
Die Stiftung Warentest bewertet Autokindersitze aktuell in vier Disziplinen: Unfallsicherheit, Handhabung, Ergonomie und Schadstoffe. Lesen Sie hier, wie wir testen.
Testergebnisse für 404 Autokindersitze
Prüfmethodik wird regelmäßig angepasst
Die Stiftung Warentest prüft regelmäßig Autokindersitze. Die Noten in den Disziplinen heißen Gruppenurteile. Aus den vier Gruppenurteilen ergibt sich die Gesamtnote, das test-Qualitätsurteil. Wenn erforderlich, passen wir die Prüfungen an den technischen Fortschritt oder neue Studienerkenntnisse an. Im Folgenden beschreiben wir das aktuelle, seit Oktober 2022 gültige Prüfprogramm. Links auf frühere Testprogramme finden Sie am Ende dieses Textes.
Hinweis: Für die Tests ab Oktober 2022 haben wir die Schadstoffanalyse angepasst. Die Analyse der Materialien, welche sich im Kontaktbereich des Kindes befinden, wird nun für PAK und Flammschutzmittel (Organophosphor-Verbindungen) in Einzelproben durchgeführt.
Herzstück des Tests: Die Crashtests
Ob ein Kindersitz bei einem Unfall gut schützt, kann man ihm nicht ansehen. Die Stiftung Warentest prüft die Sicherheit in aufwendigen Crashtests. Frontalaufprall und Seitenaufprall stehen auf dem Programm. Die Testbedingungen sind dabei für alle Kindersitze gleich. Bietet ein Kindersitz unterschiedliche Befestigungsarten, zum Beispiel Isofix oder Dreipunktgurt, vorwärts- oder rückwärtsgerichtet, mit oder ohne Basis, Rückenlehne mit Ruheposition, dann führen die Tester eine entsprechende Anzahl von Crashtests für alle Varianten durch. Das gilt auch für unterschiedlich große Dummys zum Beispiel bei mitwachsenden Kindersitzen.
Autokindersitze – die Prüfungen im Detail
Die Stiftung Warentest testet Autokindersitze gemeinsam mit dem ADAC, dem österreichischen ÖAMTC und dem TCS aus der Schweiz sowie Verbraucherorganisationen aus Belgien, China, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Hongkong, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien, Thailand, Tschechien, Ungarn. Sind zwei Produkte weitgehend ähnlich, prüfen wir die abweichenden Eigenschaften separat.
Gewichtung
Die Stiftung Warentest berechnet das test-Qualitätsurteil aus den Gruppenurteilen Unfallsicherheit, Handhabung und Ergonomie. Jedes Gruppenurteil geht mit einem festen Anteil ins Qualitätsurteil ein. Ausnahme: Das Gruppenurteil für Schadstoffe geht nicht direkt ins Qualitätsurteil ein. Nur wenn die Tester Schadstoffe in kritischer Menge finden, werten sie das Qualitätsurteil ab. Die Gruppenurteile selbst entstehen aus einer Vielzahl von Einzelurteilen.
Die Gruppenurteile für Autokindersitze sind wie folgt gewichtet:
- Unfallsicherheit 50 %
- Handhabung 40 %
- Ergonomie 10 %
- Schadstoffe 0 %
Abwertungen
Abwertungen führen dazu, dass sich Produktmängel verstärkt auf das test-Qualitätsurteil auswirken. Sie sind in der Test-Tabelle mit einem Sternchen gekennzeichnet.
- Lautet die Note in einem der Prüfpunkte Unfallsicherheit, Handhabung oder Schadstoffe mangelhaft, kann das test-Qualitätsurteil nicht besser als mangelhaft sein.
- Ab der Note befriedigend (2,6) im Prüfpunkt Unfallsicherheit oder Handhabung werten wir das test-Qualitätsurteil ab.
- Ab der Note ausreichend (3,6) im Prüfpunkt Schadstoffe werten wir das test-Qualitätsurteil ab.
- Sind die Ergebnisse im Crashtest – Frontal- oder Seitenaufprall mangelhaft, kann die Note im Prüfpunkt Unfallsicherheit nicht besser als mangelhaft sein.
- Ab der Note befriedigend bei den Prüfpunkten Frontal- oder Seitenaufprall beziehungsweise Sicherheit der Sitzkonstruktion wird die Teilnote Unfallsicherheit abgewertet.
- Ist der Schutz vor Fehlbedienung mangelhaft, kann die Handhabung nicht besser sein.
- Ab der Note befriedigend im Prüfpunkt Schutz vor Fehlbedienung, Einbauen oder Anschnallen, werten wir die Note im Prüfpunkt Handhabung ab.
- Das Urteil für Schadstoffe kann nicht besser sein als das schlechteste Einzelurteil für einen der untersuchten Schadstoffe.
Sind die Urteile gleich oder nur geringfügig schlechter als diese Noten, ergeben sich nur geringe negative Auswirkungen. Je schlechter die Urteile ausfallen, desto stärker ist der jeweilige Abwertungseffekt.
Unfallsicherheit 50 %
Das Urteil berechnet die Stiftung Warentest aus den Crashtest-Ergebnissen aller Befestigungsarten. Lässt sich ein Sitz vorwärts- und rückwärtsgerichtet montieren, muss er beide Crashtests absolvieren. In das Qualitätsurteil geht jeweils die schlechteste Note aller Montagearten ein.
Die Prüfungen werden durchgeführt in Anlehnung an die Normen UN ECE R 44 und R 129.
Unter anderem haben wir die Vorverlagerung und Belastung des Kopfes bewertet, die Belastung der Brust und das Bauchverletzungsrisiko. Wir prüfen mit unterschiedlich großen Dummys.
Im Vergleich zu den Tests bis 2019 wurden die Dummys für die Gewichtsklasse I und II (9 bis 25 kg) bzw. bei i-Size-Sitzen für Kinder von ca. 87 bis 105 cm mit neuen Sensoren (Bauch) ausgestattet.
Ebenfalls für die Gewichtsklasse I und II bzw. bei i-Size-Sitzen für Kinder von ca. 87 bis 125 cm wurden die Dummys um einen Hüftschild erweitert. Hierdurch wird verhindert, dass der Gurt in den für Dummys typischen Spalt zwischen Bauch und Oberschenkel rutscht. Dem Dummy für die Gewichtsklasse III (22 bis 36 kg) bzw. bei i-Size-Sitzen für Kinder über 125 cm wurde ein weiterentwickeltes Schulterteil eingesetzt.
Aufprallversuche mit einem an den Testvorgaben des Automobil-Bewertungsprogramms Euro-NCAP orientierten Schlitten erfolgten mit einer VW-Polo-Rohkarosse.
Frontaufprall: Die Testkarosse mit dem Kindersitz wird beim Frontaufprall auf 64 km/h beschleunigt. Dann prallt sie auf das Hindernis. Hochgeschwindigkeitskameras halten jede Bewegung fest. Diese Videosequenzen werden genau ausgewertet, falls es zu schlechten Testergebnissen kommt. Die extreme Zeitlupe lässt keinen Moment während des Aufpralls aus.
Seitenaufprall: Der Kindersitz wird auf einer Testbank befestigt, die quer auf dem Prüfschlitten montiert ist. Aufprall des Sitzes bei etwa 25 Kilometern pro Stunde gegen eine feststehende Tür. Das entspricht im realen Verkehrsgeschehen einem Aufprall, bei dem ein Auto mit 50 Kilometern pro Stunde in die Seite eines stehenden Wagens fährt. Abweichend von ECE-R 129: Die Tür ist nur mit 20 Millimeter Styrodur verkleidet und der Aufprallwinkel beträgt 80 Grad statt 90 Grad.
Sicherheit der Sitzkonstruktion: Drei Experten beurteilten den Gurtverlauf und die Standfestigkeit des Kindersitzes auf dem Fahrzeugsitz.
Testergebnisse für 404 Autokindersitze
Handhabung 40 %
Das Urteil Handhabung beinhaltet folgende Einzelprüfungen:
Schutz vor Fehlbedienung: Drei Experten und vier Testpersonen prüfen die Sitze im Praxistest. Falsch montierte Systeme stellen den Unfallschutz infrage. Die Experten bewerten das konzeptionelle Fehlbedienungsrisiko – auch mit Blick darauf, dass die Kindersitze manchmal von Personen bedient werden, die mit dem System nicht vertraut sind.
Einbauen, Anschnallen, Sitzumbau und Größenanpassung: Beurteilung durch drei Experten. Für die Bewertung des Sitzein- und -ausbaus kommen aktuelle Fahrzeugmodelle zum Einsatz.
Gebrauchsanleitung: Ein Experte beurteilt die Anleitung nach einer Checkliste.
Reinigung und Verarbeitung: Zwei Experten beurteilen das Abnehmen und die Waschbarkeit des Bezugs sowie die Verarbeitung des Sitzes.
Ergonomie 10 %
Drei Experten beurteilten mit Kindern und Dummys in Prüffahrzeugen den Platzbedarf im Fahrzeug, den Platz für das Kind, den Komfort für das Kind (Beinauflage, Polsterung und Sichtverhältnisse für das Kind) und die Sitzposition (Winkel der Sitzlehne und Platzangebot für die Beine). Die genutzten Testwagen: Ford Fiesta, VW T-Cross, Citroen Berlingo.
Schadstoffe 0 %
Materialien im Kontaktbereich des Kindes wurden auf folgende Schadstoffe getestet: PAK in Anlehnung an die Spezifikation AfPS GS2019:01 PAK des Ausschusses für Produktsicherheit. Phthalate (Weichmacher) und kurzkettige Chlorparaffine nach Extraktion mit GC-MS.
Test auf Formaldehyd in Anlehnung an EN 71–9. Test auf in EN 71–9 gelistete Flammschutzmittel (Organophosphor-Verbindungen) und auf Organozinn- und phenolische Verbindungen in Anlehnung an Ökotex-Standard 100. Die Schadstoffgehalte werden teilweise auf den Ergebnissen von Mischproben bewertet.
Preise
Der Produktfinder Autokindersitze zeigt Ladenpreise. Die Stiftung Warentest erhebt die Preise mittels Anbieterbefragung. Der Stand des Preises wird für jedes Produkt angezeigt.
Frühere Prüfprogramme
Die Prüfungen aus früheren Jahre weichen in einzelnen Punkten vom aktuellen Testverfahren ab. Die Testergebnisse lassen sich deswegen nicht 1:1 vergleichen.
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Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@Christian_1980: Aufgrund der Weiterentwicklung der Sitze und den gesetzlichen Veränderungen, passen wir unser Prüfprogramm regelmäßig an. Die Prüfungen aus früheren Jahre weichen in einzelnen Punkten vom aktuellen Testverfahren ab. Die Testergebnisse lassen sich deswegen nicht 100 Prozent 1:1 vergleichen. Angaben zum Prüfprogramm finden Sie unter „So haben wir getestet“.
Aufgrund der wenigen Testmodelle wird es in der nächsten test Ausgabe 12/2022 nur eine kleine Tabelle geben, jedoch keinen ausführlichen Heftartikel zum Herunterladen.
Man kann sich aus den aktuell getesteten Modellen seine eigene Tabelle erstellen.
Hallo,
danke für die Antworten.
Einige Sitze wurden am 25.10.2022 getestet.
Der Heftartikel ist vom 06/2022.
Wird es einen neuen Heftartikel mit dem Fenster "unser Rat" geben?
Habe ich es richtig verstanden, dass die Test Kriterien der Zeitraume unterschiedlich sind?
- ab Oktober 2022 (nach nur 1/2 Jahr Test Kriterien erneut geändert?)
- ab Mai 2022 (nach 2 Jahre gleiche gleiche Test Kriterien)
- ab Mai 2020
Danke und schönen Tag
Gruß
Christian
@Christian_1980: Die von Ihnen gewünschte Filtermöglichkeit gibt es nicht. In einer Produktgruppe werden Ihnen die Ergebnisse nach dem jeweilig gültigen Prüfprogramm gefiltert dargestellt. Sie können dann auswählen und sich Ihre eigene Ergebnisstabelle anzeigen lassen.
@Christian_1980: für die leicht abweichende Note bei der Ergonomie ist der erhöhte Platzbedarf durch die Basis ausschlaggebend. Die Ergonomie für das Kind ist bei einer identischen Schale meist gleich. Aber auch hier könnte es Unterschiede geben, wenn zum Beispiel die Basis eine steilere oder flachere Stellung der Babyschale vorgibt, als wenn die Babyschale direkt auf dem Autositz steht.
Bei der Unfallsicherheit kann es bei Sitzen mit und ohne Basis durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Tendenziell schneiden hier die Kombinationen mit Isofix-Basis besser ab, aber eben auch nicht immer. Einer der größten Vorteile ist die meist leichte Fixierung der Babyschale auf einer Basis, was im Gegensatz zum Anschnallen der Schale mit dem Autogurt, zu weniger Fehlbefestigungen führt. Im konkreten Fall schnitt die Babyschale allein im Seitencrash etwas besser ab als die Kombination.
Hallo,
Ist es wirklich so, wie kann es sein, dass
Maxi-Cosi: CabrioFix i-Size + CabrioFix i-Size Base
Schlechter in:
- Unfallsicherheit (1.5 vs. 1.3)
- Ergonomie (1.8 vs. 1.6)
Ist als der gleiche Sitz ohne Basis (Maxi-Cosi: CabrioFix i-Size)?
Hätte gedacht dass die Sicherheit mit Basis mindestens genau so gut ist.
Die Ergonomie vom Kind müsste doch gleich sein, ist ja der gleiche Sitz.
Oder liegt hier ein Missverständnis vor?
Im Artikel steht das die befestigen mit i-size/isofix "oft" sicherer ist "i-Size-Sitze: Oft teurer, oft auch besser"
Gruß
Christian