Alterszeichen einfach wegcremen – wie schön das wäre. Helfen spezielle Antifaltencremes, die mit geheimnisvollen Substanzen wie Coenzym Q10 und Pro-Retinol A werben? Unser Test zerstört diese Hoffnung erbarmungslos: Sichtbar wirken Antifaltencremes nicht. Im Test: 9 Cremes, darunter ein Naturkosmetikprodukt (Preise 2,45 - 87 Euro). Alle versprechen sie eine sichtbare Wirkung gegen Falten. Doch weil sie ihr Versprechen nicht einlösen können, schneiden alle Cremes mangelhaft ab.
Testergebnisse für 9 Antifaltencremes 01/2016
Liste der 9 getesteten Produkte
Wenn aus feinen Linien Krähenfüße werden
Spätestens wenn es auf die 40 zugeht, blicken Frauen anders in den Spiegel: Argwöhnisch begutachten sie ihre Haut. Veränderungen beginnen meist rund ums Auge – eine sehr empfindliche Partie. Die Haut ist gerade mal einen halben Millimeter dick. Zuerst bilden sich feine Linien, später auch die gefürchteten Krähenfüße.
Sichtbar straffer in nur 14 Tagen? Jede zweite Frau glaubt daran

© Stiftung Warentest

Ob Trockenheitsfältchen oder Altersfalte – alles lässt sich glattbügeln, macht die Kosmetikindustrie glauben. Dafür preist sie Stoffe wie Hyaluron, Coenzym Q10 oder Tocopherol an – und setzt Milliarden um. Ein Großteil aller Gesichtspflegeprodukte gehört zum Anti-Aging-Bereich. Das Vertrauen in die Cremes ist groß. Laut unserer Umfrage denkt fast jede zweite Frau, dass sie Falten sichtbar verringern (siehe Grafik links). Etliche Produkte versprechen genau das – so auch die neun Cremes für 2,45 Euro bis 87 Euro in unserem Test. Die meisten Hersteller geben auf dem Produkt oder auf Nachfrage an, dass die Wirkung ihrer Cremes nach 4 Wochen eintrete. Die Antifaltencreme von Olaz will sogar in nur 14 Tagen Falten sichtbar reduzieren.
30 Frauen testen eine Creme
Wir wollten wissen, was von den vollmundigen Versprechen zu halten ist: 270 Frauen cremten sich für uns vier Wochen lang morgens und abends ein. Auf die eine Gesichtshälfte trugen sie ein Testprodukt auf, auf die andere eine gute Feuchtigkeitscreme. Vor und nach der Testphase ließen wir beide Gesichtshälften mithilfe einer Fotobox fotografieren. Um die Fotos zu vergleichen, wurden die Köpfe der Testerinnen genau im selben Winkel ausgerichtet. Für die Beurteilung zogen Experten Ausschnitte der Augenpartien heran, denn vor allem dort zeichnen sich Falten ab. Sie verglichen die Bilder – ohne zu wissen, welche vor oder nach der Testphase aufgenommen worden waren oder ob die Probandinnen das Testprodukt oder die Feuchtigkeitscreme angewandt hatten.
Alle neun Cremes mangelhaft
Ernüchterndes Fazit: Keine der Cremes konnte kleine Fältchen oder gar tiefere Falten so mildern, dass mit bloßem Auge eine Verbesserung zu sehen war. Alle neun Cremes sind im entscheidenden Prüfpunkt mangelhaft und damit in der Gesamtnote. Zwar stellten die Experten bei einigen Frauen Verbesserungen bei feinen Fältchen unter dem Auge fest. Bei den meisten der 30 Testerinnen pro Creme konnten sie diesen Effekt jedoch nicht beobachten, erst recht nicht eine Reduzierung gröberer Falten. In Einzelfällen hatte die Ausprägung der Falten noch zugenommen.
Anbieter prüfen anders als wir
Wie kommen die Hersteller zu ihren Versprechen? Wir haben sie nach Wirksamkeitsbelegen gefragt, darunter Branchenriesen wie L’Oréal oder Nivea-Hersteller Beiersdorf. Manche hielten ihre Studien unter Verschluss. Andere ließen die Faltenausprägung vor und nach der Anwendung von einem Dermatologen anhand einer Skala einordnen. Einige Hersteller belegen die Wirkung ihrer Produkte mit einem dreidimensionalen Verfahren. Dabei werden der Hautzustand fotografiert und winzige Veränderungen der Hautoberfläche gemessen. Auch wir verwendeten in früheren Tests solch ein Verfahren. Bestenfalls ließen sich Verbesserungen um Bruchteile von Millimetern messen – mit bloßem Auge sind diese nicht zu sehen.
Selbstwahrnehmung versus sichtbare Effekte
Statt minimale Veränderungen zu messen, orientieren wir uns nun an den hochgesteckten Versprechen der Hersteller: Wenn Cremes sichtbare Effekte bewerben, müssen diese auch zu sehen sein. Dass Frauen ähnlich hohe Erwartungen haben, belegt unsere Umfrage (siehe Grafik oben). Üblich ist auch, dass Hersteller ihre Werbeaussagen mit Befragungen von Anwenderinnen belegen. Die kommen häufig zu positiveren Urteilen, so auch im Test. Wer sich regelmäßig pflegt, sieht ein Stück weit wohl das, was er sehen will. „Bei den tieferen Linien auf der Stirn habe ich keinen Unterschied bemerkt, bei den kleinen Fältchen um die Augen aber schon“, fand etwa eine unserer Probandinnen. Eine solche Selbstwahrnehmung hatten auch andere Testerinnen. Die Vorher-nachher-Bilder zeigten jedoch meist keine Verbesserung.
Estée Lauder-Creme doppelt schwach
Eine gute Creme sollte die Haut mit Feuchtigkeit versorgen. Die teuerste Antifaltencreme im Test, Advanced Time Zone der US-Kosmetikfirma Estée Lauder, schaffte nicht einmal das. Für 87 Euro ein blamables Ergebnis. Die Cremes von Lancaster und Nivea reichern die Haut sehr gut mit Feuchtigkeit an. Ein ähnlich guter Effekt ist mit einer klassischen Feuchtigkeitscreme ohne Anti-Aging-Effekt günstiger zu haben (Test Tagescreme mit UV-Schutz, test 4/2014). Die Standard-Feuchtigkeitscreme, die die Testerinnen neben den Antifaltencremes verwendeten, konnte Falten übrigens auch nicht sichtbar mildern.
Entscheidend ist die Gesamtrezeptur
Welche Anti-Aging-Substanz hilft nun? Glaubt man der Werbung, können einzelne Stoffe viel bewirken, etwa Coenzym Q10, Polypeptide oder Vitamin A. Als wirksamste Vitamin-A-Verbindung gilt die Vitamin-A-Säure. Sie hat aber Nebenwirkungen, darf in Kosmetika in der EU nicht eingesetzt werden. Weniger wirksame Verbindungen wie Pro-Retinol A sind dagegen erlaubt. Die Anti-Aging-Branche stützt sich auf Studien, die die Wirksamkeit einzelner Substanzen belegen sollen. Sie betrachten den jeweiligen Wirkstoff oft isoliert, nicht in der Gesamtrezeptur einer Creme. Denn für den Effekt spielt vor allem eine Rolle, in welcher Konzentration ein Stoff eingesetzt ist, ob er in ausreichender Menge aus der Creme freigesetzt wird und in die Haut gelangt.
Pro Aging statt Anti-Aging
Auch die Cremes im Test werben mit Anti-Aging-Stoffen, L‘Oréal etwa mit Pro-Retinol A, Müller und Nivea mit Coenzym Q10. Eine sichtbare Wirkung, wie sie die Produkte versprechen, stellten wir nicht fest. Für alle Ratlosen noch etwas Versöhnliches: Als Gegenpol zur Anti-Aging-Mode hat sich eine Pro-Aging-Bewegung etabliert – zu sehen etwa an Werbekampagnen mit reifen Frauen. Sie steht für eine positive Einstellung zum Altern. Aufhalten lässt sich das Alter nicht, aber gestalten.
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- Hyaluronsäure wird als Anti-Aging-Stoff der Stunde gehandelt. In Cremes, Trinkampullen und Spritzen soll sie gegen Falten helfen. Spritzen sind aber nicht ungefährlich.
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- Die Stiftung Warentest hat Make-ups getestet – von L‘Oréal über Clinique bis zu Drogerieprodukten. Die meisten können Rötungen oder Verfärbungen kaschieren.
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- Zertifizierte Naturkosmetik von Weleda, Sante, Lavera oder „naturnahe“ Gesichtscremes von Nivea und Garnier? 14 Produkte im Gesichtscreme-Test der Stiftung Warentest.
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Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung
daß Antifaltencremes nix nützen. Deshalb habe ich mir viele eigene Gedanken über andere Hilfsmittel gegen Falten gemacht, und diese als "Banderella" im Internet präsentiert. Ich persönlich finde schon, daß man einiges tun kann, damit die Haut viel länger glatt bleibt!
Ich hatte bis jetzt so gut wie gar keine Falten, warum soll es dann für mich zu spät sein.
Ich habe mir erst vor kurzen täglich Hyaluronsäure gegönnt. Ich bin davon überzeugt, dass es mir hilft.
Auf die Nachricht von Milo09!
Und der Test müsste wirklich länger dauern!
@MusterMax78m. Vielen Dank für Ihre Testanregung, die wir gerne an die Fachabteilung weiterreichen.(bp)
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Hyaluronsäure in Tablettenform die Haut kurzfristig aufpolstert und Falten vermindert. Daher fände ich einen Test von Wirkstoffen zum Einnehmen gegen Falten interessant.
Was mich auch interessieren würde, wäre Vitamin-A-Säure (verschreibungspflichtig), die Studien zufolge anscheinend das Hautbild sichtbar verbessern soll.