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Zinsen von bis zu 7,5 Prozent im Jahr für eine Geldanlage? Da wird es gefährlich, wie das Beispiel der Autark Invest AG zeigt.
Köder für eine Geldanlage, der Anleger nur schwer widerstehen können, sind hohe Zinsen. Bis zu 7,5 Prozent Zinsen pro Jahr stellte die Autark Invest AG in Aussicht. Die Firma aus Liechtenstein hat eine Zweigstelle in Dortmund und gehört zur Autark-Gruppe. Anleger sollten ihr Nachrangdarlehen gewähren. Rund 3 600 Anleger gaben Darlehen in Höhe von 135 Millionen Euro mit Laufzeiten von bis zu 30 Jahren. Viele Anleger überweisen in Raten. Jetzt ist ihr Geld in Gefahr.
Die Gewinne will die Autark Invest AG mit Devisen-, Dax- und Rohstoffgeschäften sowie Investitionen in Immobilien, Biogasanlagen, ein Theater und das deutsche Breitbandnetz erzielen. Fraglich ist, ob die Geschäftsergebnisse so „überaus erfreulich“ sind, wie es im Juli 2016 in einem Kundenbrief stand.
Nachrangdarlehen sind hochriskant
Anleger, die Nachrangdarlehen gewähren, wissen oft nicht, dass sie ein hohes Risiko tragen. Im Pleitefall ihrer Anlagefirma gehen sie – falls überhaupt noch Vermögen da ist – meist leer aus, weil zuerst alle „vorrangigen Gläubiger“ ausbezahlt werden.
Wie das ist, erleben gerade rund 2 500 Anleger der Hanseatischen Fußballkontor, vor deren Nachrangdarlehen Finanztest gewarnt hatte (Zur Meldung Hanseatisches Fußball Kontor). Ihr Geld, das mit 8 Prozent Zinsen jährlich verzinst werden sollte, ist wohl weg. Die Firma hat Insolvenz beantragt.
Staatsanwaltschaften ermitteln
Im Umfeld der Autark-Gruppe sind gleich drei deutsche Staatsanwaltschaften aktiv. Gegen zwei Geschäftsführer der in Marktredwitz sitzenden GmbHs Sensus Vermögen und Derivest wird wegen Betrugsverdachts im Zusammenhang mit Geldanlagen in zweistelliger Millionenhöhe ermittelt. Beide Firmen haben enge Geschäftsbeziehungen zur Autark Invest AG.
Beim Fürstlichen Landgericht in Liechtenstein werden auf Antrag der Staatsanwaltschaft Vaduz Vorerhebungen gegen Verantwortliche der Autark Invest AG „wegen des Verdachts der Verbrechen der Untreue und der Geldwäscherei“ geführt. Im Handelsregister von Liechtenstein sind als Verantwortliche Gerhard Oehri und Stefan Kühn genannt.
Firmenchef war lange im Gefängnis
Kühn, der bis zu seiner Heirat Stefan Koschate hieß, saß wegen unsauberer Finanzgeschäfte im Zusammenhang mit einer Firma namens Novotax AG in der Schweiz zehn Monate in Untersuchungshaft. In Liechtenstein erkannte er ein Urteil über 1,335 Millionen Euro Schadenersatz an, zahlte aber nicht.
In Deutschland wurde Kühn zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt. Als Freigänger der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne lenkte er die Geschäfte der Autark-Gruppe, wie Mitarbeiter bestätigen.
Die Vergangenheit von Kühn sowie die Macht, die er offenbar bei Autark hat, konnten Anleger nicht kennen. Denn Kundenbriefe wurden meist von Jörg Schneider unterschrieben, der Geschäftsführer der Autark- Holding ist.
Schneider scheute sich nicht, als Verwaltungsrat der Autark Invest AG aufzutreten, obwohl er das laut Handelsregister nicht ist. Auf Fragen von Finanztest nach den Aktivitäten von Kühn teilte er mit, dass Kühn weder Organ noch Gesellschafter von Firmen der Autark-Gruppe sei. Kühn, der als Freigänger in Schneiders Versicherungsbüro beschäftigt war, reagierte auf unsere Anfragen nicht.
Nach Aussage von Mitarbeitern ist Kühn der eigentliche Chef der Autark-Gruppe. Vermittler erklären, dass Kühns Überzeugungskraft und Charisma sie glauben ließen, dass seine Vorstrafen zu Unrecht erfolgt seien und die erfolgreichen Investitionen die hohen Zinsaussichten rechtfertigten.
Schließlich wurden die Autark-Erfolge Ende 2016 in einem Weihnachtsbrief an Kunden erneut bestätigt. Schneider tut dort so, als sei alles in bester Ordnung. Die getätigten Sachwertinvestments hätten die planmäßigen Renditen erzielt. Glaubhaft ist das nicht.
Autark Digital ist pleite
So hat die Autark Digital GmbH in Hamburg, deren Erfolg beim Ausbau der Breitbandnetze noch im Juli 2016 als Beispiel für die positive Geschäftsentwicklung angeführt wird, im Dezember 2016 einen Insolvenzantrag gestellt.
Ebenfalls seit 2016 pleite ist die Archea Anlagenbau GmbH. An ihr besitzt die Autark Invest AG über eine Tochtergesellschaft der Biogaspark Deutschland GmbH Anteile. Aufgabe der Archea Anlagenbau war es, Bau, Vertrieb Planung und Know-How für die Biogas-Unternehmungen zu bündeln. An der Biogaspark Deutschland ist die Autark Invest AG wiederum zu 75 Prozent beteiligt.
Auch vom „Flaggschiff“ der Vermögensanlagen, dem Theater am Marientor in Duisburg, sind – wie von den meisten deutschen Theatern – keine großen Gewinne zu erwarten. Zwei Anfragen von Finanztest, ob bei dem Theater Gewinne anfallen, mit denen die Zinsen der Nachrangdarlehen bedient werden könnten, beantwortete Theaterchefin Sabine Kühn, Ehefrau von Stefan Kühn, trotz mehrfacher Bitte nicht.
Seit 2016 ist mehr Information Pflicht
Bis 2016 war es für Anbieter von Nachrangdarlehen leicht, ihre Geschäfte im Dunkeln zu lassen. Erst seit 1. Januar 2016 müssen sie einen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) genehmigten Prospekt und ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) herausgeben, das kurz über wesentliche Risiken informiert.
Für Anleger der Autark Invest AG kam die Prospektpflicht zu spät. So blieben ihnen die vielen Risiken sowie die personellen Verflechtungen verborgen, die sie womöglich von einer Investition abgehalten hätten.
Kühn trägt nicht nur Verantwortung bei der liechtensteinischen Autark Invest AG. Er war auch Geschäftsführer der Noble House Europe B.V. mit Sitz in den Niederlanden. Die Noble House, die inzwischen gelöscht ist, brauchte Kühn, um Anlegern einen Umtausch ihrer Nachrangdarlehen in Vorzugsaktien über den Umweg Liechtenstein und die Niederlande anbieten zu können.
Finanzaufsicht: Nicht ohne Prospekt
Nach Angaben der Autark-Holding hatten bereits 80 Prozent der Anleger dem Umtausch zugestimmt, als die Autark Invest AG das Angebot im Herbst 2016 zurückzog.
Ein Rückzug nicht ganz aus freien Stücken: Laut der Finanzaufsicht Liechtenstein (FMA) hat die Autark Invest AG ihr Angebot zurückgezogen, nachdem die FMA ihr deutlich gemacht habe, dass sie es nicht genehmigen würde. Die Autark Invest AG konnte nicht den laut Wertpapierprospektgesetz von Liechtenstein vorgeschriebenen Prospekt vorlegen.
Anleger hätten lediglich ein Memorandum mit widersprüchlichen Angaben erhalten, heißt es bei der FMA. Unklar sei, ob es sich um die Wandlung in Aktien der Autark handele oder ob Aktien von deren Mutter, der Noble House Europe erworben werden können.
Nun will die Autark Invest AG von Liechtenstein nach Deutschland übersiedeln und es erneut versuchen. Unter der Überschrift „Vertrauen zahlt sich aus!“, teilte Autark-Holding-Geschäftsführer Schneider am 9. Januar 2017 mit: „Investoren der Autark Invest AG können derzeit für ihre Engagements in dem Unternehmen Aktien der neuen, an der Börse notierten Autark Group erhalten.“ Das ist seltsam. Auf der Internetseite der Finanzaufsicht Bafin ist kein gebilligter Wertpapierprospekt für die Autark Group zu finden.
Bekannt ist der Bafin dagegen der Prospekt eines neuen Nachrangdarlehens einer Autark Invest GmbH in Olpe, für das es 5,5 Prozent Zinsen pro Jahr geben soll. Geschäftsführer ist Jörg Schneider. Das Angebot ähnelt dem der Autark Invest AG und ist ebenfalls sehr riskant. Allein 17 Prozent des Anlegergeldes gehen für Provisionen drauf, werden also nicht investiert. Diesmal werden Anleger im Prospekt jedoch gewarnt: Totalverlust des Vermögens möglich, heißt es dort.
Unsere Warnliste zeigt, ob uns eine Firma bereits negativ aufgefallen ist (3 Euro). Dort stehen die Autark Invest AG und GmbH und die GmbHs Sensus Vermögen und Derivest.
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