Asbest Die versteckte Gefahr

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Asbest - Die versteckte Gefahr

Nadelförmiger Asbest ist in Fassaden- und Dach­platten aus Faserzement fest einge­bunden, aber nur solange das Material nicht unsachgemäß behandelt oder gar zerstört wird. © Thinkstock

Seit 1993 ist Asbest in Deutsch­land verboten. Der Grund: Die einge­atmeten Fasern können Lungenkrebs verursachen. In den Jahr­zehnten davor sind hier­zulande Millionen Tonnen asbesthal­tiger Materialien verbaut worden. Ein Groß­teil davon steckt auch heute noch in Dach- und Fassadenplatten oder verbirgt sich irgendwo in den Gebäuden. test.de hilft beim Aufspüren.

So kam es zum Asbestverbot

Dass die Altlasten in unserer Umwelt noch so häufig zu finden sind, ist nicht verwunderlich. Asbestfasern waren in den 60er bis 80er Jahren ein beliebtes Material. In Kombination mit Zement ließen sich daraus vielfältige stabile Formen herstellen. Unbrenn­bar, hitze­beständig, isolierend, chemisch stabil – die typischen Eigenschaften der Silikatmi­neralien sorgten für zahlreiche weitere Anwendungs­gebiete, vom Brems­belag im Auto bis zur Abdichtung des Heiz­ofens. Erst als die Neben­wirkungen des Asbe­stbooms immer offen­kundiger wurden, begann lang­sam der Abschied von den gefähr­lichen Materialien. Vor allem bei Arbeitern, die oft ohne wirk­samen Schutz asbesthaltige Materialien hergestellt oder verarbeitet hatten, kam es immer häufiger zu Asbestose- und Krebs­erkrankungen, die eindeutig durch Faserfein­staub verursacht worden waren. Dies führte schließ­lich zum Verbot.

Tipp: Sie finden in diesem kostenlosen Special mit seinen Unter­artikeln umfassende Informationen rund um das Thema „Asbest“.

Asbest noch über­all zu finden

Asbest - Die versteckte Gefahr

Spätestens wenn Asbestzement stark verwittert, ist die fachgerechte Demontage fällig. © Fotolia / LianeM

Erschre­ckend häufig sind Asbestmaterialien auch heute noch in Häusern und Wohnungen zu finden. Die Bundes­anstalt für Arbeits­schutz und Arbeits­medizin (BAuA) warnte im Jahr 2016: Schät­zungs­weise befänden sich noch „80 Prozent der ursprüng­lich verwendeten asbesthaltigen Bauteile im heutigen Gebäude­bestand.“ Auf einer gemein­samen Veranstaltung der Bundes­anstalt für Arbeits­schutz und Arbeits­medizin und des Länder­ausschusses für Arbeits­schutz und Sicher­heits­technik (LASI) diskutierten 170 Expertinnen und Experten im Juni 2016. Ihr Fazit: Viele Fragen seien noch unbe­antwortet und wichtige Aufgaben noch offen. „Angesichts der vielfältigen Verwendungs­formen von Asbest und der großen Zahl derer, die potenziell mit solchen Materialien in Berührung kommen, ist hier ein langer und mühsamer Weg erkenn­bar.“

Hier einige wichtige Beispiele für mögliche Asbestbelastungen:

  • Cushion-Vinyl-Fußbodenbelag. Diese PVC-Bahnenware mit aufgedruckter Musterung (zum Beispiel Fliesen) wurde früher groß­flächig in vielen Wohnungen verlegt. Besonders tückisch: Während die Oberseite den Eindruck eines normalen PVC-Bodens erweckt, verbirgt sich auf der Rück­seite eine dünne „Papp­schicht“, die in Wirk­lich­keit zu annähernd 100 Prozent aus Asbest besteht. Die Fasern sind nur schwach in der Papp­struktur gebunden und können relativ leicht als feiner Staub in die Luft gelangen.
  • Flexplatten. PVC-Fliesen im quadratischen Format (25 x 25 oder 30 x 30 Zenti­meter) enthielten früher oft etwa 15 Prozent Asbest. Dieser Bodenbelag ist wenig flexibel und zerbricht beim Biegen leicht mit einem deutlich hörbaren „Knack“. Die Fasern sind normaler­weise fest von PVC umschlossen. Problematisch ist es aber, wenn sie stark abge­nutzt sind. Mit zunehmendem Alter werden die Platten immer spröder und brüchiger. Auch Kleber können Asbest enthalten, ebenso wie „Asbesthart­fliesen“ auf Bitumen- oder Asphaltbasis.
  • Wandbelag. Cushion-Vinyl-Produkte dienten nicht nur als Bodenbelag, sondern wurden auch an die Wände geklebt.
  • Heizkör­perverkleidungen. Unter Fens­terbrettern und hinter Verkleidungen von Heizkörpern gibt es nicht selten asbesthaltige Pappen, die zum Teil aufgeklebt, zum Teil aber auch nur lose befestigt sind.
  • Hitze­schutz. Auch hinter Öfen und Heizungen oder in Koch­nischen sind früher hitze­beständige Pappen mit hohem As­best­gehalt befestigt worden. Vorsicht: Mitunter kommen sie erst beim Abreißen alter Tapete zum Vorschein.
  • Schweiß­pappen. In vielen Bast­lerkel­lern schlummern noch die dicken grauen Asbest­pappen, die beim Löten und Schweißen als Schutz­abdeckung dienten. Auch die alten Hitze­schutz­gitter für Bunsen­brenner waren asbesthaltig.
  • Isolation. Als Unterlage unter Lampen und elektrischen Geräten wurden nicht selten Asbest­pappen verklebt oder -platten verschraubt. Auch hier sind die Fasern oft nur schwach gebunden.
  • Öfen und Kamine. Die Dichtungs­schnüre in alten Ofentüren bestanden oft ganz über­wiegend aus Asbest.
  • Wand­platten. In Ost und West wurden asbesthaltige Leicht­bauplatten verbaut. Zum Beispiel kamen sie in der DDR unter den Bezeichnungen Sokalit, Neptunit und Baufa­therm zum Einsatz. In der Bundes­republik dienten Leicht­bauplatten (Promabest) als Brand­schutz in Wänden oder als Lüftungs­kanäle.
  • Putze, Spachtelmassen, Fliesen­kleber. Auch derartige Materialien enthielten zu „Hoch­zeiten“ des Asbe­stein­satzes faserige Zusätze. Die Gehalte liegen zwar bei weit weniger als 1 Prozent, aber beim Abschlagen oder bei Schleif- und Bohr­arbeiten kann die Raum­luft mit hohen Faser­konzentrationen belastet werden.
  • Asbestzement. Aus diesem Material haben Eternit und andere Faserzement­hersteller besonders vielfältige Produkte hergestellt. Wegen ihrer Lang­lebig­keit sind sie immer noch oft zu finden. Die Palette reicht von Blumenkästen über Abwasser­rohre bis zu Fens­terbrettern. Am meisten verbreitet sind die gewellten Dach­abdeckungen und große und kleine Platten an den Fassaden. Im Gegen­satz zu den Leicht­bauplatten sind die Fasern beim Asbestzement relativ sicher gebunden – zumindest solange das Material nicht beschädigt wird oder zu stark verwittert.
  • Elektro-Speicherheizgeräte. Sie können ebenfalls asbesthaltige Bauteile enthalten. Eine Analyse kommt hier nicht infrage, da Laien solche Geräte zur Probenahme nicht öffnen dürfen. Hier hilft nur eine Nach­frage beim Hersteller oder beim Energieversorgungs­unternehmen.
  • Uralt-Elektrogeräte. Bei alten Haartrock­nern, Bügel­eisen und Toastern ist eine Analyse nicht ratsam. Im Zweifels­fall sollte man die vor 1983 produzierten Geräte nicht mehr benutzen oder – bei Lieblings­stücken – beim Hersteller nach­fragen.

Staubwolken beim Sanieren

Asbest - Die versteckte Gefahr

In alter Schweiß­pappe sind Asbestfasern nur leicht gebunden. © Thinkstock

Asbesthaltige Materialien fachgerecht zu sanieren und zu entsorgen, muss nicht extrem teuer sein. Verwitternde Blumenkästen oder als Beet­abtrennung genutzte Platten aus Faserzement können Hobby­gärtner zum Beispiel selbst staubdicht in Kunst­stoff­folie verpacken und zur nächsten Annahme­stelle trans­portieren. Problematischer sieht es mit größeren Bauteilen aus. Denn die Fasern sind nur solange sicher im Zementmaterial gebunden, wie die Produkte unzerstört bleiben. Eigentümer dürfen die Demontage zwar prinzipiell in die eigene Hand nehmen, aber nur vorsichtig. Im eigenen Interesse und mit Rück­sicht auf Nach­barn und Umwelt müssen zum Beispiel die Platten angefeuchtet, möglichst im Ganzen demontiert und korrekt bei einer Asbest-Annahme­stelle entsorgt werden. In allen Zweifels­fällen gilt: Fragen Sie Ihr kommunales Umwelt­amt.

Professionelle Asbestsanierung

Je aufwendiger die Arbeiten, desto empfehlens­werter ist der Einsatz professioneller Asbestsanierungs­firmen. Vor allem, wenn die Fasern in den Produkten nicht fest, sondern nur schwach gebunden sind, ist deren Erfahrung und Ausrüstung unver­zicht­bar. Oft ist die Sanierung sogar einfacher als man denkt: So kann eine spezielle Kunst­stoff­folie, in die Arbeits­hand­schuhe einge­arbeitet sind („glove bag“), wie ein kleines Zelt über die Gefahr­stelle gestülpt werden, so dass bei der Demontage kein Asbestfein­staub in die Wohnungs­luft gelangt.

Der schlimmste Fall

Wird schwach gebundenes Asbest unwissentlich oder aus Kostengründen unsachgemäß entfernt, drohen Gesund­heitsge­fahren. Ist zum Beispiel Cushion-Vinyl mit dem Unter­grund verklebt, wirkt die Asbest­papp­schicht beim Heraus­reißen wie eine Soll­bruch­stelle. Millionen von Fasern, die nur relativ schwach in der Pappe gebunden sind, gelangen dann in die Luft. Werden die Kleber- und Papp­reste anschließend noch weggeschliffen, ist der schlimmste Fall einge­treten. So weit darf es nicht kommen. Deshalb kann die Lösung nur heißen: Recht­zeitig und richtig handeln. Die Tipps der Stiftung Warentest helfen weiter.

Dieses Special erschien erst­mals am 13. September 2012 auf test.de. Es wurde am 5. Januar 2017 komplett aktualisiert.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • jane80 am 31.03.2021 um 12:47 Uhr
    Bügeleisen

    Beim Hersteller (Braun) wurde ich auf DeLonghi verwiesen und die können laut ihren Aussagen zu Anfang der 90er keine Angaben machen, da diese Sparte Bügeleisen damals noch nicht zu ihnen gehörte und ihnen somit keine Daten vorliegen.
    Mein Bügeleisen funktioniert tadellos, ich möchte also eigentlich auch kein Neues und werde jetzt quasi gezwungen, wenn ich kein Risiko eingehen möchte, ein Neues zu kaufen.
    Mal abgesehen davon, dass ich auch regelmäßig Kinder und Babywäsche und Mundschutzmasken damit bügle und das Risiko was daraus resultiert für meine Kinder, gar nicht abschätzen kann. Ich finde das wirklich ärgerlich ,dass der Hersteller Braun sich das so einfach macht.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 31.03.2021 um 10:14 Uhr
    Asbest in Elektrogeräten

    @jane80: Das Verbotsjahr hilft hier nur bedingt weiter. In vielen Branchen hat der Umstellungsprozess schon viel früher begonnen. Denn die Gesundheitsgefahren waren ja bereits deutlich früher schon bekannt. Es ist recht wahrscheinlich, dass die Elektrogerätebranche bereits vor 1983 Abschied von Asbest genommen hat.
    Im Zweifel wenden Sie sich bitte an den Hersteller. Wenn es eine Markenfirma ist, besteht eine gute Chance, dass der Kundendienst eine hilfreiche Antwort geben kann. Falls diese unserer Infos widersprechen sollte, bitten wir um Mitteilung. (MK, RN)

  • jane80 am 30.03.2021 um 08:03 Uhr
    Asbest im Bügeleisen

    Ich habe nach wie vor ein Bügeleisen von kurz nach der Wende also um 90/91 in Gebrauch. Da ich nicht weiß, ob ich Marken nennen darf, möchte u v einfach nur erwähnen das es ein Markenbügeleisen und st. Herstellungsland ist mit Spanien angegeben.
    Wie sicher ist sie Jahresangabe 1983 in ihrem Artikel für Elektrogeräte? Da ich sonst immer 1993 lese.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 26.05.2020 um 09:48 Uhr
    Asbesthaltige Produkte bzw. Baumaterialien

    @AltesHaus2020: Eine Liste von Firmen, die asbesthaltige Baumaterialien ausgeliefert haben, können wir Ihnen nicht anbieten. In unserem Spezial zum Asbest finden Sie aber umfangreicht Informationen und Tipps zum Sanieren der asbestbelasteten Häuser. Für individuelle Anfragen zu diesem Thema stehen Ihnen die Umweltberatungsstellen der Verbraucherzentralen und die örtlichen Gesundheitsämter zur Verfügung. (spl)

  • AltesHaus2020 am 24.05.2020 um 11:00 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.