
Fundsachen. Nur was sauber und in passablem Zustand ist, kommt unter den Hammer. Waffen, Rauschgift, Medikamente und Lebensmittel werden nicht versteigert, sondern entsorgt. © fotolia / weseetheworld
Wenn Fundsachen unter den Hammer kommen, hat das einen besonderen Reiz. Vor allem für Schnäppchenjäger. Sie sollten beim Steigern aber einige Regeln beachten.
Auf den Tischen ist nur noch wenig Platz: Überall liegen T-Shirts, Pullover und Unterhemden, zu Bündeln zusammengeschnürt. Daneben 20er-Packs Regenschirme – teil gemischt mit Krücken. „Regenschirme und Gehhilfen“ wirbt der Auktionator für die ungewöhnliche Kombination. „Anfangspreis 6 Euro.“ Die Päckchen finden reißenden Absatz. Dann kommen in einer durchsichtigen Plastiktüte 50 Brillen für 15 Euro unter den Hammer. Eine Bananenkiste mit Spielzeug geht für 10 Euro weg, eine Bücherkiste für 5.
Ausrichter der Veranstaltung ist das Auktionshaus Beier in Berlin. „Wir packen alles so zusammen, wie es hier ankommt“, sagt eine Mitarbeiterin. „Nur Handschuhe, Schuhe und Brillen sortieren wir und verkaufen sie als 20er- oder 50er-Pack.“ Diese pragmatische Vorgehensweise kommt nicht von ungefähr: Beier versteigert die Fundsachen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Alles, was in U-Bahnen, Bussen oder Bahnhöfen der BVG liegenbleibt und abgegeben wird, kommt ins Fundbüro. Meldet sich der Eigentümer binnen sechs Wochen nicht, werden die Sachen versteigert.
Einiges kommt dabei zusammen: Koffer, Taschen, Spielsachen, Klamotten, MP3-Player, Digitalkameras sowie Fahrräder und Schlafsäcke gehören regelmäßig zum Angebot der öffentlichen Fundsachenversteigerung – nicht nur die BVG, sondern auch Fluggesellschaften und die Bahn versteigern Fundsachen, Tipps. Für Schnäppchenjäger kann sich der Besuch lohnen. Um Enttäuschungen zu vermeiden, sollten Verbraucher sich aber gut vorbereiten – und die Besonderheiten der verschiedenen Versteigerer kennen.
Kaum Einzelstücke
Wer hofft, das verlorene Lieblingspaar Norweger-Fäustlinge oder die verschwundene Butterbrotdose separat zurücksteigern zu können, hat bei Fundstück-Auktionen das Nachsehen. Nur Elektrogeräte wie MP3-Player, Spielekonsolen oder Kameras kommen einzeln unter den Hammer. Alle anderen Artikel werden in Großpackungen verkauft. Jedes erfolgreiche Gebot wird zudem mit 15 Prozent Gebühren – plus Mehrwertsteuer belegt.
Beispielrechnung für einen MP3-Player |
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MP3-Player ersteigert zum Preis von |
20 Euro |
+ 15 % Gebühr |
3 Euro |
+ 19 % Mehrwertsteuer auf die Gebühr |
0,57 Euro |
Summe |
23,57 Euro |
Die einzeln erhältlichen Elektrogeräte sind – neben Fahrrädern – besonders begehrt. Im Auktionshaus Beier etwa stehen die Leute vor Beginn der Versteigerung dicht gedrängt um die Vitrinen und lassen sich einzelne Kameras herausgeben, um sie zu begutachten. Ausprobieren können sie kaum einen Apparat – die Batterien sind meist leer. „Dafür, dass die Geräte funktionieren, übernehmen wir keine Gewähr“, sagt ein Auktionshausmitarbeiter. „Ein bisschen kauft man also die Katze im Sack.“
Probleme mit dem Datenschutz
Bilder fremder Leute wird niemand auf seiner neuen Kamera finden: Die BVG löscht – ebenso wie andere Versteigerer – die Daten und vernichtet die Speicherkarten der Kameras. Bei anderen Elektrogeräten ist das offenbar komplizierter: Verbraucher, die neben Kameras auch günstige Computer oder Handys ersteigern wollen, gehen bei der BVG leer aus. „Tablets, Smartphones und Laptops haben wir derzeit nicht im Angebot. Wir prüfen, wie wir das Löschen der Daten rechtssicher umsetzen können“, heißt es bei der BVG.
Dass es mit den Daten oft Probleme gibt, bestätigt auch Jürgen Hulzebosch, Gründer der Plattform www.sonderauktionen.net. Er versteigert für diverse Kommunen in Deutschland Fundsachen. Er kümmert sich nicht nur um die Katalogisierung und Schätzung der Fundstücke. Bei Smartphones und anderen technischen Geräten sorgt er auch dafür, dass die Daten vollständig gelöscht sind. „Viele Mitarbeiter in Fundbüros sind froh, diesen Job auslagern zu können“, so der Ingenieur.
Vorwärts- und Rückwärtsauktionen
Onlineauktionen unterscheiden sich von klassischen Versteigerungen. Während Letztere an ein bestimmtes Datum gebunden sind, können Kunden im Netz häufig mehrere Tage lang bieten.
Die Website Sonderauktionen.net setzt überdies auf eine besondere Art der Versteigerung. „Bei uns sinkt der Preis, wie bei einer Tulpenauktion in Holland“, erklärt ein Mitarbeiter der Plattform. „Wenn die Versteigerung eines Fahrrads zum Beispiel bei 60 Euro beginnt, ich aber nur 30 Euro zahlen will, riskiere ich, dass jemand mir das Ding für 40 Euro wegschnappt.“
Wer lange Wege scheut, sollte sich im Vorfeld der Auktion informieren, woher das Objekt der Begierde stammt: Meist müssen erfolgreiche Bieter ihre Beute im Fundbüro der jeweiligen Stadt abholen.
Tipp: Versteigerungen im Internet finden auch auf www.justiz-auktion.de und www.zoll-auktion.de statt. Da gibt es alles: von Musikinstrumenten, Werkzeugen und Schmuck bis zum Gebrauchtwagen.
Genau hinschauen spart Ärger

Bieternummer. Wer mitsteigern will, muss sich vorher registrieren. © Stiftung Warentest
Bei Fundsachen-Auktionen sind die Rechte der Verbraucher stark eingeschränkt. Es gilt der Grundsatz: gekauft wie gesehen. Auf Widerrufs- und Gewährleistungsrechte sowie Garantie sollte daher niemand hoffen.
Das führt immer wieder zu Missverständnissen. „Oft lesen die Leute die Beschreibung der Artikel nicht genau und ärgern sich dann über Mängel an Sachen, die sie ersteigert haben“, sagt Hulzebosch. Zurückgeben können sie die Dinge aber nicht. „Die Rechtslage ist eindeutig.“
Tipp: Schnäppchenjäger sollten sich vorbereiten und die Produktbeschreibungen genau lesen. „Bei Gebrauchsgegenständen ist zudem zu beachten, welche Abnutzungsspuren oder Mängel sie haben“, sagt Bernhard Stock. Er organisiert für die Stiftung Warentest die Versteigerung der Testprodukte, Interview mit Bernhard Stock.
Willkommene Erlöse
So vielfältig wie die Versteigerungen sind, so unterschiedlich verwenden die Veranstalter auch die dabei erzielten Einnahmen. Die Stiftung Warentest zum Beispiel investiert das Geld aus den Versteigerungen in neue Produkttests. Bei den Kommunen fließen die Erlöse in den allgemeinen Topf „Haushaltsmittel“. Die Deutsche Bahn verwahrt das Geld drei Jahre lang, falls sich einer der früheren Eigentümer doch noch melden sollte. Danach kommen die Mittel den Fundservices der Bahn zugute. Auch viele Fluggesellschaften nutzen die Erlöse, um ihre Fundbüros zu finanzieren und zahlen damit das Personal sowie das Lagern, Bearbeiten und den Transport der Fundsachen. Einige Flughafenbetreiber spenden die Erlöse an gemeinnützige Organisationen.
Und die Berliner Verkehrsbetriebe? Sie teilen diesbezüglich nur mit: „Die Einnahmen werden auf ein betriebsinternes Konto überwiesen.“
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