
Krebserzeugendes Benzol in Wässern mit Kirschgeschmack – nach dem Befund aus unserem Test im Mai haben wir 30 weitere Getränke geprüft. Jedes fünfte enthält Benzol.
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Alle Testergebnisse für Aromatisierte Getränke mit Kirschgeschmack 07/2013Es könnte am Aroma liegen. Den Verdacht äußerten unsere Lebensmittelchemiker, nachdem sie in 3 von 25 Wässern mit Geschmack Benzol nachgewiesen hatten (siehe test 06/2013). Benzol ist ein besonders kritischer Schadstoff: Er wirkt krebserzeugend und schädigt Keimzellen. Alle drei belasteten Wässer hatten eine Gemeinsamkeit: die Geschmacksrichtung Kirsche. Der Kirschgeschmack rührt von industriellem Bittermandelaroma mit dem Hauptaromastoff Benzaldehyd. Sollte das Benzol über diese Zutat hineingelangt sein? Dann könnten auch andere Getränke mit Kirschgeschmack belastet sein – eine Gesundheitsgefahr für Verbraucher.
6 von 30 mit Benzol
Wir sind der Frage nachgegangen und haben 30 weitere Getränke zum Benzol-Check ins Labor gebracht. Alle schmecken nach Kirsche und sind aromatisiert – mit „natürlichem Aroma“ oder „Aroma“. Zur Auswahl gehören bekannte Marken wie Coca Cola Cherry und Capri Sonne Kirsche. Benzol fanden wir in ihnen nicht, sehr wohl aber bei sechs anderen: in Landträume Kirsch-Wacholder-Lindenblüte von Bad Liebenwerda, Hella Kirsche, im Pfanner Ice Tea Wildkirsche sowie in den Sirupen von Sodastream, Tri Top und Wassermaxx.
Einen Grenzwert für Benzol in Erfrischungsgetränken, Sirup und Co. gibt es nicht. Für krebserzeugende Stoffe lässt sich laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auch keine gesundheitlich unbedenkliche Dosis nennen. Die Benzolaufnahme sollte so weit wie möglich vermieden werden – unabhängig davon, dass wir deutlich mehr Benzol durch Abgase oder Zigarettenqualm einatmen als durch Lebensmittel aufnehmen. In der Umwelt entsteht Benzol durch Verbrennungsprozesse.
So lassen sich auch im Trinkwasser Verunreinigungen nicht völlig ausschließen. Die Trinkwasserverordnung schreibt einen Grenzwert von 1 Mikrogramm Benzol je Liter Trinkwasser vor. Die Benzolgehalte liegen bei vier Produkten darunter, bei zwei Sirupen jedoch darüber. Wenn diese Sirupe aber nach Herstellerangabe verdünnt werden, enthält ein Liter trinkfertiges Tri Top nur noch 0,15 Mikrogramm Benzol, bei Wassermaxx sind es 0,1 Mikrogramm.
Im Test von Wässern mit Geschmack überschritt der Benzolgehalt in Vitrex Kirsche den Trinkwassergrenzwert drastisch. Wir fanden bis zu 4,6 Mikrogramm je Liter.
Industrie kennt das Benzolproblem
Seit 2006 wissen Wissenschaftler und die Industrie: Benzol kann in Erfrischungsgetränken vorkommen. Üblicherweise entsteht es, wenn zwei Zusatzstoffe miteinander reagieren: der Konservierungsstoff Benzoesäure (E 210) und das Antioxidationsmittel Ascorbinsäure (E 300).
Der internationale Getränkeverband International Council of Beverages Associations (ICBA) empfiehlt den Getränkeherstellern längst, ihre Waren routinemäßig auf Benzol zu prüfen und die „Leitlinien zur Verringerung des Potenzials der Benzolbildung in Getränken“ zu befolgen. Darin steht, dass sich Benzol nicht nur durch die zwei einschlägig bekannten Zusatzstoffe bilden kann, sondern auch indirekt oder durch verwandte Substanzen. Getränken mit Benzoesäure kann schon ein Schuss Fruchtsaft zum Verhängnis werden: Er kann natürliche Ascorbinsäure enthalten – besser bekannt als Vitamin C. Daraus könnte mit Benzoesäure auch Benzol entstehen.
Industriearoma statt Kirschen

Vorteil Natur. Kirschen enthalten den Aromastoff Benzaldehyd von Natur aus. Benzol könnte nur aus der Umwelt hinein gelangen.
Bei aromatisierten Getränken mit Kirschgeschmack kommt noch ein Risikofaktor dazu: der Aromastoff Benzaldehyd, der für die Kirschnote hauptverantwortlich ist. In der Natur steckt er in Kirschen, Obstkernen oder Bittermandeln. Industrielles Benzaldehyd wird aus anderen Rohstoffen gewonnen. Wenn es aus natürlichen Quellen wie Balsambaumharz stammt, heißt es „natürliches Aroma“. Benzaldehyd lässt sich auch chemisch herstellen. Dann muss „Aroma“ in der Zutatenliste stehen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit stuft Benzaldehyd als unkritisch ein. Doch es ist ähnlich wie Benzoesäure aufgebaut und gilt als sehr reaktionsfreudig.
Unreine Chemikalien
Grundsätzlich bergen Chemikalien und damit auch Benzaldehyd die Gefahr, Verunreinigungen einzuschleppen, etwa Benzol. Daher sollten Lebensmittelhersteller mit Chemikalien sparsam umgehen. Doch die Anbieter der Getränke im Test geizen nicht mit Benzaldehyd. Sie erreichen den Kirschgeschmack vor allem durch eine Überaromatisierung mit diesem Aromastoff. So viel kommt weder in frischen Kirschen noch in Kirschsaft oder Kirschnektar vor. Auffällig: Der Pfanner Ice Tea Wildkirsche enthält bei nur 1 Prozent Sauerkirschsaft 22 Milligramm Benzaldehyd je Liter. Ob das Benzol in diesem Eistee aus dem Aroma kommt, muss der Hersteller klären. Beim Benzaldehyd schlägt Wassermaxx mit 135 Milligramm pro Liter alle anderen Getränke im Test. Auch verdünnt ist das noch viel mehr, als in Kirschen vorkommt. Übertriebene Aromatisierungen betrachten wir als keine gute Herstellungspraxis.
Hausaufgaben für die Hersteller
Nach dem ersten Benzol-Check von Wässern mit Geschmack haben wir die Hersteller der belasteten Getränke befragt: Was waren die Ursachen? Was unternehmen Sie gegen Benzol? Rewe und seine Aromaexperten gehen davon aus, dass das Benzol über zugesetztes Kirscharoma in sein Penny/Elitess aqua plus Kirsch gelangt ist. Danone Waters kann unsere Ergebnisse für sein Volvic Kirsche nicht nachvollziehen. Besorgten Kunden teilt der Anbieter mit, dass die Benzolfunde unbedenklich seien – Gesundheitsvorsorge sieht anders aus.
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Purer Kirschsaft ist entgegen der Darstellung in diesem Artikel im Handel verfügbar. Es gibt allein nach meinem Kenntnisstand drei verschiedene Anbieter - sind jeweils sehr lecker. Da hat man es sich zu einfach gemacht.
Folgende Aussage ist also falsch:
"Kirschsaft. Er wird zu 100 Prozent aus Sauerkirschen gewonnen. Der saure Saft ist pur aber kaum genießbar. Im Handel findet man ihn nicht."
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