Ein rechtzeitiger Blick zurück auf die Schulzeit lohnt sich für die Rente. Denn nur wer noch keine 45 Jahre alt ist, kann für bestimmte Ausbildungszeiten Rentenbeiträge nachzahlen — eine der wenigen Möglichkeiten für Arbeitnehmende, im Nachhinein Lücken im Rentenkonto zu stopfen. Auch können Versicherte mit solchen Nachzahlungen die recht langen Mindestversicherungszeiten für einen vorzeitigen Rentenbeginn füllen (Wann sich Nachzahlungen lohnen).
Für wen kommen Nachzahlungen in Frage?
Vor allem für Versicherte,
- die zwischen dem 16. und 17. Geburtstag zur Schule gegangen sind und/oder
- deren Ausbildung ab dem 17. Geburtstag länger als acht Jahre gedauert hat, also über den 25. Geburtstag hinaus.
Wann sind Nachzahlungen sinnvoll?
Das hängt von der persönlichen Lage ab. Mindestens der erste und ein weiterer Punkt sollten auf Interessierte zutreffen:
- Sie schätzen ihre Lebenserwartung positiv ein. Denn die Rendite von Renten ist umso besser, je länger sie leben.
- Sie möchten früher in Rente gehen, können die Mindestversicherungszeit von 35 oder 45 Versicherungsjahren ohne Nachzahlung voraussichtlich aber nicht erfüllen.
- Die Nachzahlung führt bei ihnen zu merklichen Steuererleichterungen. Denn Versicherte können die Nachzahlungen in bestimmtem Umfang von der Steuer absetzen.
- Im Alter ist ihre Besteuerung niedriger und/oder aufgrund privater Krankenversicherung fallen keine Sozialabgaben an.
Für welche Zeiten sind Nachzahlungen möglich?
Infrage kommen Nachzahlungen für Ausbildungszeiten in weiterführenden Schulen, Fachhochschulen, Hochschulen und für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen. Sie sind aber nicht für die gesamte Ausbildungszeit möglich. Der Grund: Nachzahlen können Versicherte nur für Zeiten, die nicht schon mit anderen sogenannten rentenrechtlich relevanten Zeiten belegt sind, wie
- Ausbildungen bis zu acht Jahren ab dem 17. Geburtstag (werden ohne Beitragszahlung als Anrechnungszeit gewertet) und
- Zeiten einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, etwa als angestellter Azubi.
Welche anderen Voraussetzungen gibt es?
Gerade die Option, sich mit einer Nachzahlung einen möglichst frühen Rentenstart zu erkaufen, kann attraktiv sein. Je nach Rentenart müssen Versicherte dafür eine recht lange Mindestversicherungszeit, die sogenannte Wartezeit, erfüllen. 35 Jahre sind es für Versicherte, die bereits mit 63 Jahren ihre Altersrente beziehen möchten. Bei dieser Altersrente fallen Rentenkürzungen, sogenannte Abschläge an. Um ohne Abschläge die Altersrente früher beziehen zu können, müssen Versicherte auf 45 Versicherungsjahre kommen. Hier zählen Nachzahlungen allerdings nur mit, wenn auf dem Konto bei Rentenstart auch mindestens 18 Jahre verbucht sind, in denen sie pflichtversichert waren, etwa durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, Kindererziehung oder die Pflege Angehöriger.
Was ist mit Wartezeiten?
Auch die Wartezeiten für die reguläre Altersrente und die für schwerbehinderte Menschen lassen sich mit Nachzahlungen auffüllen. Erstere beträgt aber ohnehin nur fünf Jahre, die für Schwerbehinderte 35 Jahre.
Wie viel kann ich maximal einzahlen?
Der Summe, die Versicherte nachzahlen können, sind Grenzen gesetzt. Der Mindestbeitrag liegt 2021 bei 83,70 Euro für einen Monat Nachzahlung. Das würde die Rente kaum erhöhen: Nach derzeitigen Werten würde sie dadurch brutto um 0,37 Euro im Monat steigen. Der Höchstbetrag hängt davon ab, wie viele Monate Ausbildungszeit rentenrechtlich noch frei sind (Wann sich Nachzahlungen lohnen). Bei mehreren Jahren sind Summen von mehreren 10 000 Euro möglich.
Katja Braubach, Pressereferentin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, rät: „Hohe Nachzahlungsbeträge können Versicherte auch in Teilzahlungen über fünf Jahren strecken. Teilzahlungen sind auch noch nach dem 45. Geburtstag möglich.“ Wichtig sei nur, die Nachzahlung vor dem 45. Geburtstag zu beantragen.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@Ambivalenz: §51, Absatz 3a des SGB VI listet, welche Zeiten auf die Wartezeit von 45 Jahren für die abschlagsfreie Rente angerechnet werden.
Freiwillige Beiträge zählen, wenn Versicherte zum Zeitpunkt des Rentenbeginns auf mindestens 18 Jahre mit Pflichtbeiträgen kommen.
Sehr interessanter Artikel, vielen Dank. Bei meinem Telefonat mit der Deutschen Rentenversicherung erhielt ich die gleiche Information wie timi76, nämlich, dass meine freiwilligen Beiträge für meine Schulausbildungszeit nicht zählen um die 45 Jahre als besonders langjährig Versicherter zu erreichen. Die Frau an der Hotline war nett und erschien kompetent, ich muss gestehen ich vertraue trotzdem der Aussage der Stiftung Warentest mehr. Falls möglich wäre es toll wenn Sie die Deutsche Rentenversicherung informieren und bitten ihre Hotlinemitarbeiter bei dem Thema besser zu schulen.
@timi67: Bei der Rente nach 45 Versicherungsjahren zählen freiwillige Beiträge mit, solange der Versicherte insgesamt auf 18 Jahre Pflichtbeiträge kommt. Das war bei unserem Modellfall so - durchgängig versicherungspflichtig beschäftigt.
Liebes Team von Finanztest,
auf Grund Ihres interesanten Beitrages wollte ich kurz vor meinem 45. Geburtsag prüfen, inwieweit ich noch Jahre für die Anrechnung der 45 Jahre nachkaufen kann ... also genau das, was Sie in Beispiel 1 beschreiben. Daher habe ich mich an die GRV gewandt und um Beratung gebeten.
Von der GRV bekam ich folgende Information: Auf Grund einer Gesetzesänderung kann ich (Baujahr 1976) die (Schul-)Zeit (Abitur) zwischen dem 16. und 17. Lebensjahr nachkaufen. Dabei handelt es sich um eine Anrechnungszeit und damit um freiwillige Beiträge. Zur Erfüllung der 45 Beitragsjahre müssen aber Pflichtbeiträge gezahlt werden. Da es sich bei der Nachzahlung für das 16-17. Lebenesjahr um freiwillige Beiträge handelt, werden diese nicht in die 45 Beitragsjahre berücksichtigt (da es keine Pflichtbeiträge sind).
Sollte die Auskunft der GRV richtig sein, wovon ich ausgehe, wäre Ihr Beispiel 1 nicht korrekt. Können Sie dies bitte prüfen und ggf. Ihren Beitrag anpassen?
VG Timi
@abae: Ohne die steuerliche Absetzbarkeit der zusätzlichen Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung zu betrachten: Wer in 2022 einen Betrag x nachzahlt, bekommt dafür einen etwas höheren Entgeltpunkt.
P.S: Für eine individuelle Beratung bitten wir Sie, sich an Ihre Rentenversicherungsträgerin zu wenden.