Viele Kinder sind nicht richtig angeschnallt, zeigt eine Studie von Unfallforschern. Das hebt den Schutz von Kindersitzen nahezu auf. Wir sagen, worauf es ankommt.
Autokindersitze im Test
Testergebnisse für 425 Autokindersitze
Fast jedes zweite Kind in einem Auto ist nicht richtig angeschnallt. Zu diesem Ergebnis kam eine Untersuchung von mehr als 1 000 Fahrten mit Kindern, veröffentlicht von Unfallforschern in den Jahren 2018 und 2019. Auch bei Babyschalen passieren viele Fehler, etwa, dass Gurte verwechselt wurden. Worauf Sie bei der Montage der Sitze und beim Anschnallen von Babys und kleinen Kindern im Auto besonders achten sollten.
1. Wenn möglich: Isofix-Sitze nutzen
Eine sichere Fahrt für Ihr Kind beginnt mit der Wahl eines sicheren Sitzes. Oft ist nicht das Kind zu lose angeschnallt, sondern schon der Sitz. Isofix-Sitze sind weniger fehleranfällig als solche, die mit den Sicherheitsgurten des Autos fixiert werden. Bei ihnen ragen hinten unten an Sitz oder an der Basis zwei Haken hervor, die in passende Klickvorrichtungen im Auto einrasten.
Isofix-Sitze für kleinere Kinder haben einen dritten Sicherungspunkt: entweder unten einen Stützfuß zum Autoboden oder oben einen Gurt, einen „Top Tether“, der hinter dem Sitz befestigt wird. Achten Sie darauf, dass der Isofix-Sitz Ihrer Wahl für Ihr Fahrzeug zugelassen ist. Die Zulassung zeigt, dass der Anbieter den Sitz auch mit Ihrem Fahrzeugtyp getestet hat.
Isofix ist jedoch kein Garant für Sicherheit. In den Autokindersitz-Tests der Stiftung Warentest fallen immer wieder Sitze auf, die in unseren Crashtests nicht genügend Schutz bieten.
2. Sitze mit Fangtisch vor dem Kauf ausprobieren
Bei Sitzen mit Fangtisch können Eltern wenig falsch machen: Sie sind einfach zu handhaben. Kind in den Sitz, Fangtisch festschnallen, fertig. Der Fangtisch hat den Vorteil, dass das Kind bei einem Unfall über den gepolsterten Tisch abrollt. Bewegung und Polster mindern die Kräfte, denen das Kind ausgesetzt ist.
Aber: Probieren Sie unbedingt vorher aus, ob Ihr Kind den Fangkorb mag – einige fühlen sich durch das Tischchen eingeengt.
Wenn der Sitz oder die Babyschale mit dem Autogurt befestigt wird, müssen Sie aufpassen, die Gurte beim Anschnallen der Schale nicht zu verwechseln. Hier gilt wie bei Erwachsenen: Der Beckengurt sichert nach oben, der Schultergurt umspannt vorn herum die Babyschale, wie um einen dicken Bauch. Und die Gurte müssen durch die Führungshilfen der Babyschalen durchgefädelt werden.
Einige Kindersitze werden mit einem Stützfuß am Fahrzeugboden abgestützt. Er verhindert, dass der Kindersitz bei einem Aufprall nach vorn kippt. Achten Sie darauf, dass der Stützfuß nicht auf ein Staufach trifft. Solche Fächer im Fahrzeugboden gibt es häufiger in Vans. Die Abdeckungen der Staufächer sind meist weniger stabil als der Fahrzeugboden und stützen den Kindersitz nicht genügend ab. Fragen Sie beim Autohersteller nach.
5. Kleine Kinder und Babys rückwärts fahren lassen
Babys und Kleinkinder sind deutlich besser geschützt, wenn die Sitzschale entgegen der Fahrtrichtung – also als Reboarder – montiert ist. Die Nackenmuskulatur von Babys und Kleinkindern ist noch nicht stark genug, um einen frontalen Aufprall genügend abzufangen. Fahren sie rückwärts, verringert sich die Last auf Hals und Wirbelsäule bei der häufigsten Unfallart, dem Frontalaufprall.
Experten empfehlen, dass Kinder bis zu einem Alter von zweieinhalb bis vier Jahren rückwärts sitzen sollten, mindestens aber, bis sie sicher laufen können. In unserer Testdatenbank finden Sie solche Reboarder-Sitze. Manche von ihnen sind auf Schienen verschiebbar, damit die Beine länger entgegen der Fahrtrichtung Platz haben.
6. Airbag ab- und wieder anschalten
Wenn Sie einen rückwärtsgerichteten Kindersitz auf dem Beifahrersitz montieren, müssen Sie den Airbag deaktivieren. Löst der aktivierte Airbag aus, könnte er den Sitz nach hinten schleudern.
Schalten Sie den Beifahrer-Airbag sofort wieder an, wenn Sie den rückwärtsgerichteten Kindersitz entfernen. Lassen Sie den Airbag angeschaltet, wenn Sie einen Kindersitz in Fahrtrichtung verwenden. Schieben Sie den Beifahrersitz in diesem Fall aber möglichst weit nach hinten, damit der Airbag das Kind zwar auffängt, nicht aber mit voller Wucht trifft.
7. Hosenträger-Gurte fest anziehen
Der Standard-Gurt für Babyschalen und Autokindersitze für Kleinkinder ist ein Hosenträger-Gurt – als Dreipunkt- oder Fünfpunkt-Variante. Er verläuft über Hüfte und Schulter und schließt am Bauch. Ziehen Sie ihn fest an – zwischen Kind und Gurt sollte maximal eine flache Hand passen. In unserer Datenbank finden Sie Autokindersitze mit Hosenträgergurt.
Was bei größeren Kindern wichtig ist
Kommt es zu schweren Bedienfehlern, ist die Schutzwirkung des Kindersitzes bei einem Unfall nahezu aufgehoben. Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Autokindersitze für größere Kinder montieren und Kinder darin anschnallen:
1. Für Kinder bis zu 12 Jahren einen Sitz nutzen
Bis zu einer Größe von 150 Zentimetern oder bis zum zwölften Geburtstag müssen Kinder gemäß Straßenverkehrsordnung einen Kindersitz nutzen. Halten Sie sich daran, denn ein ungünstig verlaufender Fahrzeuggurt bei einem Unfall zu erheblichen Verletzungen im Unterleib führen. Denn das Becken ist bis zu diesem Alter noch nicht genügend ausgewachsen. Ein Kindersitz mit präzise über die Beckenknochen geführtem Gurt senkt dieses Risiko.
2. Wenn möglich Isofix-Kindersitze wählen
Wenn Sie Isofix-Halterungen im Auto haben, sollten Sie die nach Möglichkeit für den Kindersitz nutzen. Isofix-Sitze weisen hinten unten zwei stabile Schienen auf, die herausragen und einen Einrastmechanismus haben. Damit klicken sie in fest verankerte Ösen in den Sitzen. So sind Isofix-Sitze weniger fehleranfällig als solche, die mit den Sicherheitsgurten des Autos fixiert werden. In Sitzen für Größere werden Kinder zusätzlich mit dem Fahrzeuggurt angeschnallt.
3. Universalsitze mit Autogurt fest anschnallen
Universal-Kindersitze werden nur mit dem Dreipunkt-Autogurt befestigt. Vorteil: Sie passen in praktisch jedes Fahrzeug, das Sicherheitsgurte hat, auch in einen Oldtimer zum Beispiel. Seit den 1970er-Jahren haben Autos serienmäßig Sicherheitsgurte. Mit ihnen werden Babyschalen oder Kindersitze befestigt, indem der Gurt um den Kindersitz herumgeführt wird – Gurtführungen halten den Fahrzeuggurt in Position.
Nutzen Sie einen solchen Sitz, müssen Sie aufpassen. Denn bei der Gurtführung passieren schnell Fehler. Oft sind die Gurte zu locker, sodass der Sitz bei einem Unfall nicht in Position gehalten wird. Bei manchen Fahrzeugen ist der Autogurt zudem zu kurz dafür. Deshalb: Vor dem Kauf ausprobieren, ob der Sitz zum eigenen Auto passt.
4. Kindersitze für Größere immer komplett benutzen
Benutzen Sie den Kindersitz immer mit Rückenteil und Kopfstütze. Nur so fährt Ihr Kind wirklich sicher. Das Unterteil des Kindersitzes funktioniert als Sitzerhöher, die Rückenlehne schützt bei einem Seitenaufprall und führt den Fahrzeuggurt optimal. Die Rückenlehne hilft auch, wenn Kinder während der Fahrt einschlafen. Der Oberkörper bleibt in Position und rutscht nicht unter dem Gurt weg. Das sorgt zusätzlich für Sicherheit.
5. Richtige Länge der Rückenlehne wählen
Achten Sie darauf, dass die Rückenlehne die richtige Länge hat. Denn nur, wenn sich der Kopf tatsächlich zwischen den seitlichen Polsterbacken befindet, können sie bei einem Seitenaufprall schützen. Zudem führt eine passende Rückenlehne den Sicherheitsgurt mit einer Gurtschnalle korrekt über die Schulter.
Optimieren Sie den Gurtverlauf des Autogurts über die obere Verstelleinrichtung. Wichtig: Der Gurt muss über die Schulter laufen. Er darf nicht am Hals einschneiden oder unter dem Arm durchgehen.
Häufig sind Kinder zudem zu lose angegurtet: Wenn die Hand locker zwischen Kind und Gurt hindurchzustecken ist, sitzt der Gurt zu locker. Lässt der Gurt noch mehr Platz, können die Folgen schwerwiegend sein. Bei einem Unfall reichen die zusätzlichen losen Zentimeter, damit das Kind mit Wucht beschleunigt und dann in die Gurte knallt.
7. Autokopfstütze bei hoher Lehne entfernen
Wenn Kinder schon recht groß sind, verhindern die Kopfstützen des Autos manchmal, dass Kindersitze mit hoher Rückenlehne korrekt anliegen. Ist das der Fall, sollten Sie die Autokopfstütze umdrehen oder ganz herausnehmen. Der Kopf des Kindes wird ja durch den Kindersitz gestützt.
8. Wenn vorhanden: Seitenschützer anbringen und anpassen
Bei einem seitlichen Crash treten enorme Beschleunigungskräfte auf. Der Sitz mit dem Kind kann an den Türrahmen prallen. Der Schleuderweg sollte möglichst kurz, der Aufprall gedämpft sein. Viele Sitze haben dafür seitlich einen Plastik- oder Styroporknubbel. Je nach Modell müssen Eltern diesen Zusatz-Dämpfer anstecken, umstecken oder ausklappen.
In unseren Autokindersitz-Tests war dies teils fummelig, teils scheiterten unsere Probanden ganz am Umgang mit diesen Schützern. Sitzen die Polster nicht richtig, bringen sie bei einem Seitencrash wenig. Nehmen Sie sich deshalb Zeit, die Seitenschützer ordentlich zu montieren. Sie werden im Übrigen nur an der Sitzseite zum Fenster benötigt. An der Innenseite kostet es unnötig Platz.
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undnocheinnutzername am 23.05.2023 um 13:11 Uhr
Sicherheit nebeneinander sitzender Kinder
@Stiftung_Warentest: Vielen Dank für Ihre Antwort und sehr gut, dass Sie getestet haben, in welchen Automodellen viel Platz für den Autokindersitzeinbau bieten. Leider beantwortet das meine Fragen nicht: Was mache ich wenn ich mir kein neues Auto kaufen kann? Beeinträchtigen Kindersitze die Sicherheit daneben sitzender (größerer) Kinder (ohne Kindersitz)? Auch in 16 von 18 der von Ihnen getesteten Automodelle müssen in Familien mit 5 Personen 3 auf der Rückbank sitzen.
@undnocheinnutzername: Sie sprechen in Ihrem Kommentar ein sehr wichtiges Thema an, mit dem sich die Stiftung Warentest bereits 2016 befasst hat. Unter dem Stichwort "Kindersitze einbauen" sind wir der Frage nachgegangen, welches Auto viel Platz für mehrere Kinder bietet und welche Sicherheitsaspekte hier wichtig sind. Informationen dazu finden Sie unter: https://www.test.de/Kindersitze-einbauen-Bei-welchen-Autos-es-passt-4183394-0/
Wir haben 3 Kinder im Alter von 7, 12 und 15 Jahren und fahren eine älteren Mercedes-Kombi, d.h. es müssen 3 Personen auf eine Rückbank. Leider finde ich in keinem Test (weder bei Ihnen noch beim ADAC) Informationen darüber, wie sich die Sitze auf die Sicherheit direkt daneben sitzender Kinder auswirken. Die 7-Jährige soll einen neuen Sitz bekommen, ich mache mir aber große Sorgen um die Sicherheit des daneben sitzenden Kindes, wenn es z.B. bei einem Seitenaufprall mit dem Kopf gegen den meist herausstehenden Seitenaufprallschutz bei den modernen Kindersitzen (wie z.B. auch dem Kidfix) prallt. Gibt es dazu irgendwelche Untersuchungen? Sowohl den Herstellern als auch bei den Standards und den Tests scheint immer nur um die Sicherheit des einen Kindes im Sitz zu gehen und die der anderen Kinder in einer realen Situation mit mehreren Kindern unterschiedlichen Alters nebeneinander scheint irrelevant zu sein. Einen Bus mit extra Bank für jedes Kind können sich nicht alle leisten …
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@Stiftung_Warentest: Vielen Dank für Ihre Antwort und sehr gut, dass Sie getestet haben, in welchen Automodellen viel Platz für den Autokindersitzeinbau bieten.
Leider beantwortet das meine Fragen nicht:
Was mache ich wenn ich mir kein neues Auto kaufen kann?
Beeinträchtigen Kindersitze die Sicherheit daneben sitzender (größerer) Kinder (ohne Kindersitz)?
Auch in 16 von 18 der von Ihnen getesteten Automodelle müssen in Familien mit 5 Personen 3 auf der Rückbank sitzen.
@undnocheinnutzername: Sie sprechen in Ihrem Kommentar ein sehr wichtiges Thema an, mit dem sich die Stiftung Warentest bereits 2016 befasst hat. Unter dem Stichwort "Kindersitze einbauen" sind wir der Frage nachgegangen, welches Auto viel Platz für mehrere Kinder bietet und welche Sicherheitsaspekte hier wichtig sind. Informationen dazu finden Sie unter: https://www.test.de/Kindersitze-einbauen-Bei-welchen-Autos-es-passt-4183394-0/
Wir haben 3 Kinder im Alter von 7, 12 und 15 Jahren und fahren eine älteren Mercedes-Kombi, d.h. es müssen 3 Personen auf eine Rückbank.
Leider finde ich in keinem Test (weder bei Ihnen noch beim ADAC) Informationen darüber, wie sich die Sitze auf die Sicherheit direkt daneben sitzender Kinder auswirken.
Die 7-Jährige soll einen neuen Sitz bekommen, ich mache mir aber große Sorgen um die Sicherheit des daneben sitzenden Kindes, wenn es z.B. bei einem Seitenaufprall mit dem Kopf gegen den meist herausstehenden Seitenaufprallschutz bei den modernen Kindersitzen (wie z.B. auch dem Kidfix) prallt.
Gibt es dazu irgendwelche Untersuchungen?
Sowohl den Herstellern als auch bei den Standards und den Tests scheint immer nur um die Sicherheit des einen Kindes im Sitz zu gehen und die der anderen Kinder in einer realen Situation mit mehreren Kindern unterschiedlichen Alters nebeneinander scheint irrelevant zu sein.
Einen Bus mit extra Bank für jedes Kind können sich nicht alle leisten …
@nils1896: Das Dokument finden Sie unter dem Punkt 7: Download: Heftartikel als PDF
Das PDF zum aktuellen Test fehlt leider. Können Sie es bitte nachreichen?