
Die Idee ist überzeugend: Unterwegs auf dem Smartphone die eigenen Fremdsprachenkenntnisse testen und anschließend den passenden Kurs in einer Volkshochschule um die Ecke finden. Doch bisher sind erst rund 20 Prozent aller Volkshochschulen (VHS) in der neuen „vhsApp“ vertreten. Die Weiterbildungs-Experten der Stiftung Warentest haben das Programm einem Schnelltest unterzogen.
Verlockendes Angebot für Kurssuchende
„Testet mit unseren Übungsvideos, wie gut Euer Englisch, Spanisch, Polnisch oder Türkisch schon ist. Vertieft Eure Kenntnisse mit unserem interaktiven Lernbegleiter. Findet VHS-Kurse bundesweit.“ So lautet das Versprechen des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e.V. für seine kostenlose vhsApp. Ein verlockendes Angebot, denn bislang müssen sich Kurssuchende durch die Internetangebote der regionalen Volkshochschulen klicken, um Informationen über die einzelnen Angebote zu bekommen. Oder sie nutzen die privatwirtschaftlich betriebene Website www.meine-vhs.de, eine bundesweite Datenbank für Volkshochschulkurse.
Sprachtests nicht geeignet
Das Versprechen wird nur zum Teil eingelöst, wie der Schnelltest der Stiftung Warentest zeigt. So eignen sich die Übungsvideos nicht dafür, das Sprachniveau richtig einzustufen. Die Rückmeldung ist so dürftig, dass man nicht wirklich von einer Einstufung sprechen kann, wie sie zum Beispiel nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) vorgenommen werden kann.
Tipp: Mehr zum Thema GER und den verschiedenen Niveaustufen lesen Sie in unserem kostenlosen Leitfaden Sprachen lernen.
Sprache lernen mit Fehlern
Auch die Sprachübungen mit dem Lernbegleiter sind nicht zu empfehlen. Für Englisch gehen sie noch als nette Spielerei durch, bei Spanisch, Polnisch und Türkisch haben die Weiterbildungs-Experten der Stiftung Warentest jedoch zahlreiche inhaltliche und didaktische Fehler gefunden. Bei den Multiple-Choice-Fragen des Lernbegleiters gibt es Rechtschreib- und Grammatikfehler, manchmal kommen zwei korrekte Antworten in Frage, obwohl nur eine gesucht wird.
Das Lieblingstier der englischen Königin auf Polnisch
Eine didaktisch schlechte Lösung ist, den Nutzer die falsche Antwort aus mehreren richtigen aussuchen zu lassen. Dadurch besteht die Gefahr, dass falsche Ausdrücke eingeübt werden und sich festsetzen. Schade ist außerdem, dass die Fragen und Antworten scheinbar vom Englischen in die anderen Sprachen übertragen, aber nicht landeskundlich angepasst wurden. So wird beispielsweise in der polnischen Version nach dem Lieblingstier der englischen Königin gefragt.
Kurssuche endet oft nicht um die Ecke
Verwirrend für den Nutzer ist es, wenn er im Anschluss an den Video-„Sprachtest“ aufgefordert wird: „Finde den passenden Sprachkurs in deiner Nähe“. Doch auch dieses Versprechen wird nicht eingelöst, denn der Link führt nur zur allgemeinen Kurssuche. Ergibt die Suche keine Treffer, ist nicht zu erkennen, ob es einfach kein passendes Angebot gibt oder ob es eine Volkshochschule mit entsprechendem Angebot gibt, diese aber noch nicht in der App gelistet ist. Derzeit sind in der Datenbank erst rund 20 Prozent aller Volkshochschulen mit ihrem Angebot vertreten, einige größere Städte wie Berlin und Frankfurt am Main fehlen noch. Um zu erfahren, welche Volkshochschulen schon teilnehmen, muss der Nutzer eine alphabetische Liste durchscrollen. Das ist umständlich.
Tipp: Wenn Sie nicht über Ihr Smartphone suchen wollen, können Sie die Datenbank über die Internetadresse www.volkshochschule.de erreichen.
Feinschmeckerkurs statt SAP-Kurs
Auch die Volltextsuche der Datenbank läuft nicht fehlerfrei. Wird beispielsweise nach „SAP“ gesucht, liefert die App neben SAP-Software-Lehrgängen auch Treffer wie einen Feinschmeckerkurs „Sapore d’estate“ in Dortmund. Die Suche nach Programmbereichen läuft besser. Dort findet man meistens den gewünschten Kurs, sofern dieser gelistet ist. Alternativ kann mit Stichwörtern gesucht werden – allerdings nur, wenn nicht mehr als zwei Stichwörter verwendet werden. Bei mehr als zwei Suchwörtern werden gar keine Treffer angezeigt – auch dann, wenn es entsprechende Kurse in der Datenbank gibt.
Gut zu bedienen
Positiv: Insgesamt funktioniert die Kurssuche gut. Sie ist intuitiv und leicht zu bedienen. Praktisch ist, dass bei erfolgreichen Treffern direkt angezeigt wird, ob noch Plätze frei sind und dass diese über die entsprechende Volkshochschulseite gleich gebucht werden können.
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Technische Daten der vhsApp
Betriebssystem | Android | iOS |
Betriebssystem | Android | iOS |
Anbieter | Deutscher Volkshochschul-Verband | |
Preis (Euro) | Kostenlos | |
Getestete Version der App | 1.0.2 | 1.0 |
Datengröße | 90 MB | 54 MB |
Mindestanforderung an Betriebssystem | Android 4.0 | iOS 7.0 |
Besonderheiten | Keine | Optimiert für iPhone 5 |
Fazit: Gute Idee, schlecht umgesetzt
Die vhsApp ist eine gute Idee, die aber zurzeit noch schlecht umgesetzt wird. So taugt die App nicht, um das eigene Sprachniveau einzuschätzen. Auch wer eine Sprache lernen möchte, kommt mit der App nicht weit. Der Lernbegleiter für Englisch ist eine nette Spielerei, für Spanisch, Polnisch und Türkisch schaden die Sprachübungen aber eher, als dass sie nutzen. Die App hat im Prinzip Potenzial: Die Kurssuche funktioniert gut und kann eine praktische Hilfe bei der Suche nach einem passenden Kursangebot sein. Voraussetzung dafür, dass die Datenbank zuverlässig ein Angebot in der Nähe findet, ist allerdings, dass sich noch viel mehr Volkshochschulen in der App listen lassen. Derzeit ist nur etwa jede fünfte VHS dort zu finden.
Tipp: Geben Sie nicht vorschnell auf, wenn keine Angebote angezeigt werden. Dann nimmt die Volkshochschule am Wohnort vielleicht einfach noch nicht teil. Erkundigen Sie sich deshalb auch immer direkt bei der Volkshochschule Ihrer Wahl.
***Text geändert am 23.7. Der Abschnitt „Datenschutz mit Mängeln“ wurde gestrichen, da die Mängel in einem Nachtest nicht bestätigt werden konnten.