Auch bei Diebstahl greift die Verzichtsklausel nicht. Der Versicherer darf also wegen grober Fahrlässigkeit die Leistung kürzen oder im Extremfall komplett verweigern.
Beispiele für Leistungskürzungen
- Mit nur 25 Prozent Kürzung kam ein Autofahrer davon, der den Autoschlüssel in einer Sporttasche in einer unverschlossenen Umkleidekabine gelassen hatte (Landgericht Berlin, Az. 42 O 397/11).
- Ebenfalls 25 Prozent wurden einem Kunden abgezogen, bei dem der Dieb durch die unverschlossene Terrassentür ins Haus gelangte, die Autoschlüssel nahm und dann mit dem Wagen davon fuhr (Landgericht München, Az. 25 O 10252/12).
- 50 Prozent weniger bekam eine Frau, deren Cabrio gestohlen wurde. Die Täter hatten ursprünglich ihren daneben geparkten BMW aufgebrochen, aber dort im Handschuhfach den Zweitschlüssel für das Cabrio gefunden. Ihn dort aufzubewahren, war grob fahrlässig (Amtsgericht Rheinbach, Az. 10 C 114/13).
- Die Mitarbeiterin eines Pflegeheims fand es unnötig, den Autoschlüssel wegzuschließen, weil außerhalb der Besuchszeiten ohnehin keine Besucher ins Heim kamen. Also legte sie den Schlüssel in ihren Einkaufskorb im Aufenthaltsraum, nicht in den abschließbaren Spind. Für das gestohlene Auto bekam sie nur 50 Prozent Entschädigung (Oberlandesgericht Koblenz, Az. 10 U 1292/11).
- Den Autoschlüssel in den ungesicherten Briefkasten werfen, beispielsweise bei der Autowerkstatt oder beim Mietwagenverleih, gilt als grob fahrlässig. Das Amtsgericht Düsseldorf kürzte die Entschädigung um 50 Prozent (Az. 230 C 14977/09).
- Ein Mercedes-Besitzer, der die Jacke mit dem Schlüssel für sein 109 000 Euro teures Auto in einer Gaststätte nahe der Tür aufgehängt hatte, musste 90 Prozent Kürzung hinnehmen (Landgericht Köln, Az. 24 O 283/09).
- Sogar 100 Prozent Kürzung verpasste das Landgericht Kleve einer Frau, die am Freitagmorgen ihren Autoschlüssel nicht mehr finden konnte, die Nachbarn danach fragte und auch bei der Polizei anrief. Sie fuhr mit dem Zweitschlüssel weiter, parkte aber den Wagen weiterhin direkt vorm Haus. Am Sonntagnachmittag war er weg. Ein neun Jahre alter Junge hatte den Schlüssel gefunden, das Auto durch Drücken auf den Funkknopf des Schlüssels ausfindig gemacht und eine Spritztour unternommen, die mit einem Blechschaden endete. Die Frau hätte den Pkw irgendwie sichern müssen, mindestens durch Einrasten des Lenkradschlosses, besser noch durch Unterstellen in einer abgeschlossenen Garage oder durch Umcodieren des Schlüssels beim Autohändler (Az. 6 S 79/10).
Schlüssel vergessen – Glück gehabt
Glück hatte hingegen ein Skodafahrer, der seinen Wagen zwar ordnungsgemäß abschloss, aber den Zweitschlüssel versehentlich in der Innentasche seiner Wanderjacke ließ, die im Fußraum hinter dem Fahrersitz lag. Da der Schlüssel von außen nicht sichtbar war, konnte dies keinen Einfluss auf den offenbar bereits gefassten Entschluss des Täters haben, das Auto zu stehlen (Oberlandesgericht Koblenz, Az. 10 U 1038/08). Ähnlich entschied das Landgericht Ingolstadt, als ein Lancia-Besitzer sein Auto in einem bewachten Parkhaus abstellte und den Zweitschlüssel versehentlich in der mit einem Deckel verschlossenen Mittelkonsole ließ (Az. 43 O 1591/09).
Verlust eines Schlüssels dem Versicherer melden
Wichtig ist, dass der Besitzer unbedingt seiner Versicherung Bescheid gibt, wenn ein Autoschlüssel gestohlen wird. Ein Mazdafahrer hatte den Schlüsseldiebstahl bei der Polizei angezeigt, nicht aber dem Versicherer gemeldet. Als zwei Wochen später tatsächlich das Auto gestohlen wurde, hielt das Landgericht Hechingen allein aus diesem Grund eine Kürzung der Entschädigung um 50 Prozent für gerechtfertigt (Az. 1 O 124/12).
Schlüssel im See verloren
Verliert der Besitzer den Schlüssel, kann der Versicherer ihm aber nur grobe Fahrlässigkeit vorwerfen, wenn dies tatsächlich die Gefahr birgt, dass das Auto geklaut wird. Verliert der Besitzer den Schlüssel irgendwo, ohne dass ein Finder Rückschlüsse auf das zugehörige Auto ziehen kann, ist das unerheblich. Das gilt zum Beispiel, wenn der Schlüssel bei einem Ausflug mit dem Ruderboot irgendwo in einen See fällt. Deshalb bekam ein Fahrer den vollen Schadenersatz, dem einige Tage vor dem Diebstahl der am Bund befestigte Schlüssel abhanden gekommen war. Das sprach zwar auf den ersten Blick für eine Entwendung, meinte das Oberlandesgericht Hamm. Doch es ließ sich nicht feststellen, ob er den Schlüssel nicht irgendwo außerhalb der Wohnung verloren hatte, etwa weil der Kunststoffkopf infolge Materialermüdung einen Riss hatte. Da der verlorene Schlüssel weder eine Fernbedienung zum Auto noch sonst einen Hinweis zum Fahrzeug aufwies, lag keine grobe Fahrlässigkeit vor (Az. 20 U 248/93).
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@alle: Im großen Test der Autoversicherungen in Finanztest 11/14 finden Sie in der Tabelle zur Leistungsübersicht in der Spalte "Verzicht Grob fahrlässig" die Tarife mit einem schwarzen Quadrat gekennzeichnet, die die Zusatzleistung bieten. Es gibt auch günstige Tarife mit diesem Klauseln (maa)
Das fällt den Fachleuten aber frü auf !!! Diese Kleinigkeiten werden in den Novemberausgaben z.B. nicht berücksichtigt.....Hauptsache halt billig. Nix gegen Journalisten....aber Fachleute werden in vor den Tests wohl nicht befragt.