Die Schufa handelt mit mehr Finanzdaten von Privatleuten als andere Auskunfteien. Aber nur bei 11 von 89 Testpersonen waren die Daten komplett und korrekt.
Zu diesem Thema bietet test.de einen aktuelleren Test: Auskunfteien.
Manches kann ein Bankkunde oder Käufer nicht verstehen: Weshalb gibt die Bank ihm den Kredit nur zu schlechten Bedingungen? Warum will der Versandhändler die neue Sommerkollektion nur auf Vorkasse liefern? Und wieso wurde der neue Handyvertrag abgelehnt?
Offensichtlich halten Bank, Händler und Mobilfunkunternehmen den Kunden nicht für kreditwürdig. Immerhin gehen sie mit dem Kredit, der Kleidung und dem Handy in Vorleistung. Da wollen sie sicher sein, dass der Kunde seine Rechnungen bezahlen wird.
Informationen über die Zahlungsfähigkeit und das Zahlungsverhalten von Kunden holen sich Händler und Banken von Auskunfteien. Die bekannteste ist die Schufa, die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, doch sie ist längst nicht die einzige.
In Deutschland sammelt und speichert eine Vielzahl solcher Unternehmen Daten über laufende Verträge und Zahlungsverpflichtungen sowie Informationen über Mahnverfahren, Privatinsolvenzen oder über Haftbefehle. Die Informationen verkaufen die Auskunfteien an Geschäftskunden wie Banken, Versandhändler oder Mobilfunkunternehmen. Diese Kunden melden als Vertragspartner der Auskunfteien selbst Daten und können im Gegenzug dafür Auskünfte anfordern.
Fehlerhafte Daten mit Folgen
Wir wollten wissen, ob die sechs großen deutschen Auskunfteien accumio, Bürgel, Creditreform, Deltavista, Infoscore und die Schufa verantwortungsbewusst mit den Daten umgehen und ob die Daten aktuell, korrekt und vollständig sind.
Testpersonen aus ganz Deutschland haben von Dezember 2009 bis März 2010 bei den sechs großen Auskunfteien eine sogenannte Eigenauskunft angefordert, um zu wissen, welche Daten über sie gespeichert sind. Je Auskunftei konnten wir zwischen 82 und 94 Auskünfte auswerten.
Das Ergebnis unseres Tests ist ernüchternd: Der seit Jahren kursierende Vorwurf, die Auskunfteien speicherten massenweise unvollständige und falsche Daten und arbeiteten nach undurchsichtigen Regeln, hat sich bestätigt.
Wir zweifeln stark daran, wie hilfreich Informationen zur Kreditwürdigkeit sind, die aus falschen, unvollständigen und veralteten Daten entstehen. Zwei Kunden, die in Wirklichkeit gleichermaßen kreditwürdig sind, können wegen Fehlern und Lücken ganz unterschiedlich behandelt werden.
Bei der Schufa wirken sich Fehler besonders stark aus, weil sie mit mehr als 4 500 Vertragspartnern auf viele Entscheidungen Einfluss hat.
Undurchsichtige Arbeitsweise
Kritikwürdig ist auch die mangelnde Offenheit der Auskunfteien. Weder die Schufa noch eine andere Auskunftei gab uns auf Nachfrage Informationen darüber, welche Merkmale überhaupt über eine Person erfasst werden können, wie lange sie im Einzelnen gespeichert bleiben und ob sich diese positiv oder negativ auf die Einschätzung der Kreditwürdigkeit auswirken.
Wir haben unsere Tester gebeten, sich beim Überprüfen ihres Datenbestands auf Girokonten, Kreditkarten, Ratenkredite, Mobilfunkverträge und Handelskonten zu konzentrieren. Das sind Kriterien, von denen wir zumindest bei der Schufa wissen, dass ihre Vertragspartner sie melden. Je nach Verlauf der Vertragsbeziehung können sie sowohl positive als auch negative Folgen haben.
Viele Fehler bei der Schufa
Wer viel speichert, kann auch viele Fehler machen. Die Auskünfte der Schufa an unsere Testpersonen waren erschreckend fehlerhaft: falsche, veraltete und fehlende Daten waren an der Tagesordnung.
Nur 11 von 89 Testpersonen bekamen von der Schufa eine vollständig korrekte Auskunft. Bei allen anderen Testern gab es in der Auskunft den einen oder anderen Mangel. Am häufigsten fehlten Daten: Girokonten, Kreditkarten, Handyverträge oder laufende Kredite. Manchmal waren auch noch Kreditkarten gespeichert, die der Kunde längst gekündigt hatte.
Ob die Lücken durch schlechtes Meldeverhalten der Schufa-Vertragspartner entstehen oder ob die Banken unserer Tester keine Vertragspartner der Schufa sind und keine Daten liefern, konnten wir im Rahmen des Tests nicht prüfen. Auch auf Nachfrage hat uns die Schufa keine Auskunft über ihre Vertragspartner gegeben.
Bei accumio, Deltavista, infoscore und Bürgel war die Datenlage mehr als dünn. Das liegt daran, dass diese Auskunfteien nach eigenen Angaben über die Personendaten Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Anschrift hinaus nur Negativdaten speichern. Das sind zum Beispiel Mahnverfahren, eidesstattliche Versicherungen, Insolvenzen oder Haftbefehle.
Berechnung des Scorewerts
Alle sechs Auskunfteien berechnen nach eigenen Angaben aus den gespeicherten Daten einen Zahlenwert, der etwas über das Zahlungsverhalten und die Zahlungsfähigkeit aussagen soll. Der Fachbegriff dafür ist Score (englisch für Zahlenwert). Den nutzen Vertragspartner wie Banken, Händler und Mobilfunkanbieter für die Entscheidung, ob sie mit einem Kunden ein Geschäft machen und zu welchen Konditionen.
Die Schufa berechnet für jede gespeicherte Person vierteljährlich einen Basisscore und zusätzlich Scores für acht verschiedene Branchen: für Banken, für Sparkassen und Genossenschaftsbanken, für Handel, Hypotheken, Telekommunikation, Versandhandel, Kleingewerbe und Freiberufler. Branchenscores werden tagesaktuell berechnet und nur dann, wenn Vertragspartner oder Verbraucher danach fragen.
Bisher mussten Verbraucher den Branchenscore bei der Schufa zusätzlich zur Eigenauskunft beantragen und auch bezahlen. Seit 1. April 2010 werden diese Scores in der Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz (neu seit Mai 2018: nach Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung/DSGVO) kostenlos mitgeteilt (siehe Text: Datenschutz).
Obwohl alle unsere Tester mit der Eigenauskunft ausdrücklich auch ihren Scorewert angefordert hatten, übermittelte die Auskunftei Creditreform diesen nur an zwei Drittel der Tester, Bürgel nur in 4 von 25 Fällen. Accumio, infoscore, und Deltavista verschickten ihn gar nicht.
„Dass auf ausdrückliche Anfrage den Verbrauchern kein Score mitgeteilt wurde, war nicht rechtmäßig“, kritisiert der Chef des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), Thilo Weichert. Bei der Schufa gab es zumindest in diesem Punkt nichts zu beanstanden.
Datenschutz mangelhaft
Vor Jahren war es uns noch gelungen, bei der Schufa eine Eigenauskunft von fremden Personen zu bekommen. Das geht jetzt nicht mehr. Die Schufa sowie accumio, Creditreform und Deltavista verlangten von allen Testpersonen zum Beweis ihrer Identität eine Kopie des Personalausweises, bevor sie die Daten verschickten.
Verbraucher, die sich bei der Schufa für einen Internetzugang entscheiden, mit dem sie jederzeit und unbegrenzt Einsicht in ihre Daten haben, müssen sich sogar dem „Postident-Verfahren“ unterziehen. Dafür müssen sie sich in einer Postfiliale ausweisen.
Bei Infoscore mussten nur vier unserer Tester mit der Personalausweiskopie ihre Identität bestätigen, die anderen bekamen die Daten so. Bei Bürgel wurde keine Identität geprüft. In Zeiten, in denen Datenmissbrauch an der Tagesordnung ist, finden wir ein solches Verhalten unverständlich.