
Internetläden bieten Zusatzprogramme für Handys. Sie melden rasant wachsende Verkaufszahlen. Service und Datenschutz lassen zu wünschen übrig.
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Testergebnisse für 10 App-Stores 08/2011Wäre Dagobert Duck noch einmal jung, würde er vermutlich nicht am Klondike nach Goldnuggets schürfen, sondern einen App-Store eröffnen. Beim Geschäft mit Zusatzprogrammen für Handys herrscht Goldgräberstimmung. Ballerspiel, Sprachführer, Wetterdienst – kaum ein Programm, das sich nicht in den virtuellen Kaufläden besorgen ließe.
Einfach übers Handy herunterladen
Einfach drei, vier Klicks auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm, schon ist ein neues Programm aus dem integrierten App-Shop auf das Smartphone heruntergeladen (siehe „Anwendungen für Handys“). Apps sind wahrscheinlich auch deshalb so beliebt, weil viele nur ein paar Cent kosten oder sogar gratis sind. In diesen Fällen muss der Käufer dann allerdings oft eingeblendete Werbebotschaften akzeptieren.
Umgang mit Nutzerdaten mangelhaft
Der schöne bunte Schein trügt, bei näherem Hinsehen zeigten sich bei den meisten App-Stores beträchtliche Schattenseiten. Äußerst unbefriedigend sind die Ergebnisse der Shops bei den „Kundeninformationen“ und im „Umgang mit den Nutzerdaten“, auch das „Einkaufen“ lässt oftmals Wünsche offen.
Kein Shop gut, nur zwei befriedigend
Das insgesamt schlechte Gesamtergebnis hängt wesentlich mit diesen Mängeln zusammen. Die inhaltliche Qualität der einzelnen Apps wurde für die Tester aufgrund der Masse kein Bewertungskriterium. Einige Internetläden bieten nach eigenen Angaben mehr als 100 000 Apps an (siehe Test Vokabeltrainer-Apps). Bei der Prüfung der App-Stores wollten wir wissen, wie einfach oder schwierig es ist, Apps einzukaufen, und wie informativ die Webseiten sind. Darüber hinaus wurde das Kleingedruckte – die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) – juristisch begutachtet.
Vage Datenschutzerklärungen

Nutzer können die Qualität von Apps bewerten. In den Erfahrungsberichten finden sich auch Hinweise auf fragwürdige Datenabfragen.

Die AGB einiger Stores enthalten viele unzulässige Klauseln, zahlreiche Datenschutzerklärungen sind schwammig formuliert. Wahrscheinlich dürften die wenigsten Nutzer des Apple App Stores jemals die rund 20 Seiten „Bedingungen“ durchgelesen haben. Darin lässt sich Apple mehr oder weniger einen Freifahrtschein für den Umgang mit seinen Kundendaten einräumen. Wer etwa eine Löschung seiner personenbezogenen Daten beantragt, kann nicht sicher sein, dass Apple diesem Anliegen nachkommt: „Wir können die Bearbeitung von Anfragen ablehnen, wenn diese unbegründet wiederholt werden, unverhältnismäßigen technischen Aufwand erfordern oder ... extrem unpraktikabel sind ...“ Auch die Firma Nokia, Betreiberin des Ovi Stores, sagt unverhohlen, wie sie mit den Daten ihrer Kunden umgeht: „Daher werden Ihre personenbezogenen Daten möglicherweise über internationale Grenzen hinaus ... übertragen ..., in denen es keine Datenschutzgesetze für personenbezogene Daten gibt ...“
Kaum Kontaktmöglichkeit zum Store
Problematisch ist auch, dass die Hälfte der App-Stores kein ordnungsgemäßes Impressum bietet, das an einer übersichtlichen Stelle vollständige Informationen über den Anbieter zeigt. Dadurch fehlt den Kunden eine einfache Möglichkeit, bei Beschwerden Kontakt mit ihrem Vertragspartner aufzunehmen.
Experten warnen vor Datenmissbrauch
Datenschützer warnen davor, dass App-Shops beziehungsweise die App-Entwickler über zahlreiche Apps Zugriff auf private Daten wie beispielsweise das persönliche Adressbuch haben, ohne dass die Nutzer das merken (siehe Interview). Lediglich Windows Phone Marketplace, Android Market und Androidpit bemühen sich diesbezüglich um etwas Transparenz, informieren ihre Kunden darüber, auf welche Telefonfunktionen und damit auf welche Daten ihre Apps zugreifen.
Stores für jedes Betriebssystem
Welchen App-Store ein Handybesitzer nutzen kann, hängt vom Betriebssystem seines Smartphones ab. Mittlerweile drängen jedoch zunehmend mehr unabhängige Anbieter auf den Markt, die Apps für unterschiedliche Betriebssysteme anbieten. Neben den Stores von sechs bedeutenden Betriebssystemanbietern nahmen die Prüfer auch vier App-Stores von unabhängigen Anbietern näher unter die Lupe.
Weil der Touchscreen eines Smartphones doch recht klein ist, laden Nutzer ihre Apps wegen der besseren Übersicht auch über den PC herunter und nicht direkt aufs Handy. Das funktioniert allerdings nicht bei allen Anbietern gleich gut. Bei einigen muss der Nutzer zuvor eine Store- beziehungsweise Synchronisationssoftware auf den Computer herunterladen, etwa bei Apple und Microsoft. Danach ist der Einkauf bei diesen Anbietern jedoch komfortabel. Bequem funktioniert es auch bei Googles Android Market: App am Computer im Internet gekauft und ans Handy gesendet, Synchronisation und Installation erfolgen automatisch.
„Sie bekommen sehr wütend!“
An die mittlerweile üblichen Qualitätsstandards deutschsprachiger Seiten von Internethändlern kommen die App-Shops bei weitem nicht heran. Teilweise sind die Produktinformationen auf den Webseiten äußerst dürftig und nahezu inhaltsleer, oft nur in Englisch verfasst oder via Übersetzungsprogramm in ein hanebüchenes Deutsch übertragen.
So wird beispielsweise auf Googles Android Market das millionenfach verkaufte Spiel Angry Birds wie folgt beworben: „Die spannendsten der Aviären Abenteuer geht weiter! Was passiert, wenn der Liebling aller wilden Hühner eingesperrt und sich ausgeliefert zu Rio? Sie bekommen sehr wütend!“ Brauchbare Informationen lesen sich anders. Neben den spärlichen Informationen zu einzelnen Apps sind auch Hilfetexte und Suchfunktionen oft wenigüberzeugend. Und angesichts der Masse der angebotenen Apps haben viele Nutzer die Übersicht schon verloren, bevor sie anfangen zu suchen.
Ein paar Cent mit Kreditkarte bezahlen
Manche App-Shops können auch bei den Zahlungsmodalitäten nicht überzeugen. Sie verlangen von den Kunden, persönliche Kreditkarteninformationen zu hinterlegen – selbst für Kleinstbeträge.
Insgesamt dürften die Zustände auf dem Markt für Apps manchen Beobachter an die Sitten im wilden Westen erinnern – Dagobert Duck würde vermutlich seinen Gefallen daran finden.
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Ich habe mittlerweile 5 Smartphones/Tablets mit Android OS, hatte schon beim ersten Bedenken wegen meiner Daten und hatte über die im Kernel integrierte IPTables Firewall den Anwendungen die Rechte, aufs Internet zuzugreifen genommen (lässt sich seit geraumer Zeit mit DroidWall sehr einfach verwalten).
Vor ein oder zwei Monaten habe ich jedoch das App LBE entdeckt, bei dem sich die Zugriffe auf Telefonbuch, SMS, Position, IMEI... für jede App einzeln einstellen lassen. Man kann für die meisten Zugriffe auch sagen, dass man gefragt werden möchte - greift eine App dann zu, geht ein Popup auf. Im Log kann man überprüfen, wer wann wo zugreifen wollte.
Ebenso kann man bei jeder App einstellen, ob sie aufs Internet zugreifen darf - und das für WLAN und Handynetz getrennt. LBE selbst ist in der Liste der Applikationen auch enthalten und kann entsprechend eingeschränkt werden.
Netter Nebeneffekt - keine Werbeeinblendungen mehr, wenn die App nicht ins Netz darf.
Nachteil: Root Rechte notwe
Und zwar so sehr, daß es offenbar problemlos möglich ist, mit gestohlenen Kreditkartendaten im iTunes- Appstore von Apple Umsätze zu tätigen - und zwar auf eine völlig andere Apple-ID als die, mit welcher die Kreditkartendaten bereits verknüpft sind. Es erfolgt keinerlei Rückversicherung beim Kreditkarteninhaber. Um eine Sperre des betrügerischen Accounts und die Sperre der Kreditkarte für weitere Umsätze bei Apple einzurichten, war in meinem Fall erst die Kontaktaufnahme mit Apple erforderlich. Daß meine Kreditkartendaten mißbraucht wurden, fiel mir erst beim Bezahlen an einer Tankstelle auf, als meine Bank die Karte verdachtsweise gesperrt hatte. Erst auf Anfrage bei meiner Bank wurden mir die betrügerischen Buchungen bei Apple überhaupt bekannt.
Apple sträubt sich übrigens trotz mehrfacher Aufforderung dagegen, den betrogenen Account des rechtmäßigen Kreditkarteninhabers zu löschen.
Fazit: Hauptsache Umsatz, woher das Geld kommt, ist erst einmal Wurscht.
@averto: Die Stiftung Warentest wählt ihre Testprodukte nach der Marktbedeutung aus. Den Store von Palm haben wir wegen des geringen Marktanteils nicht mit getestet.
@halsbandschnaepper: Unseres Wissens nach nicht.
kwt