
Autoverkauf. Verkäufer eines Fahrzeugs sollten Interessenten bei einer Probefahrt immer begleiten. © Getty Images / Adam Gault
Wer anderen sein Auto für eine Probefahrt überlässt, ist es los, wenn es nicht zurückgebracht wird, sondern Kriminelle es weiter verkaufen. So ist die Rechtsprechung.
Der Käufer eines bei einer Probefahrt gestohlenen Audi Q5 darf den Wagen behalten, weil er nichts vom Diebstahl wusste. So hat es das Oberlandesgericht Celle entschieden. Es hielt sich damit an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH).
Ein Probefahrer hatte den Wagen nicht zurückgebracht, sondern für 31 000 Euro verkauft. Erst als der Käufer das Auto zulassen wollte, kam heraus, dass es als gestohlen gemeldet war. Der Käufer durfte den Wagen behalten, weil er nicht ahnen konnte, dass er gestohlen war. Auch dass er den Kaufpreis bar bezahlt hatte, begründete keinen Verdacht (Az. 7 U 974/21).
Teilkasko zahlt nur bei Diebstahl
Das Urteil bestätigt: Wer sein Auto verkaufen will, sollte dabei sein, wenn die am Kauf interessierte Person eine Probefahrt unternimmt. Denn wenn man Fremden freiwillig ein Fahrzeug überlässt und sie es nicht zurückbringen, ist das kein Diebstahl, sondern Unterschlagung. Wichtig: Bei Unterschlagung zahlt die Teilkasko meist nicht, bei Diebstahl schon.
Grundsatzfall um einen Mercedes
Im vom BGH 2020 entschiedenen Fall hatte es ein Autohaus getroffen. Es gab einem Kaufinteressenten einen 52 900 Euro teuren Mercedes für eine Probefahrt mit. Doch der Mann brachte das Auto nicht zurück, sondern verkaufte es übers Internet. Als die Käuferin des Fahrzeugs es zulassen wollte, flog auf, dass das Auto als gestohlen gemeldet war. Nun verlangte das Autohaus den Wagen zurück – getreu dem Rechtsgrundsatz, dass man geklaute Sachen nicht rechtmäßig erwerben kann.
Bei Unterschlagung kein Anspruch auf Rückgabe
Doch die Bundesrichter gaben der Frau recht. Sie befanden, dass der Betrüger zwar nicht Eigentümer des Pkw war, aber im Wortsinn war er der Besitzer: Er saß schließlich in dem Fahrzeug und hatte die volle Verfügungsgewalt über den Wagen, ohne dass das Autohaus irgendwie auf das Auto einwirken konnte. Auch die Möglichkeit, es über GPS zu orten, änderte daran nichts (Az. V ZR 8/19). Daher handelte es sich hier nicht um einen typischen Diebstahl, sondern um Unterschlagung.
Unterschlagung unterscheidet sich juristisch von Diebstahl. Bei Diebstahl haben die Eigentümer grundsätzlich Anspruch auf Rückgabe des Diebesguts, wenn es gefunden wird. Auch wer Diebesgut kauft, muss es zurückgeben. Denn es handelt sich um Hehlerware, und daran kann man nicht rechtmäßig Eigentum erwerben. Bei Unterschlagung gilt dieser Rechtsgrundsatz aber nicht.
Käuferin durfte Pkw behalten
Daher durfte die Käuferin den Wagen behalten. Das Autohaus musste ihr sogar noch die originalen Autopapiere aushändigen. Anders hätte der Fall ausgehen können, wenn sich Anhaltspunkte aufgedrängt hätten, dass bei dem Autoverkauf nicht alles mit rechten Dingen vor sich ging, zum Beispiel ein extrem niedriger Preis, der ihr hätte auffallen müssen. Das war hier aber nicht so. Die Frau konnte nicht ahnen, dass der Verkäufer ein Betrüger war. Sein Pass und die Kfz-Papiere waren hochwertig gefälscht. Das war für Laien nicht erkennbar. Es gab für die Käuferin keinen Anhaltspunkt für einen Verdacht.
Versicherung zahlt bei Unterschlagung meist nicht
Auch viele Kaskotarife unterscheiden zwischen Diebstahl und Unterschlagung. Im Kleingedruckten steht oft unter Punkt A 2.2: „Unterschlagung ist nur versichert, wenn dem Täter das Auto nicht zum Gebrauch in seinem eigenen Interesse überlassen wird.“ Eine Probefahrt ist in seinem Interesse und daher nicht versichert.
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Schon vor vielen Jahren habe ich Lehrgeld zahlen müssen. Ich ließ den Interessenten ein kleine Probefahrt allein machen. Der Handel kam danach jedoch nicht zu Stande, da wir uns nicht über den Preis einigen konnten. Wenig später entdeckte ich eine Reifenschaden ...