Wenn das Auto liegenbleibt, helfen nicht nur die „gelben Engel“ des ADAC. Die Policen des eigenen Versicherers sind viel günstiger.
Alle Testergebnisse für Autoschutzbriefe 04/2015
Wenn das Auto streikt, ist es immer der falsche Moment. Ausgerechnet morgens vor der Arbeit wollte Christian Haentjes’ Corsa nicht anspringen. Nur ein mattes Würgen, da war klar: Es lag nicht am Opel, es war die Batterie. Genau dafür hatte der Rendsburger einen Schutzbrief. Ein kurzer Anruf und eine halbe Stunde später war der Pannenhelfer da. Schon lief der Motor.
Es ist das sichere Gefühl, in so einem Fall Hilfe zu bekommen, das den Schutzbrief in den Augen der meisten Autofahrer unverzichtbar macht. Rund 40 Millionen Menschen haben diese Police. Sie liefert vor allem Komfort.
Irgendwo an einer Landstraße in einer regnerischen Nacht liegenzubleiben, kann extrem unangenehm sein. Der Schutzbriefkunde muss dann nicht per Handy Werkstätten oder Abschleppfirmen suchen. Er wählt einfach den Notruf seines Anbieters. Das hilft vor allem im Ausland, wenn man die Sprache nicht kann.
Zwischen 5 und 134 Euro
Die finanziellen Vorteile sind hingegen überschaubar. Pannenhilfe kostet oft unter 120 Euro, so der Verband der Bergungs- und Abschleppunternehmen. Fürs Abschleppen liegen die Stundensätze oft unter 180 Euro. Sich dagegen zu versichern, ist vor allem bequem.
Diesen Komfort lassen sich die meisten Autofahrer gern etwas kosten. Was sie dafür bekommen, zeigt unsere Tabelle: Autoschutzbriefe. Untersucht haben wir 77 Angebote von Versicherern und dazu die von acht Autoclubs. Im Test sind nur Schutzbriefe, die mindestens europaweit gelten.
Marktführer ist der ADAC. 18,9 Millionen Mitglieder hat der Club. 12,7 Millionen haben die „Plus-Mitgliedschaft“ und damit den Schutzbrief, der ihnen auch außerhalb Deutschlands hilft. Die anderen erhalten nur Pannen- und Unfallhilfe im Inland.
Noch mehr Kunden als der ADAC haben die Versicherer. Sie verkaufen 26,8 Millionen Verträge. Was beim Vergleich als Erstes ins Auge springt, ist der große Preisunterschied. Bei dem Versicherer, bei dem ein Kunde seine Autoversicherung abgeschlossen hat, kann er den Schutzbrief viel günstiger bekommen als bei einem Autoclub. Bei einigen Versicherern muss der Kunde nur eine Kfz-Haftpflicht haben. Andere bieten den Schutzbrief nur mit einer Teil- oder Vollkasko an.
Das teuerste Angebot für einen Schutzbrief macht der ADAC mit 134 Euro pro Jahr. Es umfasst alle Autos im Haushalt, auch die der Kinder bis 23 Jahre. Soll es nur das Auto des Mitglieds sein, kostet es 84 Euro.
Sehr günstig sind Allianz und Ergo mit nur 5 Euro. Bei einigen Versicherern ist der Schutzbrief sogar ohne Aufpreis fester Bestandteil der Kfz-Police.
Fremdkunden zahlen mehr
Dass die Clubs teurer sind, liegt vor allem am Mitgliedsbeitrag. Dafür können Mitglieder sich zum Beispiel vor einem Urlaub eine Tourenplanung erstellen lassen, sie bekommen gratis Landkarten und touristische Informationen. Es gibt Hilfe beim Autokauf, Rabatte auf Reifen oder in Schnellrestaurants, eine Zeitschrift und mehr.
Nur wenige Versicherer nehmen auch Fremdkunden. Beispiel AachenMünchner: Wer dort eine Kasko hat, erhält den Schutzbrief für 7,80 Euro, andere Kunden zahlen 46,16 Euro. Das ist auch nicht viel günstiger als bei den Clubs.
Außerdem lehnen einige Versicherer alte Autos ab. Bei der DA Deutsche Allgemeine dürfen sie maximal zwölf Jahre alt sein.
Vor allem bei den Clubs gelten manche Leistungen – etwa der Arzneimittelversand – auch losgelöst vom Auto, wenn der Kunde zum Beispiel per Flug oder Bahn unterwegs ist. Die Schutzbriefe der Versicherer gelten meist gezielt für das versicherte Auto.
ADAC-Ruf wie Donnerhall
Wichtig für die Entscheidung, ob Autoclub oder Versicherer, ist am Ende die Hilfe vor Ort. Da hat der ADAC trotz Imagekrise einen Ruf wie Donnerhall. Die Kundenzufriedenheit ist enorm. „Sehr positiv“, lobt Finanztest-Leser Bernd Klaas. „Mir wurde problemlos geholfen“, erklärt Rainer Schirmer. Ähnliches steht in Internetforen. Kritik ist selten. Dass im Notfall auf den Club Verlass ist, dieses Ansehen verdankt er vor allem seinen Pannenhelfern. Es sind 1 830 eigene gelb lackierte Straßenwacht-Autos und 5 000 Straßendienst-Wagen von Fremdfirmen, die mit dem Club kooperieren. Nach eigenen Angaben sind sie im Schnitt in 45 Minuten vor Ort.
Externe Pannenhelfer im Einsatz
Die Versicherer und einige andere Clubs haben inzwischen ähnliche Angebote. 2001 startete die „Assistance Partner“. Sie verfügt über 1 900 silbern lackierte Fahrzeuge. Auch sie arbeitet mit externen Pannenhelfern zusammen, ebenso mit Firmen wie Deutsche Assistance, Inter Assistance oder Europ Assistance. Sie erbringen Serviceleistungen für Versicherer. Die Deutsche Assistance beispielsweise ist mit einem 24-Stunden-Notrufservice Partner der öffentlichen Versicherer – auch für andere Sparten wie Reisekrankenpolicen.
Auf die „silberne Flotte“ greifen zahlreiche Versicherer zurück, etwa der Roland-Schutzbrief, ebenso Autoclubs wie der VCD oder der BAVC. Die Pannenhelfer waren im vergangenen Jahr in etwa 80 Prozent der Fälle nach 45 Minuten vor Ort, erklärt Geschäftsführer Klaus Stemig.
Dagegen stützt sich der Autoclub ARCD auf seine eigene Notrufzentrale und eine „bunte Flotte“ mit 1 400 Abschleppfirmen, deren Wagen rot und grün, blau und weiß, silber oder auch gelb lackiert sind.
Nur selten arbeiten einige der externen Firmen nicht nur für die „bunte“ oder die „silberne“ Flotte, sondern auch für den ADAC. Dann kommt ein Abschleppfahrzeug mit der Aufschrift „Im Auftrag des ADAC“ – auch wenn der Kunde den Schutzbrief eines Versicherers hat. So etwas wollen die Pannenhelfer vermeiden: „Wir achten bei unseren Partnern darauf, dass es keine Überlappungen mit dem ADAC gibt“, betont Stemig.
Pannen- und Unfallhilfe zentral
Im Ausland kooperieren die Assistanceanbieter mit ähnlichen Firmen. So können sie ein internationales Netzwerk an Helfern bereitstellen.
Kern des Schutzbriefs ist die Pannen- und Unfallhilfe. Sie wird am häufigsten genutzt.
Pannenhilfe. Meist gilt eine Obergrenze von 100 Euro. Sie deckt im Regelfall auch Kleinteile ab, die der Pannenhelfer im Auto mitbringt. Nicht ersetzt werden Reparaturkosten, die eventuell später in einer Werkstatt anfallen.
Abschleppen. Muss das Auto in eine Werkstatt, ist das Abschleppen über den Schutzbrief abgedeckt, oft bis 150 Euro. Die Pannenhilfe wird meist darauf angerechnet.
Bergen. Ist das Auto von der Straße abgekommen, wird es wieder auf die Fahrbahn gebracht. Hier gilt meist kein Kostenlimit.
Hotel. Bleibt das Auto auf einer Reise über Nacht in einer Werkstatt, bekommt der Kunde das Hotel bezahlt, meist 50 bis 80 Euro pro Nacht für maximal drei Übernachtungen. Wer dies nutzt, kann später aber nicht zusätzlich einen Mietwagen beanspruchen.
Mietwagen. Kann das Auto nicht gleich repariert werden, steht dem Kunden ein Mietwagen zu, meist für maximal sieben Tage im Inland, im Ausland insgesamt für 350 Euro.
Kurzfahrten. Ist vor Ort ein Taxi nötig, zahlt das der Schutzbrief, mit Obergrenze.
Ersatzteilversand. Ersatzteile werden per Bahn oder Flugzeug ins Ausland geliefert, wenn es sie vor Ort nicht gibt.
Weiterfahrt, Rückreise. Kann das Auto nicht repariert werden, deckt der Schutzbrief die Weiterfahrt zum Ziel oder die Rückfahrt nachhause ab. Ersetzt wird meist eine Bahnfahrt zweiter Klasse, ab 1 200 Kilometern erster Klasse oder ein Flug. Auch hier gilt: Wer dies nutzt, bekommt nicht zusätzlich die Kosten für einen Mietwagen ersetzt. Wenn der Fahrer das Auto nach der Reparatur abholt, gibt es pro Kilometer 25 bis 75 Cent.
Fahrzeugrücktransport. Kann das Auto nicht sofort repariert werden, bekommt der Kunde den Rücktransport in eine Werkstatt an seinem Wohnort bezahlt, wenn die Reparatur den Wert des Pkw nicht übersteigt.
Fahrzeugabholung. Können weder Fahrer noch ein Mitfahrer das Auto zurückbringen, schickt der Schutzbriefanbieter einen Fahrer – auch wenn der Kunde nicht selbst gefahren ist, sondern wenn er den Pkw verliehen hat.
Standkosten. Muss der Wagen für längere Zeit stehenbleiben, werden die Kosten übernommen, meist für zwei Wochen.
Krankenrücktransport. Ist eine Behandlung im Reiseland nicht möglich, deckt der Schutzbrief die Kosten eines medizinisch notwendigen Rücktransports ab.
Krankenbesuche. Liegt der Kunde im Ausland 14 Tage oder länger im Krankenhaus, werden oft Besuche von Angehörigen mindestens bis zu 500 Euro bezahlt.
Kinderrückholung. Sind die Eltern bei einer Auslandsreise krank oder verletzt, deckt der Schutzbrief die Abholung der Kinder durch eine vom Kunden gewählte Begleitperson oder stellt selber eine. Meist dürfen die Kinder höchstens 15 Jahre alt sein.
Todesfallhilfe. Kommen Kunde oder Mitfahrer während einer Auslandsreise mit dem versicherten Fahrzeug ums Leben, wird die Beerdigung vor Ort oder die Überführung nach Deutschland übernommen.
Nur ab 50 Kilometer vom Wohnort
Bei den Leistungen ist zu beachten: Der Kunde sollte sich im Schadensfall immer direkt an den Notruf des Versicherers wenden – also nicht versuchen, erstmal auf eigene Faust Hilfe zu holen, einen Mietwagen oder ein Hotel zu buchen. Einige Versicherer leisten nur dann, wenn der Kunde sich zuerst an sie wendet. Bei anderen gibt es dann bessere Leistungen, zum Beispiel entfallen die Obergrenzen bei der Pannen- und Unfallhilfe oder beim Abschleppen.
Grundsätzlich gilt: Springt das vorm Haus geparkte Auto nicht an, kommt ein Helfer kostenlos. Aber gratis Hotel oder Mietwagen bekommt der Kunde im Regelfall nur bei Problemen, die weiter als 50 Kilometer vom Wohnort passieren. Axa easy, Axa komfort, KS, Roland, Württembergische (Premium) verzichten auf diese Kilometergrenze, bei AachenMünchener und Generali beträgt sie nur 30 Kilometer.
Andere Leistungen gelten nur im Ausland, etwa Ersatzteilversand oder Verschrottung. Außerdem darf eine einzelne Reise meist maximal 42 Tage dauern. Es sind aber mehrere solcher Reisen pro Jahr versichert.
Krankenrücktransport überflüssig
Viele Schutzbriefe enthalten jede Menge Extras, über deren Nutzwert man streiten kann. Von zweifelhaftem Wert ist der Krankenrücktransport. Dies ist zwar im Notfall extrem wichtig. Aber die meisten Schutzbriefe haben in diesem Punkt einen üblen Haken: Sie zahlen den Rücktransport nur, wenn er „medizinisch notwendig“ ist. Das kann sich auf wenige brenzlige Situationen beschränken, sodass der Kunde diese Leistung gar nicht bekommt. Besser ist die Klausel „medizinisch sinnvoll“ wie beim ADAC. Dann wird der Patient auch zurücktransportiert, wenn die Heilungsaussichten in einer heimischen Klinik besser sind, weil es ihm dort psychisch besser geht.
Unabhängig vom Schutzbrief sollte jeder Urlauber, der ins Ausland fährt, unbedingt eine Reisekrankenversicherung haben. Sie enthält den Krankenrücktransport ohnehin, oft mit der kundenfreundlicheren Klausel.
Gute Jahresverträge kosten nur 20 bis 30 Euro für die ganze Familie (Test Auslandsreise-Krankenversicherung). Wer diesen Schutz hat, für den ist der Rücktransport als Schutzbriefleistung überflüssig.
Wenig sinnvoll sind auch Unfallzusatzversicherungen, die viel zu wenig zahlen, um eine Unfall- oder Invaliditätspolice zu ersetzen.
Ähnlich ist es, wenn die Police zwar Rechtsschutz verspricht, dies aber beschränkt auf Beratung, auf Auslandsfälle oder auf Hilfe nur nach einem Unfall. Wer guten Rechtsschutz will, sollte besser gleich eine Rechtsschutzpolice abschließen.
Andere Leistungen sind eher Kleinigkeiten. Da werden Kosten ersetzt, wenn der Urlauber vorzeitig nachhause muss, zum Beispiel weil eingebrochen wurde. Oder es gibt Hilfe bei Strafverfolgung, Erdbeben und Überschwemmungen. Wintersportlern, die wegen einer Lawine nicht nachhause können, wird das Hotel für drei Nächte ersetzt.
Die „Leistung“ besteht nur aus Porto
Wenig wert ist auch die „Hilfe bei der Beschaffung von Reisedokumenten“: Hat der Kunde seinen Pass zuhause vergessen, kann die Versicherung nicht in die Wohnung einbrechen. Aber falls ein Nachbar den Schlüssel hat und den Pass nachschickt, ersetzt sie das Porto. Viel mehr kommt teils auch beim Autoschlüsselservice nicht heraus. Schutzbriefe ersetzen in der Regel nicht die Kosten für einen neuen Schlüssel.
Solche Leistungen haben wir in der Tabelle nicht aufgelistet, auch weil die meisten Tarife sie ohnehin bieten. Bei der Auswahl eines Schutzbriefs sollte es um die Kernleistung gehen – und um den Preis.
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- Der ADAC hat in der Vergangenheit immer wieder Negativ-Schlagzeilen gemacht, weil er Minderjährige mit fragwürdigen Briefen und Formulierungen Mitgliedschaften...
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- Kfz-Haftpflicht, Teilkasko, Vollkasko: Der Kfz-Versicherungsvergleich der Stiftung Warentest zeigt die günstigsten Angebote. Tarife vergleichen, wechseln, Geld sparen!
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- Hier lesen Sie alles, was Sie zum Autounfall im Ausland wissen müssen. Die Versicherungsexperten der Stiftung Warentest erklären, was dann zu tun ist.
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@sevenofnine: Wir hatten uns in dieser Untersuchung auf die Schutzbriefleistungen fürs Auto konzentriert. Welche Schutzbriefleistungen auf für den angehängten Wohnwagen gelten, hatten wir nicht untersucht. (maa)
Ich finde es wichtig in den Kriterien mit aufzunehmen, ob der Wohnwagen (Anhänger) im Falle eines Schadens mit abgeschleppt wird. Wir sind vor zwei Jahren in England, auf Grund eines Getriebeschadens, liegen geblieben u.mussten, obwohl wir über die VW Mobilitätsgarantie und den ADAC abgesichert waren, den Wohnwagen in England stehen lassen. Das Fahrzeug ist nach Deutschland transportiert worden. Der ADAC teilte uns mit, dass ein Anhänger nur aus Kulanz mit zur Reparaturwerkstatt geschleppt wird. Sollte der Anhänger einen Schaden erleiden ist dieser mitversichert, aber bei uns war der Wohnwagen noch „fahrbereit“ und nicht versichert. Bei VW geht dies gar nicht. Auch eine Dachbox transportiert die VW Mobilitätsgarantie gar nicht. Nur das reine KFZ ohne Anbauteile.
Auch einen Anspruch auf einen Leihwagen mit Anhängerkupplung hat man nicht.
Können Sie uns Schutzbriefe empfehlen, die im Falle eines Schadens des Zugfahrzeugs, auch den Anhänger berücksichtigen u.ggf. zurück transportieren?
@Rimbert: Es gibt Verträge, die ihren Schutz für PKW und Krafträder anbieten. Da wir jedoch nur die Schutzbriefleistungen für Pkw untersucht haben, können wir Ihnen nicht detaillierteren Infos dazu dienen. Bitte beachten Sie auch, dass der Test aus 2015 stammt. Die Anbieter können zwischenzeitlich die Preise und / oder Leistungen geändert haben. (maa)
Moin! Gelten die hier getesteten Schutzbriefe allesamt ausschließlich für PKW oder auch für Motorräder? Und wie sieht´s bei 50ccm-Rollern aus? In der Suchfunktion habe ich leider keine Antworten finden können.
@aixUser: Informationen über zukünftige Untersuchungsvorhaben oder andere geplante Veröffentlichungen unterliegen der Verschwiegenheit. Da wir keine Informationen über zukünftige Untersuchungsvorhaben nach außen tragen dürfen, können wir Ihnen nicht mitteilen, ob ein Test bereits vorbereitet wird oder geplant ist. Wir können Sie nur auf unsere Heftvorschau in unserem Shop verweisen: https://www.test.de/shop/finanztest-hefte/ Weitere Veröffentlichungen in diesem Bereich liegen uns derzeit leider nicht vor. (PK)