Auch für verheiratete Studenten erhalten Eltern Kindergeld. Von diesem Urteil des Bundesfinanzhofs profitieren Familien rückwirkend.
Für die junge Familie D. aus Aachen kam die erfreuliche Nachricht kurz vor Deliahs Niederkunft. Die Familienkasse teilte Deliahs Mutter mit, dass sie doch weiter Kindergeld für Deliah erhalte und dass das Geld auch rückwirkend für zehn Monate gezahlt werde.
Vorangegangen war ein fast einjähriger Streit mit der Behörde. Da die 24-jährige Deliah studierte, bekam ihre Mutter problemlos Kindergeld. Doch als die Studentin ihren Freund Achille heiratete, stoppte die Familienkasse die Zahlung sofort. Denn nach der Heirat, so die Begründung der Familienkasse, müsse ihr Ehepartner Achille für den Unterhalt der Studentin aufkommen. Ihre Eltern seien nicht mehr in der Verantwortung und erhielten daher auch kein Kindergeld mehr.
Heirat ist kein K.o.-Kriterium
Aber diese Begründung sticht nicht mehr. Denn seit 2012 spielt das eigene Einkommen volljähriger Kinder gar keine Rolle für die Frage, ob ihre Eltern Kindergeld erhalten. Trotzdem musste erst der Bundesfinanzhof ein Machtwort sprechen. Er hat klargestellt, dass nicht nur die Einkünfte des Kindes, sondern auch die des Ehepartners für den Anspruch auf Kindergeld unerheblich sind (Az: III R 22/13).
Eltern, deren Kinder verheiratet sind und sich noch in einer Ausbildung befinden oder ein Studium absolvieren, bekommen jetzt nachträglich das ihnen zustehende Kindergeld, wenn sie ihren Kindergeldbescheid in diesem Punkt offengehalten haben. Da auch Deliahs Mutter ihrem Bescheid widersprochen hat, erhält auch sie eine Nachzahlung von der Familienkasse.
Duales Studium auf dem Prüfstand
Den Streit um das Kindergeld für verheiratete Kinder hat der Bundesfinanzhof entschieden. Offen ist zurzeit aber, ob Eltern bei neuen Ausbildungswegen oder Übergangszeiten zwischen Schule und Studium Kindergeld erhalten.
Weit verbreitet sind inzwischen etwa Ausbildungswege, die aus einer klassischen Berufsausbildung und einem begleitenden Studium bestehen. Hier ist unklar, wie lange Eltern Kindergeld beanspruchen können. Bis zum Abschluss des Ausbildungsberufs? Oder bis zum zeitlich später liegenden Studienabschluss?
Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass bei einem dualen Studium beide Ausbildungen zusammengehören. Das ist für Eltern positiv, denn sie erhalten Kindergeld, bis der Nachwuchs sowohl Ausbildung als auch Studium abgeschlossen hat (Az. 4 K 635/14 KG).
Im zugrundeliegenden Verfahren hatte der Sohn des Klägers eine Ausbildung als Industriekaufmann und daneben ein Bachelorstudium in Business-Administration aufgenommen. Nach zwei Jahren bestand er die Prüfung zum Kaufmann. Danach arbeitete er 24 Stunden pro Woche in seinem Ausbildungsbetrieb weiter. Außerdem studierte er daneben weiter, um sein Bachelorstudium ebenfalls noch abzuschließen.
Die Familienkasse strich das Kindergeld nach der bestandenen Prüfung zum Industriekaufmann. Denn der Junge habe eine Erstausbildung abgeschlossen. Wenn er danach noch weiter studiere, handle es sich um seine zweite Ausbildung. Also dürfe er nach den gesetzlichen Vorgaben nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten, andernfalls gebe es kein Kindergeld mehr Tabelle.
Diese Betrachtung ist falsch, entschieden die Münsteraner Richter und gewährten dem Vater das Kindergeld weiter. Allerdings muss das letzte Wort nun auch in dieser Sache noch der Bundesfinanzhof sprechen, wo bereits mehrere Verfahren zum dualen Studium anhängig sind (u. a. BFH, Az. III R 52/13, Az. XI R 1/14).
Von Urteilen profitieren
Eltern von Kindern, die ein duales Studium absolvieren, sollten Einspruch gegen ihre Kindergeldbescheide einlegen, wenn die Familienkasse die Förderung nach Abschluss der Berufsausbildung unter Hinweis auf eine Zweitausbildung streicht. Sie sollten sich auf das Verfahren vor dem Bundesfinanzhof berufen. Mit etwas Glück entscheidet das höchste Steuergericht noch in diesem Jahr zugunsten der Kläger – und die Eltern erhalten nachträglich Kindergeld.
Was zählt als Ausbildung?
Auch bei der Antwort auf die Frage, was überhaupt eine Ausbildung ist, geht es um viel Geld. Das macht ein Fall vor dem Bundesfinanzhof deutlich (Az. III B 87/13). Der Sohn der Klägerin war als Student an einer Uni eingeschrieben und ließ sich für zwei Semester beurlauben. In dieser Zeit war er Vorsitzender des Allgemeinen Studentenausschusses (Asta).
Obwohl die Mutter das Hochschulgesetz von Nordrhein-Westfalen zitierte, nach dem die Mitwirkung an der Selbstverwaltung der Uni zu den Rechten und Pflichten der Studierenden gehört, bestätigte der Bundesfinanzhof die Vorinstanz: Eine Asta-Tätigkeit ist keine Ausbildung.
Die Mutter erhielt für ein Jahr kein Kindergeld für ihren Sohn – doch das hätte sie leicht vermeiden können. Denn eine Beurlaubung vom Studium schließt die staatliche Förderung nicht automatisch aus, betonte der Bundesfinanzhof mit Hinweis auf ein früheres Urteil (BFH, Az. VIII R 77/02).
Der Student hätte lediglich ein Praktikum machen oder an der einen oder anderen Prüfung teilnehmen müssen. Dann hätte die Familienkasse das Kindergeld nicht streichen dürfen.
-
- Familien mit geringem Einkommen können neben dem Kindergeld einen Kinderzuschlag bekommen. Wir erklären, welche Voraussetzungen gelten und wie er beantragt wird.
-
- Studierende, die zum letzten Versuch einer Prüfung nicht antreten, werden in der Regel exmatrikuliert. Doch bis die Verwaltung einer Universität die Formalitäten erledigt...
-
- Die Familienkasse warnt vor Anbietern im Internet, die Kindergeldanträge gegen Gebühr für Eltern abwickeln wollen. Online, etwa über Google, finden sich viele dieser...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Früher wurde die Zeit des Zivildienstes zur Bezugszeit des Kindergeldes hinzu gerechnet, falls die Voraussetzungen bestanden.
Wurde damals als 9 Monate Zivildienst geleistet und danach studiert, dann konnte das Kindergeld bis zu 25 Jahren und 9 Monaten gezahlt werden.
Ist diese Regelung mit der Einführung der Bundesfreiwilligendienste etc. abgeschafft?