
Mit einem sogenannten Zinscap können Kreditnehmer den Zinsanstieg bei Krediten mit variablem Zinssatz begrenzen. Dafür verlangte die Apobank hohe Gebühren, die gleich zu Beginn des Kredits zu zahlen waren. Das ist rechtswidrig, hat jetzt der Bundesgerichtshof entschieden. Wer solche Zinscap- oder Zinssicherungsgebühren gezahlt hat, kann Erstattung fordern. test.de erklärt die Rechtslage und gibt Hilfestellung mit einem Musterbrief.
Versicherung gegen Zinssteigerungen
Wie funktionieren Zinscap-Klauseln? Ein Beispiel: Der Kreditnehmer nimmt einen Kredit über 200 000 Euro zu einem variablen Zinssatz von aktuell 1,5 Prozent auf. Er vereinbart zusätzlich mit der Bank, dass der Zinssatz regelmäßig angepasst wird, aber auf höchstens 2,5 Prozent steigen darf. Dieser Schutz vor Zinssteigerungen über einen bestimmen Satz hinaus ist indes ganz schön teuer. Nicht selten waren bei der Apobank über 10 000 Euro fällig.
Laufzeitunabhängige Gebühr
Der Haken an den Zinscap-Vereinbarungen der Apobank: Lösen Kreditnehmer den Kredit vorzeitig ab, erhalten sie von der Zinssicherungsgebühr nichts zurück – obwohl die Bank ja keinerlei Risiko mehr trägt und sie alle ihr zustehenden Zinsen erhalten hat. Außerdem unfair: Die Zinscap-Vereinbarungen der Apobank begrenzen etwaige Zinssenkungen auch nach unten. Das ist gut für die Bank. Eine Gegenleistung erhalten Kunden dafür nicht, moniert Holger G. Buck, Rechtsanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden.
Klares Urteil
Die Verbraucherschützer zogen deshalb vor Gericht, um der Apobank ihre „Zinscap-Prämien“ oder „Zinssicherungsgebühren“ zu verbieten. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf befand die Zinssicherungsgebühren der Apobank für rechtswidrig, ließ aber Revision beim Bundesgerichtshof zu. Der BGH bestätigte nun die Rechtsauffassung des OLG. Der Durchschnittskunde verstehe die Zinssicherungsgebühren der Apobank als ein zusätzliches laufzeitunabhängiges Entgelt, das er zusammen mit dem Zins als Gegenleistung für die Überlassung des Darlehens zahlen muss. Die Gebühr ist bei Vertragsschluss sofort fällig. Da nicht einmal eine anteilige Erstattung für den Fall vorzeitiger Vertragsbeendigung vorgesehen ist, widerspricht die Gebühr dem gesetzlichen Leitbild, nach dem – so der BGH – „allein der laufzeitabhängige Zins der Preis und damit die Gegenleistung für die Überlassung des Darlehens ist“. Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden begrüßt das Urteil: „Das hilft ganz vielen Kreditkunden.“
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 01.12.2016
Aktenzeichen: I-6 U 56/15
Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.05.2018
Aktenzeichen: XI ZR 790/16
Verbraucheranwalt: Holger G. Buck, München
Zinscap-Klauseln nicht verboten
Zinscap-Vereinbarungen sind aber nicht generell unzulässig. Wenn sie als Versicherung gegen Zinssteigerungen fungieren und Kunden bei vorzeitiger Ablösung einen angemessen hohen Teil der Gebühr zurück bekommen, handelt es sich um eine Zusatzleistung der Bank, für die sie auch ein zusätzliches Entgelt fordern darf. Bei den vom Oberlandesgericht und vom BGH beurteilten Apobank-Verträgen traf das nicht zu.
Rückforderung bis zur Kredittilgung
Apobank-Kunden, die bereits Zinscap-Prämien oder Zinssicherungsgebühren gezahlt haben, können diese jetzt zurückfordern. Gut für sie: Verjährung ist kein Thema, so lange die Restschuld mindestens so hoch ist wie der Anspruch auf Erstattung der Gebühr. Da Zinscap-Kredite jederzeit kündbar sind, können Kunden ihren Erstattungsanspruch mit dem Anspruch der Bank auf Rückzahlung des Kredits verrechnen. Das lässt eine Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch zu – und zwar ausdrücklich auch dann, wenn die Forderung des Kunden drei Jahre nach Ende des Jahres der Zahlung eigentlich verjährt ist.
Diese Meldung ist erstmals am 2. Juni 2017 auf test.de erschienen. Sie wurde am 6. Juni 2018 aktualisiert.
-
- Praktisch alle von 14. Juni 2010 bis 20. März 2016 geschlossenen Immobilienkreditverträge sind fehlerhaft. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Gut für...
-
- Mit unserem Rechner können Sie ermitteln, wie viel Kredit Sie für Ihr Haus aufnehmen können und wie viel Ihr Haus oder Ihre Wohnung höchstens kosten darf.
-
- Viele Immobilienkreditverträge haben Fehler. Kreditnehmer können sie auch nach Jahren noch widerrufen. Mit unserem Excel-Rechner errechnen Sie, was der Kreditwiderruf...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Neben den Zinssicherungsgebühren gibt es zahlreiche weitere Prüfpunkte, die zu berücksichtigen sind. Insofern Vorsicht vor Nachteilen, wenn nur und gerade bei Zinscap-Darlehen die Gebühr/Prämie zurückverlangt wird. Vorsicht auch hinsichtlich einer Einigung, überwiegend haben weder Richter noch Anwälte ein tatsächliches Interesse an Urteilen und werden Sie daher regelmäßig in (für Sie nachteilige) Vergleiche drängen.
Lassen Sie sich nicht mit schlechten Vergleichen abspeisen!
Kommentar vom Autor gelöscht.
Kommentar vom Autor gelöscht.
Dr. Wacker übernimmt leider nur Großkunden!
Meine Rechtsschutzversicherung hat mich nun an ihren eigenen Spezialisten verwiesen. Dieser empfahl mir zunächst den Bankeinzug zu stoppen, so dass der Zinscapbetrag (inkl. Zinsen) als Restsumme verbleibt. Damit ist es an der Bank sich das Geld zu holen.
Vielen Dank für die Hinweise! Spätestens wenn die Bank die Erstattung mutmaßlich rechtswidriger Gebühren verweigert oder die Frist dafür verstreichen lässt, führt kein Weg an einem in solchen Fällen erfahrenen Rechtsanwalt vorbei. Sofort zum Rechtsanwalt gehen heißt aber: Die Kosten für dessen außergerichtliche Tätigkeit tragen Verbraucher in der Regel selbst. Erst wenn die Bank mit der Erstattung rechtswidriger Gebühren in Verzug gekommen ist, hat sie auch die außergerichtlichen Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwalts zu übernehmen.