Die Abrechnung von Totalschäden nach einem Unfall ist eine komplizierte Sache. Der Bundesgerichtshof hat die Regeln jetzt noch einmal klargestellt. Danach gilt: Lässt ein Autobesitzer nach einem Totalschaden seinen Wagen reparieren, darf die Werkstattrechnung höchstens 30 Prozent über dem Wagenwert liegen. Der Besitzer darf nicht auf die Reparatur einiger Teile verzichten, um unter der 30-Prozentgrenze zu bleiben. Er muss den Vorgaben des Unfall-Gutachtens folgen.
So rechnen die Versicherer nach einem Unfall
Eine Autoreparatur, deren Preis mehr als 30 Prozent über dem Wert des Fahrzeugs liegt, gilt als unwirtschaftlich. Veranschlagt ein Sachverständiger höhere Kosten für die Reparatur, heißt es: Totalschaden. Der Besitzer erhält dann den Wiederbeschaffungswert. Das ist der Betrag, für den der Geschädigte ein vergleichbares Auto auf dem Gebrauchtwagenmarkt erwerben könnte. Er bekommt dann von der Versicherung diesen Betrag ausgezahlt. Vorher wird aber noch der Restwert des verbeulten Autos abgezogen. Für manche Fahrer ist das unattraktiv. Sie wollen lieber den alten Wagen auf Kosten der Versicherung reparieren lassen.
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„Wirtschaftlicher Totalschaden“ vor Gericht
Dass das nicht ohne Weiteres geht, hat jetzt eine Frau mit ihrem alten Mercedes C 200 D erfahren. Sie wurde in einen Unfall verwickelt und ein Sachverständiger schätzte die Kosten für die Instandsetzung des Wagens auf knapp 3 000 Euro. Der Wiederbeschaffungswert betrug aber nur 1 600 Euro. Damit lag die Reparatur 86 Prozent über dem Wert des Autos – und wäre unwirtschaftlich gewesen. Die Frau hatte daher lediglich Anspruch auf die 1 600 Euro Wiederbeschaffungswert. Den bekam sie auch, abzüglich eines Betrages von 470 Euro. Diesen Betrag wollte ein Händler für den verbeulten Wagen geben. Am Ende überwies ihr der Versicherer 1 130 Euro.
Reparatur mit gebrauchten Ersatzteilen
Doch die Frau wollte sich mit dieser Lösung nicht begnügen. Sie behielt ihren Benz und ließ ihn mit gebrauchten Ersatzteilen reparieren – für genau 2 080 Euro. Damit hielt sie exakt die 30 Prozent-Grenze ein und verlangte anschließend 950 Euro vom Versicherer – die Differenz zwischen den 1 130 Euro vom Versicherer und der Werkstattrechnung. Die Versicherung zog aber nicht mit. Der Streit ging vor Gericht. Und am Ende landete er beim Bundesgerichtshof. Der lehnte die Ansprüche der Frau schließlich ab (Az. VI ZR 387/14).
Arbeiten müssen fachgerecht sein
Das Gericht stellte fest: Es ist in so einem Fall zwar grundsätzlich zulässig, den Wagen mit gebrauchten Teilen zu reparieren, um unter der 30 Prozent-Grenze zu bleiben. Aber die Reparatur muss fachgerecht sein und den Vorgaben des Gutachtens folgen. Es geht nicht, bei der Reparatur einige „Baustellen“ nicht zu bearbeiten – auch wenn diese zum Beispiel technisch nicht notwendig und lediglich optisch von Belang sind. Genau das hatte die Werkstatt aber gemacht: Sie hatte ein paar Zierleisten weggelassen, um unter der 30 Prozent-Grenze zu bleiben. Damit war die Reparatur nicht fachgerecht, urteilte der Bundesgerichtshof. Die Frau bekam den Differenzbetrag nicht erstattet, sondern lediglich die ursprünglich gezahlten 1 130 Euro.
Geld behalten und selber reparieren ist erlaubt
Der Tipp der Finanztest-Experten: Es ist erlaubt, wenn Sie als Geschädigter ihr Auto behalten, das Geld vom Versicherer nehmen und alles in Eigenregie reparieren lassen. Sie bekommen aber nicht mehr als den Wiederbeschaffungswert minus den Restwert. Im Fall der Frau mit dem Mercedes war das der Betrag von 1 130 Euro. Von diesem Geld können Sie Ersatzteile kaufen und Monteure oder Helfer bezahlen. Sie dürfen den Wagen auch nach eigenen Wünschen herrichten lassen, also zum Beispiel Zierleisten weglassen oder Beulen und Kratzer nicht ausbessern, wenn dies technisch nicht notwendig ist. Wenn Sie dann am Ende noch Geld übrig haben, können Sie es behalten.