Wer länger aus dem hektischen Joballtag aussteigen will, braucht gute Gründe und solide Finanzen. Planen und verhandeln ist alles.
Vietnam war das Land, das Elke Ott und Christoph Schreiner auf die Idee brachte. „Wir haben dort Leute getroffen, die mit ihren Kindern auf Weltreise waren“, erinnert sich Ott. Für das junge und reiselustige Paar war nach dem Ende der Ferien klar: „Wir wollten auch mal eine richtig lange Reise machen“, sagt Schreiner.

Erster Halt Usbekistan: Elke Ott und Christoph Schreiner waren schon Eltern, als sie ihre Weltreise planten. Mit ihren Kindern Marie und Julius bereisten sie den arabischen Raum und große Teile Asiens.
Nach dem Urlaub ging der Alltag weiter, dann kamen eine Tochter und ein Sohn zur Welt. Doch das Ziel, ein Jahr lang durch die Welt zu reisen, ließ das Paar nicht los.
Damit beide sich zur gleichen Zeit von ihren Jobs freistellen lassen konnten, mussten sie vier Jahre im Voraus planen: Als Gymnasiallehrerin war es für Elke Ott kein Problem, ein Sabbatjahr zu beantragen. Dafür verzichtete sie über drei Jahre auf ein Viertel ihres Gehalts, um anschließend ein ganzes Jahr bezahlt freinehmen zu können.
Im Sommer 2008 sollte es losgehen, die Kinder waren drei und fünf Jahre alt. „Es war die letzte Gelegenheit vor der Einschulung“, erinnert sich Ott. Der Kulturredakteur Christoph Schreiner nahm mit dem Einverständnis seines Arbeitgebers ein Jahr unbezahlt Elternzeit.
Afrika, Asien und zurück

In Vietnam machte die Familie zwei Monate Station. Hier fahren die vier durch die Halong-Bucht.
Die Reise sollte die abenteuerlustige Familie über drei Kontinente und durch mehr als zehn Länder führen: Durch so exotische Länder wie Usbekistan, Iran, Syrien, Libanon, Oman, Bahrain oder die Mongolei. Zwischendurch ging es nach Namibia und später nach Laos, Vietnam und China.
Einen engen Zeitplan gab es nicht. „Wir haben uns nach den Kindern gerichtet und geschaut, was brauchen die jetzt: Eher Strand? Ein Hotel? Oder ist eine längere Busfahrt drin?“, erinnert sich Schreiner. Zwei Monate blieben sie in Hanoi, wo die Kinder eine englischsprachige Kita besuchten.
Ein Jahr Vorbereitungen
Im Vorfeld gab es viel zu tun: Ungefähr ein Jahr vorher planten Ott und Schreiner die Reiseroute, kümmerten sich um Impfungen, beantragten Pässe und Visa und suchten einen Untermieter für ihre Wohnung.
Auch finanziell war die Reise ein Abenteuer. Das Gehalt von Ott deckte nur einen kleinen Teil der Kosten ab. Christoph Schreiner verdiente mit Reiseberichten hinzu. Und einiges Ersparte musste dran glauben.
Alles in allem hatten die vier Glück. Ihre Auslandskrankenversicherung mussten sie kaum in Anspruch nehmen und auch sonst gab es keine Katastrophen – im Gegenteil: „Wir haben sehr viel Hilfsbereitschaft erfahren. Durch unsere Kinder bekamen wir auch sehr schnell Kontakt“, sagt Schreiner.
Varianten der Auszeit
So wie Elke Ott können Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst für eine bezahlte Freistellung auf bestehende Vereinbarungen zurückgreifen. Je nach Bundesland und Behörde gibt es unterschiedliche Regelungen.
Anders ist es in der privaten Wirtschaft. Nur 16 Prozent der Unternehmen bieten die bezahlte Freistellung in Form eines Sabbatjahres an. Der Vorteil des Sabbaticals: Der Arbeitgeber bezahlt während der Freistellung weiter Gehalt und damit auch die Sozialversicherungsbeiträge.
Oft sparen die Arbeitnehmer Arbeitszeit für die Auszeit an, indem vor dem Sabbatical ihr Gehalt reduziert wird. Andere Firmen buchen Überstunden und Sonderzahlungen auf ein Langzeitkonto und verwenden es für die Freistellung. „Gibt es im Betrieb feste Regelungen für ein Sabbatical, können sich Arbeitnehmer darauf berufen“, sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin.
Unbezahlter Urlaub wird für Arbeitnehmer dagegen oft teuer. Gesetzlich Versicherte müssen sich schon nach einem Monat ohne Gehalt selbst krankenversichern (siehe „Der wichtigste Versicherungsschutz“).
Argumente gut abwägen
Fehlen betriebliche Regelungen, gilt es geschickt zu argumentieren. „Dauer, Gehalt oder Altersvorsorge – fast alles ist individuell verhandelbar“, sagt Arbeitsrechtler Stefan Lunk aus Hamburg. Entscheidend aber ist die Zustimmung des Arbeitgebers. Denn einen Rechtsanspruch auf eine Auszeit haben Arbeitnehmer nicht. Nur im Fall der Pflege eines Angehörigen oder während der ersten drei Lebensjahre des Kindes muss der Arbeitgeber unbezahlt freistellen.
Gerade Fach- und Führungskräfte sollten sich nicht scheuen, individuell mit dem Arbeitgeber zu verhandeln und ihre Argumente gut abwägen, meint Lunk: „Geht es beispielsweise um eine Fortbildung, die dem Arbeitgeber direkt nützt, sollte das Ziel immer eine bezahlte Freistellung sein.“ Das kann ein Studium zum Master of Business Administration sein, eine Weiterbildung zum Wirtschaftsprüfer oder ein Chinesischkurs, von dem die Firma profitiert.
Grund: Ein bisschen ausgebrannt
Ein eng gestrickter Terminplan und häufige Extrastunden sind ein guter Anlass, um mit dem Chef über eine „kreative Pause“ zu verhandeln, betont Rechtsanwalt Lunk: „Da passt es, zu sagen: Ich habe zu viel gearbeitet und bin ein bisschen ausgebrannt. Ich brauche eine kreative Pause.“
Ziele und Inhalte der Auszeit sollten konkret besprochen und schriftlich vereinbart werden. Wichtig ist, dass die Aktivitäten immer zu den Zielen einer Freistellung passen. Besondere Vorsicht gilt bei Nebenjobs. Soll die Auszeit dazu dienen, wieder gut erholt in den Berufsalltag zurückzukehren, jobbt der Freigestellte aber fleißig woanders, kann das eine Kündigung nach sich ziehen. „Regeln Sie solche Tätigkeiten vorher schriftlich mit dem Arbeitgeber“, rät Anwalt Alexander Bredereck.
Während der Auszeit gelten auch die Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis weiter. Der Freigestellte darf zum Beispiel nichts tun, was seinem Arbeitgeber schaden könnte, und nicht für die Konkurrenz arbeiten. Zu den Pflichten gehört auch, den Arbeitgeber rechtzeitig zu informieren, wenn eine Erkrankung oder ein Unfall die Rückkehr in den Betrieb zu verzögern droht.
Regeln für die Rückkehr
Eine Garantie, nach der Auszeit auf die alte Stelle zurückzukehren, gibt es oft nicht. Maßgeblich ist hier, welche Spielräume der Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber lässt: Kann der Arbeitgeber dem Rückkehrer andere, neue Aufgaben erteilen, ihn in eine andere Abteilung oder Dienststelle versetzen?
Auch in der Auszeit kann es zu einer betriebsbedingten Kündigung kommen. Für Freigestellte gelten in diesem Fall aber die gleichen Regeln der Sozialauswahl wie für die anderen Mitarbeiter. Am Kündigungsschutz ändert sich durch die Auszeit nichts. Freigestellte haben hier sogar einen Vorteil, meint Anwalt Lunk: „Wer nicht da ist, kann auch keine Fehler machen.“
Für Christoph Schreiner und Elke Ott war das Jahr Auszeit ein Gewinn. Nicht nur für ihre Kinder, die jetzt englisch sprechen. „Vieles an der Berichterstattung über die Länder, durch die wir gereist sind, sehe ich mit anderen Augen“, sagt der Journalist. „Es gibt viel mehr gemeinsame Werte zwischen den unterschiedlichen Kulturen als gemeinhin angenommen.“
Elke Ott motiviert ihre Schüler, Auslandserfahrung zu sammeln. „Ich bin gelassener, offener, nicht mehr so förmlich.“ Das Jahr hat sich für die Beamtin zugleich als Türöffner entpuppt: Sie hat sich für den Auslandsschuldienst beworben – und wird demnächst an einer deutschen Schule auf den Philippinen unterrichten – für drei Jahre. Mann und Kinder sind natürlich auch diesmal dabei.
-
- Wer heiratet oder Vater wird, muss dafür nicht zwingend Urlaubstage abzwacken. Es kann Sonderurlaub geben, also eine bezahlte Freistellung – wann dies infrage kommt.
-
- Teilzeit statt Vollzeit? Viele Berufstätige entscheiden sich dafür – etwa aus familiären Gründen. Unser Teilzeitrechner zeigt, wie sich das auf Ihr Monatsnetto auswirkt.
-
- In Australien und Neuseeland hat die Frauenfußball-WM begonnen. Die Spiele werden zur typischen Arbeitszeit gesendet. Zuschauen geht nur mit Erlaubnis des Arbeitgebers.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@md81: Vielen Dank
Der Link zum Download funktioniert nicht