Beim Autokauf gibt es die Versicherung direkt vom Hersteller dazu. Unsere Stichprobe zeigt: Solche Policen sind oft teuer.
Ein bisschen ist es wie früher bei Tante Emma. „Darfs ein wenig mehr sein?“, hieß es damals an der Wursttheke. „Darfs auch eine Versicherung sein?“, fragt heute der Autohändler.
„Alles aus einer Hand“, heißt es beispielsweise bei Volkswagen. Der Kunde muss sich um nichts mehr kümmern. Ob Wartung, Reparatur oder Unfallschaden: Stets ist der Vertragshändler für ihn da. Das ist praktisch, aber lohnt sich das auch?
Police mehr als 600 Euro teurer
Wir haben sieben Herstellerbanken gefragt, was die Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung einen 35-jährigen Angestellten kostet. Ergebnis: Sie ist oft teuer. Wer sich stattdessen auf dem freien Markt eine günstige Police sucht, kann hunderte Euro sparen. Unser Modellkunde fährt 679 Euro im Jahr billiger, wenn er seinen neuen 1-er BMW nicht übers Autohaus versichert, sondern direkt bei einem günstigen Versicherer.
Die Tabelle vergleicht die Herstellerpolicen mit dem Classictarif des Onlineversicherers Huk24. Dieser Tarif bietet in allen wichtigen Punkten gute Leistungen, teils bessere als die Policen vom Hersteller, und er ist im Regelfall preiswert.
Wer will, kann auf dem freien Markt sogar noch günstigere Angebote finden. Dafür ist aber ein Preisvergleich nötig, in den persönliche Merkmale wie Alter, Beruf, Jahreskilometer, Garage und anderes einfließen.
Die Tabelle zeigt: Nur Peugeot ist etwas günstiger als der Vergleichstarif, bei höherer Selbstbeteiligung. Fünf Hersteller im Test sind teurer. Toyota macht keine Angaben: Die Versicherungsbeiträge seien je nach Händler zu unterschiedlich.
Das Ergebnis hat uns erstaunt. Denn bei der großen Marktbedeutung der Autofirmen sollten günstige Preise drin sein. Die Hersteller erledigen das Versicherungsgeschäft meist nicht selbst, sondern kooperieren mit gewerblichen Versicherern. Denen vermitteln sie tausende Kunden. Allein die Allianz hat 1,3 Millionen Autos über Autohäuser versichert. VW geht anders vor: Die Wolfsburger betreiben gemeinsam mit der Allianz eine eigene Versicherung.
Doch so oder so: Am Ende hat das „Alles aus einer Hand“ für den Kunden seinen Preis – das sagen die Verkäufer nicht.
Police nur bei Kredit oder Leasing
Eine Versicherung bekommen oft nur Kunden angeboten, die ihr Auto über einen Kredit der Herstellerbank oder über Leasing finanzieren. Ein Neuwagen muss es nicht unbedingt sein – versichert werden auch gebrauchte Fahrzeuge.
Ein Tipp kann die Police von Peugeot für Fahrer in teuren Schadenfreiheitsklassen (SF) sein. Sie verzichtet auf die Einteilung in Klassen. Das bringt unserem Modellkunden in Klasse 5 zwar nur wenig. Aber Fahrer in teuren Klassen können viel sparen. Allerdings nimmt Peugeot keine Fahrer unter 19 Jahren. Ab 19 Jahren sind Zuschläge fällig, ab 23 Jahren entfallen sie.
Auch Käufer besonders teurer Autos können von einer Herstellerpolice profitieren. Sie bekommen auf diesem Weg eher Kaskoschutz. Dagegen lehnen viele Anbieter auf dem freien Markt es ab, Pkw mit einem Wert von mehr als 60 000 Euro zu versichern. Oder sie nehmen kräftige Aufpreise. Auch für Pkw in hohen Typklassen ist Kaskoschutz nicht leicht zu haben.
Leistungen wie am Markt üblich
Einige Hersteller geben Rabatt auf die Police, wenn der Pkw Sicherheitsausstattungen hat. Mercedes gewährt dem Modellkunden 15 Prozent Nachlass, wenn sein A 180 das „Fahrassistenz-Paket-Plus“ hat.
Bei den Leistungen unterscheiden sich die Herstellerpolicen kaum vom freien Markt. Teils ist ihr Schutz sogar identisch. Die über BMW vermittelten Policen gibt es auch direkt von Ergo. Viele Händler bieten aber zusätzliche Komfortleistungen, beispielsweise Mietwagen während der Reparatur oder gratis Reinigung. BMW zahlt 100 Euro „Zuschuss für Schönheitsreparaturen“.
Eine weitere Besonderheit gibt es bei Opel, Peugeot und dem VW-Tarif „Prämie Light“: Der einmal vereinbarte Beitrag bleibt für Kredit- oder Leasingkunden über die ganze Laufzeit der Finanzierung gleich. Selbst wenn sie einen Unfall bauen, wird ihr Vertrag nicht teurer. Damit funktionieren diese Policen wie Tarife mit Rabattschutz. Da wird ein Kunde, der einen Unfall baut, nicht schlechter eingestuft.
Dagegen werden Policen vom freien Markt ohne Rabattschutz nach einem Unfall umgestuft.
Einstufung beim neuen Versicherer

© Stiftung Warentest

Doch was ist mit dem Schadenfreiheitsrabatt, wenn diese Kunden später den Versicherer wechseln? Peugeot erklärt auf Anfrage von Finanztest, dass dem neuen Versicherer die schadenfreien Jahre und die Schäden gemeldet werden. Der neue Anbieter kann den Kunden, der bisher in Klasse 5 war, also in die Klasse 8 einstufen, wenn er in der Zwischenzeit ohne Schaden geblieben ist.
Dass hinter dem Herstellerangebot ein gewöhnlicher Versicherer steht, merken Kunden oft kaum. Dessen Name taucht im Vertrag bloß am Rande auf. Im Schadensfall ist das Autohaus ihr Ansprechpartner. Das hat große Vorteile für die Händler. Sie können die Kundenbindung pflegen, behalten Zugriff auf den Käufer und können sich früh um das „Remarketing“ kümmern, sprich: den Verkauf des nächsten Autos anbahnen.
Mit gutem Grund legen einige Hersteller im Vertrag fest, dass Kunden ihr Auto nach einem Kaskoschaden zur Reparatur in die Vertragswerkstatt bringen müssen.
Damit nehmen die Hersteller die gesamte Wertschöpfungskette rund ums Fahren ins Visier (siehe Grafik). Schließlich sank im Jahr 2013 der Pkw-Absatz um 4,2 Prozent auf 2,95 Millionen. Da liegt es nahe, das Geschäftsfeld zu erweitern.
Den Anfang machten die Autokredite. Die vergeben die Herstellerbanken inzwischen an 28 Prozent der Käufer, so das Marktforschungsinstitut „Heute und Morgen“. Bei Versicherungen sind es erst 8 Prozent. Künftig sollen es viel mehr werden. Volkswagen legte 2013 bei Versicherungen 13 Prozent zu. Schon jeder vierte VW fährt mit einer Volkswagen-Police aus den Verkaufsräumen.
Eine Monatsrate für alles
Der Trend geht zu Komplettpaketen. Einige Hersteller werben massiv für Angebote, bei denen sie die Kosten für Kauf, Wartung, Reparatur, Versicherung, Kredit oder auch Leasing zu einer einzigen Monatsrate verschmelzen. Das läuft unter Bezeichnungen wie „Flatrate“, „Rundum-sorglos-Paket“ oder „Full-Service-Angebot“. Peugeot versichert sogar die Gesundheit des Kunden: Bei längerer Krankheit entfällt die Rate.
Für Autokäufer sind solche Pakete schwer zu durchschauen. Wie viel kostet die Versicherung, wie viel der Kredit, wie viel das Leasing oder die Wartung? Außerdem täuscht die Monatsrate: Meist kommen noch eine Anzahlung und eine Schlussrate hinzu. Kunden müssen also zusätzlich Geld zur Seite legen, um den Kauf des nächsten Autos zu stemmen.
Wer den Überblick behalten und Preise vergleichen will, sollte besser klar trennen: hier der Kredit, da die Versicherung und dann noch das Ansparen.
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BMW - Haha, was soll man dazu noch sagen? Hat jemand etwas anderes erwartet? Schon die Werkstattpreise sprechen für sich. Aber offenbar finden sich noch immer genügend Leute, die zuviel Geld haben.
Für meinen neuen S... wurde ein "komplettes Versicherungspaket" für 29,99 € pro Monat angeboten. Nach 3 (!) Monaten erhielt ich die Police ... mit diversen Ausschlüssen oder Beschränkungen. Für etwa 55 € bin ich jetzt lieber bei meinem Versicherer auf der sicheren Seite.