meist keinen Rabattschutz. Viele Versicherungsgesellschaften setzen ein Mindestalter von 23 oder 25 Jahren voraus. Außerdem gewähren viele den Rabattschutz nur, wenn der Versicherte mindestens in SF-Klasse 4 oder gar SF 6 ist – also schon seit mehreren Jahren unfallfrei gefahren ist.
Weg 3: Rabattretter
Beitragssatz bleibt gleich. Ähnlich wie der Rabattschutz funktioniert der Rabattretter: Ein Kunde muss nach einem Unfall keinen Mehrpreis für seine Versicherung zahlen. Anders als beim Rabattschutz wird beim Rabattretter die Schadenfreiheitsklasse zurückgestuft, aber nur so weit, dass der prozentuale Beitragssatz erhalten bleibt. Den Rabattretter gibt es nur in den höchsten SF-Klassen – da sind die Prozentsätze gleich, oft 25 oder 30 Prozent.
Nur noch in alten Policen. Der Retter war bisher ein kostenloser Bonus, mit dem die Versicherer langjährig unfallfreie Fahrer belohnten – zusätzlich zum SF-Rabatt. In neuen Policen hingegen gibt es ihn kaum noch. Nur Kunden mit alten Verträgen können häufig noch auf den Rabattretter vertrauen. Für sie lohnt ein Wechsel des Versicherers deshalb nur, wenn der neue Vertrag Rabattschutz bietet und dennoch preisgünstiger ist als der alte.
Nur einmal nutzbar. Nachteil des Rabattretters ist, dass er meist nur einmal genutzt werden kann. Danach ist er verbraucht. Kunden sollten daher nach einem Unfall überlegen, ob sie den einmaligen Joker ziehen oder den Schaden aus eigener Tasche zahlen. Dann taucht der Unfall in ihrer Versicherungshistorie nicht auf. Die weiße Weste bleibt.
Günstige Angebote finden mit unserem individuellen Vergleich
Unser Kfz-Versicherungsvergleich nennt Tarife, die zu Ihrem persönlichen Bedarf passen. Die Analyse kostet 7,50 Euro. Zusätzlich erhalten Sie eine Übersicht mit den Leistungen der Tarife.
Sie können unseren Vergleich zweimal nutzen: für 2018 und für 2019. Sie erhalten eine Transaktionsnummer, die 13 Monate lang für zwei Autos gilt. So kostet Sie die Aktion pro Jahr nur die Hälfte.
Ähnliche Vergleiche bieten Internetportale gratis. Der Unterschied: Die Stiftung Warentest kassiert keine Provision von Versicherern. Außerdem ist unser Vergleich fast vollständig. Bei Gratisportalen fehlen oft preisgünstige Anbieter. Die Huk-Coburg etwa ist bei solchen Portalen ausgestiegen.
* Passage korrigiert am 26. Februar 2018